13. August 2015 Lesezeit: ~10 Minuten

Tilmans Ausrüstung

Bei mir in der Familie war nicht der Vater der Fotograf, sondern meine Mutter. Bis heute ist für mich die Dacora, vermutlich eine Super Dignette electric-L, der Inbegriff von „Kamera“. Ich kann mich immer noch daran erinnern, wie im Sucher ein relativ hektischer Zeiger über die richtige Belichtung informierte. In rosa.

Meine erste eigene Kamera war eine Minolta Dynax 500si, gekauft wohl Mitte der 90er Jahre, die ich vor Kurzem wieder zum Leben erweckt habe. Auf eBay habe ich dann in Ergänzung zum 35 – 70 mm Kit-Zoom eine Festbrennweite mit 50 mm und f/1.7 ersteigert.

Tilmans Ausrüstung - iPhone-Foto mit VSCOCam

Das iPhone

Die erste Kamera, mit der ich dann jedoch richtig intensiv fotografierte, war das iPhone 3G. Über das iPhone 4 und das iPhone 5 bin ich inzwischen beim iPhone 6 gelandet. Meine mit Aperture verwalteten Bibliotheken erreichten in den vergangenen Jahren immer so um die 40 GB. Bis 2013 war das Handy meine primäre Kamera und es gibt auch heute nur wenige Situationen, in denen ich eine größere Kamera wirklich für nötig erachte.

Anfangs habe ich alle möglichen Kamera-Apps genutzt, wobei mir hueless und huemore in guter Erinnerung bleiben. Camera+ mochte ich wegen der Filter und der Bearbeitungsmöglichkeiten. Eine ganze Weile fotografierte ich ausschließlich mit Hipstamatic und auch, wenn ich heute nur noch selten zur App greife, mag ich die spezielle Ästhetik, die Hipstamatic mit seinen inzwischen in die Tausende gehenden Kombinationsmöglichkeiten aus Linse und Film bietet, immer noch sehr gerne. Mit Photoshop würde man sich lange abmühen, um ähnliche Effekte zu produzieren, zumal diese von Bild zu Bild leicht variieren.

Zwischenzeitlich nutze ich in erster Linie VSCOCam. Auch wenn ich alle Filter gekauft habe, die es für die App zu kaufen gibt, nutze ich in 90 % der Fälle nur 4 oder 5 davon. Früher war das iPhone meine bevorzugte Kamera für Straßenfotografie, damit fühle ich mich heute weniger wohl. Immer wieder begeistert mich dagegen, was man mit dem iPhone bei schlechten Lichtverhältnissen für Ergebnisse erzielen kann. Gerade bei den kleineren Konzerten, die wir besuchen, wenn wir nahe an der Bühne stehen, gelingen mit dem iPhone stimmungsvolle Bilder.

Tilmans Ausrüstung, © Tilman Haerdle

Der Allrounder: Die digitale Spiegelreflexkamera

Wenn ich Portraits mache, oder wenn ich mit mehreren Objektiven arbeiten möchte, greife ich auf die Nikon D7000* zurück. Auch wenn es inzwischen modernere Kameras gibt, mit besseren Sensoren und mehr Megapixeln, bin ich nach wie vor sehr glücklich mit diesem Modell. Am häufigsten nutze ich eine Festbrennweite mit 35 mm und f/1.8*, besonders mag ich jedoch das 85mm f/1.8*, das bei Konzerten oder bei Straßenportraits für mich erste Wahl ist.

Manchmal nehme ich die Nikon auch mit auf Spaziergänge oder Wanderungen, dann mit dem Tokina 11 – 16 mm Superweitwinkel*. Doch auch dann steckt das 35er immer mit in der Tasche. Wenn ich mal wieder ein Buch für eine Rezension fotografiere, nutze ich ein billiges Stativ vom Flohmarkt. Irgendwann habe ich mir auch mal einen Metz mecablitz 44 AF* zugelegt, der mir abends und nachts gute Dienste geleistet hat, weil er auch bei etwas größeren Entfernungen noch gut ausleuchtet.

Die D7000 war die Kamera, bei der mir klar wurde, wie gut es tut, durch einen Sucher zu fotografieren. Auf gewisse Weise hat mich das etwas vom iPhone entfremdet. Das iPhone setze ich immer noch häufig ein, aber richtig „sicher“ fühle ich mich, wenn ich durch den Sucher blicken kann. Das Gefühl, sein Motiv im Sucher zu sehen, zu fokussieren und gegebenenfalls mehrere Bilder in schneller Abfolge schießen zu können, ist für mich an der D7000 unübertroffen. Wenn ich ganz sichergehen will, dass meine Bilder gelingen, dann führt für mich derzeit kein Weg an dieser Kamera vorbei.

