Als professioneller Luftbildfotograf habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, besonders faszinierende wie auch abstrakte Landschaften aus einem uns eher verborgenen Winkel abzulichten. Oftmals recherchiere ich dafür wochenlang nach besonderen Strukturen und landschaftlichen Gegebenheiten, die die Natur (meist über Jahrtausende) hervorgebracht hat.
Neben diesen Gegebenheiten lege ich meinen Fokus jedoch vermehrt auch auf Landstriche, die von Menschenhand verändert bzw. neu geschaffen wurden. Nach meiner ersten Australienreise habe ich mich intensiv mit dem Thema der Aluminiumgewinnung auseinandergesetzt. Rund um den Äquator und besonders in Australien ist der Abbau von Bauxit, dem Rohstoff, der zu 15–25 % aus Aluminium besteht, besonders präsent.
Vom Boden aus betrachtet bekommt man allerdings weder ein Gefühl für die extremen Größen der Bauxitminen, noch eine Vorstellung davon, wie die sogenannten Absetzbecken strukturell und farblich aussehen.
Der Prozess der Aluminiumgewinnung läuft im Wesentlichen folgendermaßen ab: Nach einem Verfahren wird Aluminiumoxid in einer Raffinerie aus Bauxit gewonnen. Das Aluminiumoxid wird dann dazu verwendet, um das Primärmetall in einem Verhältnis von 2:1 herzustellen (2 Tonnen Aluminiumoxid ergeben 1 Tonne Aluminium). Aluminiumoxid – Aluminium an Sauerstoff gebunden – muss durch Elektrolyse aufgebrochen werden, um schließlich daraus Aluminiummetall herzustellen.
Dies geschieht in großen Produktionslinien und ist ein energieintensiver Prozess, der viel Strom benötigt. Die meist feinkörnigen wie auch dickflüssigen Rückstände aus der Aufbereitung werden in sogenannten Absetzbecken gelagert. Durch Extrusion kann Aluminium mit vorgefertigten oder maßgeschneiderten Profilen in nahezu jede erdenkliche Form gebracht werden.
Aluminium ist aus unserer heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. Die natürlichen Vorkommen unter unserer Erdoberfläche sind allerdings begrenzt. Man spricht von Vorkommen für noch gut 100 Jahre. Recycling ist also auch ein großes Thema. Wie zuvor erwähnt, stehen sowohl der extrem hohe Energieverbrauch als auch die sich immer mehr ausweitenden Abbauflächen unter großer Kritik. Hinzu kommen immer häufiger Beschwerden von Anwohner*innen, die über Lungenprobleme klagen, die auf den bei der Produktion entstehenden Staub zurückzuführen sind.
So viele negative Seiten der Abbauprozess auch hat, so optisch faszinierend sieht er jedoch, vor allem aus der Luftperspektive, aus.


Um den ganzen Prozess optimal dokumentieren zu können, organisierte ich lokale Helikopterflüge und lichtete aus Höhen von 300–600 m insgesamt fünf verschiedene weitläufige Abbaugebiete ab. Mein Fokus lag dabei besonders auf der Darstellung der aus der Luft sehr abstrakt wirkenden Absetzbecken. Diese faszinieren mich besonders, da sie aus der genannten Perspektive oft wie riesige abstrakte Ölgemälde wirken.
Teilweise habe ich bewusst umliegende Gegebenheiten wie Straßen und Fahrzeuge auf meinen Fotografien ausgelassen, um den Betrachter*innen nicht direkt einen Anhaltspunkt für die Größenverhältnisse zu geben. Des Weiteren lag mein Augenmerk auf dem Zusammenspiel von grafischer wie auch farblicher Wirkung. Es ist erstaunlich zu sehen, wie präzise die riesigen Bergbaumaschinen ihre Bahnen über die Flächen ziehen. Im Kontrast dazu stehen die eher organischen Formen, die sich in den Absetzbecken bilden. Je nach Lichteinfall schimmern die teils flüssigen Oberflächen von orange bis fast schwarz.
Meine Fotoserien leben in der Regel von einem hohen Detailreichtum, weswegen ich auch bei der Umsetzung dieser Strecke auf hochauflösende Mittelformatkameras zurückgegriffen habe. Insbesondere bei Drucken in großen Formaten kommen dann viele Feinheiten zum Vorschein, die in digitaler Form meist nicht gut erkennbar sind.
