04. März 2013 Lesezeit: ~3 Minuten

Planeten verschlingen

Sie sehen aus wie Planeten, die man durch ein Teleskop betrachtet. Ihre Oberflächen sind so verschieden wie nur etwas: Von infernalischen Feuerwüsten bis zu vereisten Ödlanden. Je tiefer man sich in den Details dieser Strukturen verloren hat, desto härter trifft einen dann die Überraschung.

Dass es sich bei den Objekten der Serie „Devour“ des norwegischen Fotografen Christopher Jonassen mitnichten um weit entfernte Himmelkörper und fremde Welten handelt. Gut, fremde Welten schon, allerdings befinden diese sich direkt unter unseren Nasen. Genauer: In unseren Küchen.

Dort kam ihm auch die Idee zur Serie, als ihm der Zustand der Kochutensilien in der WG-Küche auffiel, in der er während eines Aufenthaltes in Australien lebte. Der Anblick der abgenutzten, abgekämpften, müde gewordenen Oberflächen der Bratpfannen lenkte ihn auf den Weg tieferer Überlegungen.

Devour © Christopher Jonassen

Devour © Christopher Jonassen

Er war fasziniert davon, wie der tägliche Gebrauch das Metall der Pfannen abtrug, mit jedem winzigen Kratzer, den man ihnen nach und nach zufügt. Seit 2004 fotografiert er bereits Objekte – Hunderte, seitdem – mit dem grundlegenden Gedanken, über die sich ständig wiederholenden und banalen Tätigkeiten unseres täglichen Alltags zu meditieren.

Christopher sagt, er wollte eine Verbindung herstellen zwischen den kleinen Wunden, die wir jeden Tag hinterlassen und dem enormen Effekt, zu dem diese sich über die Zeit aufsummieren.

Indem er diese kleinen Dinge, die uns täglich umgeben, auf diese Art genauer untersucht, unter die Lupe nimmt und im Großformat als Hauptakteure einer Serie präsentiert, lässt er ihnen die Aufmerksamkeit zukommen, die ihnen meistens fehlt.

Devour © Christopher Jonassen

Devour © Christopher Jonassen

Der geistige Sprung von den Schnitten, die wir unseren Bratpfannen zufügen hinüber zur stellvertretenden Darstellung der Schäden, die wir Mutter Erde antun, war dann nur noch ein kleiner.

Seine Sorge darum, wie wir mit unserem Planeten umgehen, findet sich auch im Namen seiner Serie wieder. Devour: Auffressen, vertilgen, verschlingen. Gefräßig zerstören, verbrauchen und verschwenden; etwas wahrhaftig ausbeuten.

Um die Strukturen und Details hierfür besonders hervorzuheben, hat er verschiedene Öle und Flüssigkeiten benutzt. Als er auf der Suche nach weiteren Pfannen für sein Projekt war, überraschte es ihn schier, wie viele seiner Freunde und Familienmitglieder alte Pfannen in ihren Kellern und Dachböden aufbewahrten.

Sie wurden nicht mehr benutzt, aber aus irgendeinem Grund trotzdem nicht weggeworfen. Scheinbar schienen sie die Schönheit der benutzten, ausrangierten Alltagsgegenstände irgendwie zu schätzen, ohne genau zu wissen, warum überhaupt und ohne genau darüber nachzudenken.

Devour © Christopher Jonassen

Devour © Christopher Jonassen

Für seine Fotoserie am besten geeignet waren die schweren Pfannen, die er aus den Winterlagern der Pfadfinder bekam. Sie waren schwarzgebrannt und von Messern zerkratzt. Auch eine Art von Ehrenabzeichen.

Damit zu kochen würde Christopher allerdings nicht empfehlen. Er selbst kocht am liebsten mit rohen, frischen Zutaten, nach Möglichkeit auch aus lokalem Anbau. Der Schlüssel zu einer gesunden Ernährungsweise.

10 Kommentare

Die Kommentare dieses Artikels sind geschlossen. ~ Die Redaktion

  1. Diese Bilder haben mich vor längerer Zeit schon im SZ-Magazin begeistert. Es ist wirklich ein gutes Beispiel, dass es auch in der heutigen Zeit noch neue Ideen im Bereich der Fotografie geben kann und mit ein bisschen Fantasie alltägliche Dinge in einem neuen Licht erscheinen können. Die Umsetzung ist hier 1A.

  2. Hmmmm, naja, wer seinen Spaß daran hat bitte!
    Ich würde es mir jetzt nicht wirklich ins Wohnzimmer hängen, obwohl dann bestimmt jeder darüber sprechen würde ;-)
    Gruß
    Oli

  3. Witzig. Gefällt mir irgendwie. Der Schritt mit der Übertragagung auf die Erde usw. ist zwar wieder nichts für mich, aber in der Tat denkt man zunächst – gerade beim Teaserbild – an Planeten. :o)

    • … die Gedankenakrobtik Pfanne – rund – Planet – Spuren – Zerstörung – Tod muss so gemacht werden, wenns an den richtigen Ecken veröffentlicht werden will.
      “ Vom Leben und Leiden der B. “ ist nicht sozialkritisch genug und daher als Zugpferd nicht zu gebrauchen ;)

  4. Ich frage mich, ob die Verfasserin nicht doch aus diesen Pfannen genascht hat ; anders erschliesst sich mir der allerletzte Absatz nicht.

    Zum Thema : jo. Kann man machen. In einer WG-Küche leben ( sic ! ) und auf lustige Gedanken kommen. Wenn dem Betrachter das alltägliche in ungewohnt grossen Abzügen gezeigt wird, ist jeder überrascht. Gleiche Faszination wie Macro und Mikro. Ich finde so etwas toll. Öffnet die Augen. Hilft, neu sehen zu lernen. Altes als neu anzuschauen.

  5. Schöne Serie. Die Assoziation zur Ökologie hin empfinde ich jedoch als aufgesetzt.
    Die „schweren“, vermutlich gusseisernen Pfannen werden übrigens besser, wenn sie eine „schwarzgebrannte“ Patina haben, und Kratzer sind bei einer Eisenpfanne auch kein Problem.

  6. Dachte nach der Einleitung es handelt sich um Kochfelder/platten wie man sie aus älteren Küchengenerationen her kennt :-)

    Finde die Idee sehr kreativ und mir gefallen die Ergebnisse sehr!

  7. Bin ich auch dem falschen Planet oder in fremde Galaxien …? Das war mein erster Gedanke ohne den Text gelesen zu haben. Sehr kreative Idee, hat was, aber auf Dauer ….?