Im Gespräch mit Christoffer Relander
Christoffer Relander erlangt derzeit mit seinen „Bildern im Glas“ große Bekanntheit. Auf den ersten Blick verwirren uns diese Bilder und wir wollen wissen, ob das Bild sich im oder auf dem Glas befindet. Glücklicherweise ist Christoffer sehr offen, was seinen Arbeitsprozess anbelangt und erzählt uns hier ein paar Hintergrundinformationen, wie er zu diesem Projekt gekommen ist und zeigt in einem Video, wie seine Arbeiten im Einzelnen entstehen.
Woher kam Deine Idee, mit Doppel- oder Dreifachbelichtungen zu arbeiten?
Das erste Mal, dass ich von der Möglichkeit von Doppelbelichtungen erfahren habe, war in der 6. Klasse. Meine Lehrerin kehrte aus den Ferien zurück und erzählte von einer lustigen Begebenheit. Sie hatte einige Urlaubsaufnahmen mit ihrer Mutter auf dem Lande aufgenommen.
Eines dieser Bilder sollte eine Kuh zeigen, die Gras frisst, ein anderes Bild ihre Mutter in einem kleinen Fiat sitzend. Als sie wieder zuhause ihre Bilder aus dem Labor zurück erhielt, stellte sich heraus, dass einige unabsichtlich doppelt belichtet waren. So wurde aus den zwei Bildern eines, auf dem eine Kuh in einem Fiat Gras kaute.
Seit diesem Tag habe ich mir dieses Bild immer wieder vorgestellt und war fasziniert davon, wie Bilder bereits in der Kamera manipuliert werden können. 2010, ein Jahr nachdem ich begonnen hatte, zu fotografieren, verkaufte ich mein Auto, um mir eine Spiegelreflexkamera leisten zu können, die die Möglichkeit für Doppelbelichtungen bot. Ich begann, zu experimentieren, verfolgte persönliche Projekte. 2011 begann ich, die Serie „We are Nature“ zu fotografieren: Menschen in der Natur.
Dieses Projekt wurde viral, ein Jahr nachdem ich es veröffentlicht hatte. Seitdem habe ich weiterhin mit Doppelbelichtungen experimentiert. Vor allem finde ich all dies nun noch interessanter, umso mehr Kontrolle ich über die Erstellung meiner Fotografien erhalte. Die Idee, Bilder nur „aufzunehmen“, gefällt mir nicht sehr.
Wie sieht Dein persönlicher fotografischer Prozess aus, wenn man die Unterschiede von analoger und digitaler Fotografie betrachtet?
Bildmanipulation in Photoshop ist für mich nicht so interessant, da es nur um nachträgliche Optimierungen außerhalb der Kamera geht. Dies innerhalb des fotografischen Prozesses in der Kamera zu tun, bedeutet, dass ich die Bearbeitung – wenn man dies so nennen will – bereits während ich den Auslöser drücke, vorgenommen habe. Ich liebe die Schönheit dieses Prozesses.
Im letzten Jahr habe ich ausschließlich auf Film fotografiert. Ich denke, gerade für mein aktuelles Projekt war dies sehr gut, da ich unterschiedliche Gläser gesammelt habe und diese dann auf Filmrollen bannen konnte. Ich lagere die belichteten Filmrollen in den jeweiligen Gläsern, bis ich sie benutzen möchte. Der Film bekommt dann in meiner Mamiya RB 67 ProS so etwas, als wäre er das Glas, in dem ich meine Umgebung konserviere und festhalte. Durch diese Vorgehensweise bekommt der ganze Prozess eine Form von Verspieltheit. Dies ist gut, denn das ganze Hintergrundkonzept ist sehr kindlich.
Was macht Dein Projekt „Jarred & Displaced“ neben dem beinahe erreichten 3D-Gefühl für Dich persönlich noch so speziell?
Ich denke, verglichen mit meinen vorherigen Projekten ist es noch weitaus persönlicher. Es geht mehr um mich und darum, woher ich komme. Meine Kindheit, wer ich bin. Zumal, denke ich, dass auch andere sich gut mit diesem Projekt verbunden fühlen können – haben wir nicht alle tief in uns das Verlangen, etwas festzuhalten, was uns genommen worden ist?
Wie ist der Betrachter Deiner Meinung nach anders angesprochen, wenn er Doppelbelichtungen im Vergleich zu eher üblichen Einzelbelichtungen betrachtet?
Doppelbelichtungen sind eher surreal, durch die Kombination von Belichtungen verändere ich die Realität. Ich denke, meine persönlichen Projekte bringen Mensch und Natur in eine visuelle Symbiose. Aus ästhetischer Sicht ist es eine effektive Technik, um ungewöhnlichere Bilder zu erstellen.
Als Beispiel: Manchmal überraschen die Mehrfachbelichtungen auch mich, wenn ich das finale Ergebnis betrachte, die Möglichkeit von Überraschungen scheint größer zu sein. Manche vermeintlichen Bildfehler können jedoch auch sehr vorteilhaft für das Bild an sich sein. Wir sind so gewöhnt an Perfektion, die durch externe Programme wie Photoshop hervorgerufen wird. Ich finde das nicht grundsätzlich falsch, jedoch ist es völlig anders.
Wird Dein nächstes Projekt auch Mehrfachbelichtungen beinhalten?
Ja, mein nächstes Projekt wird wieder Mehrfachbelichtungen auf Filmmaterial zum Thema haben. Aber nur Teile des Bildes werden dieser Technik unterliegen. Das Projekt an sich wird sich mit einer Mischung aus alternativen Techniken beschäftigen. Wenn alles nach Plan verläuft, wird dieses Projekt in einem Jahr abgeschlossen sein. Es wird vielleicht noch verspielter als „Jarred & Displaced“, daher bin ich sehr gespannt darauf! Auch „Jarred & Displaced“ ist ein Projekt, das ich weiterführen werde. Vielleicht auch einmal digital, einfach, um es ausprobiert zu haben.
Herzlichen Dank, Christoffer Relander, für die Zeit! Seine Arbeiten könnt Ihr auf seiner Webseite erkunden. Um nun die Spannung aufzulösen, seht Ihr hier im Video Christoffers Arbeitsweise.
Das Interview wurde von Tabea auf Englisch geführt und anschließend ins Deutsche übersetzt.