Meine Arbeiten sollen zum Nachdenken anregen. Ich möchte hier keine „problematischen Situationen“ darstellen oder gar negativ mit dem Finger auf etwas zeigen, denn grundsätzlich finde ich, dass die Fotokunst dafür so oder so nicht da ist, jedoch freut es mich, zum Hinterfragen und zum Entdecken anzuregen. Unsere Umwelt wird meist so negativ angesehen – oft wird dabei allerdings der doch recht interessante, visuelle Charakter übersehen.
Die Kommentare dieses Artikels sind geschlossen. ~ Die Redaktion
Das ist für mich sehr interessant, weil es mit der klassischen Fotografie nichts mehr zu tun hat sondern neue Techniken als Luftbildfotografie nutzt. Und diese Fotos sind natürlicherweise ganz anders. Warum dies Kunst ist erschließt sich mir nicht aber sie sind interessant anzuschauen.
Ja, in der Tat, die Aufnahmen sind faszinierend und bewundernswert. Aber in einem möchte ich unbedingt widersprechen- und das betriff deutlich den letzten Absatz.
Ich finde es geradezu eine Verpflichtung, jedes Medium zu nutzen, um auf die brutale Umweltzerstörung hinzuweisen. Die verheerenden Brände in diesem Jahr sind eine der Folgen des durch solche Wirtschaft erzeugten Klimawandel. Im sonnenreichsten Kontinent wird der Strom für die Aluminiumgewinnung durch Kohle gewonnen- welch ein Wahnsinn!
Welchen Sinn hat Fotografie, wenn nicht auch aufzuklären?
Aber so wirklen die Aufnahmen zugleich gruselig wie ein blutendes aufgeschnittenen Stück Fleisch, für mich sinnbildlich für eine aufgeschnittene und gequälte Landschaft. Zu der wir übrigens mit unserem ganz eigenen Konsum erheblich persönlich beitragen.
Ich bezweifle, dass diese „schönen“ Bilder zum Nachdenken anregen. Gerade weil das zerstörerische Umfeld ausgeblendet wird, führen sie dich lediglich zum Staunen. Beim umweltzerstörenden und menschenschädigenden Prozess der Aluminiumgewinnung sehe ich solche Bilder doch eher problematisch und kann ihnen wenig abgewinnen.
Sei nicht so naiv, Wilfried ;-)
Weil ja von „abstrakt“ und „surreal“ und „Kunstwerken“ und „faszinierenden Bildern“, die „wie riesige abstrakte Ölgemälde“ wirken die Rede ist, und weil die Bilder nicht mit kleinen Drohnen, sondern mittels „Helikopterflügen“ gemacht werden, ist doch klar, dass es dem „Künstler“ nicht um die Dokumentation von Umweltzerstörung geht, sondern um seine „Kunst“.
Ich halte das sogar für Missbrauch. Ich benutze Leid und Grauen gegenüber Umwelt, Klima und Tier und mache daraus Kunst. Dann kann ich auch den Stacheldraht eines Gefangenenlagers vergolden und als Schmuck verkaufen.
Die Bilder sind weder abstrakt noch surreal, schön wär es. Sie sind Realität. Die Gefahr ist groß, Gefallen an den Folgen von brutaler Umweltzerstörung zu finden.
Ich bin in keiner Weise naiv, ich finde solche geschönten Aufnahmen einer massiven Umweltzerstöung einfach gefährlich.
Ich habe kwerfeldein.de etwa ab 2008 recht gerne besucht, weil mir die Berichte über technische Aspekte des Fotografierens gut gefallen haben. Über die Jahre wurde ich technisch versierter und mein Interesse an Kameras nahm ab, das Fotografieren an sich wurde dafür umso spannender. Blogs und Testberichte habe ich seltener besucht.
Jetzt bin ich zufällig wieder auf den Blog gestoßen … tolle Berichte über Landschaftsfotografie, interessantes Konzept.
Eine Sache ist mir aber direkt negativ ins Auge gestochen: Ihr nutzt ernsthaft Gendersternchen? Muss das sein? Wie kann man denn die deutsche Sprache freiwillig derart verschandeln?
Ich zitiere aus obigem Artikel: „den Betrachtender*innen“ – denkt darüber mal bitte nach. Grammatikalisch völlig inkorrekt und beim Lesen tut es weh.
Wirklich schade, das wertet eure Artikel in meinen Augen ab. Ihr mögt das wohl anders sehen, aber etwas Kritik ist sicher angebracht.
Falsch zitiert.
Da steht nicht „den Betrachtender*innen“, sondern „den Betrachter*innen“.