Tilmans Ausrüstung, © Tilman Haerdle

Die Street-Kamera

Dennoch ist nicht die D7000 meine Lieblingskamera, sondern die Fuji X100*. Ich setze hier absichtlich kein S oder T dahinter, da das eigentlich keine große Rolle spielt. Die X100 ist die Immer-dabei-Kamera, wenn es mehr als das iPhone sein soll. Sie ist klein, ihre Bildqualität ist für meine Bedürfnisse fantastisch, sie zwingt mich dank 35 mm Brennweite, in Bewegung zu bleiben und sie gibt mir großen Gestaltungsspielraum. Mit der X100 habe ich die Angst vor manuellem Fokus und vor manueller Belichtung komplett abgelegt. Eine Zeit lang habe ich auf der Straße nur manuell fokussiert, Blende 11, Fokuszone von 2 bis 3,5 m und los ging’s.

Seit ich die X100 habe, bleibt die Nikon meist zuhause. Es ist unglaublich befreiend, sich keine Gedanken machen zu müssen, mit welcher Brennweite man denn jetzt fotografieren soll. Es gibt nur eine. Mit der Fuji fotografiere ich auf der Straße, im Urlaub, beim Wandern, einfach überall. Mit der Kamera habe ich zwar nicht das ideale Sucher-Erlebnis, das ist bei der Nikon ungeschlagen, aber die Möglichkeiten, die Belichtung einfach korrigieren, einen eingebauten ND-Filter verwenden oder den festen Fokuspunkt schnell irgendwohin verschieben zu können, machen mich gefühlt kreativer und flexibler.

Tilmans Ausrüstung, © Tilman Haerdle

Analoge Fotografie

Irgendwann bin ich auf dem Flohmarkt auch zu weiteren analogen Kameras gekommen. Erst war es eine Leica R4, für die ich mir ein 90er Elmarit und ein 50er Summicron kaufte, dann eine Nikon F601 mit einem 50 mm f/1.8. Die Leica ist eine schöne Kamera, aber wir sind nie miteinander warm geworden, weil ich mit dem manuellen Fokus nicht zurechtkam. Die F601 dagegen ist inzwischen die analoge Alternative zur X100.

In der Regel ist das 50er-Objektiv drauf, manchmal auch ein 28er, wenn die Räume für das 50er zu eng sind. Die F601 ist unspektakulär, tut aber alles, was sie soll. Sie hat einen eingebauten Motor, erkennt DX-codierte Filme, hat ein LCD-Display, das alles Wichtige anzeigt und sie funktioniert einfach. Gerade die F601 hat mir gezeigt, wie wenig man eigentlich braucht, um Bilder zu machen.

Wenn ich analog fotografiere, dann nutze ich in der Regel abgelaufene Filme, die ich auf dem Flohmarkt finde. Derzeit warten noch ca. 20 Filme auf ihren Einsatz und an Nachschub herrscht kein Mangel. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich Filme altern. Meist sind die Filme schon seit fünf bis zehn Jahren abgelaufen und trotzdem sind manche Filme noch brilliant, als wären sie erst gestern produziert worden. Andere Filme erzeugen einen Look wie aus den 70er Jahren.

Analoge Filme lasse ich meist ein paar Wochen, manchmal sogar Monate liegen, bevor ich sie entwickeln lasse. Ich nutze das zuverlässige, schnelle und recht günstige Labor Flash Foto hier in München und bestelle in der Regel Entwicklung, Kontaktbogen und Scans auf CD.

Das Labor nimmt auch Sendungen per Post entgegen und bietet günstige Paketpreise, ist also auch für Nicht-Münchner eine Alternative. Außerdem kommen die Betreiber auch mit meinen alten Filmen gut zurecht. Es ist jedes Mal spannend, herauszufinden, wie die Filme geworden sind. Und der Abstand zum Zeitpunkt der Aufnahme führt dazu, dass man sich richtig auf den Umschlag mit den Bildern freut, wenn er dann in der Post ist.

Tilmans Ausrüstung - Streetportrait, Fuji X100s, Lightroom, © Tilman Haerdle

Sonstiges

Zur Verwaltung meiner Bilder nutze ich ein MacBook Pro mit Retina-Display. Meine iPhone-Bilder habe ich bisher mit Aperture verwaltet, kürzlich bin ich auf „Fotos“ umgestiegen, da die Bildbearbeitung auf dem iPhone selbst stattfindet und die Verwaltung der Bilder in „Fotos“ für mich völlig ausreichend ist. Für die Bilder der großen Kameras verwende ich Lightroom. Ich nutze dazu das Creative-Cloud-Abo im Paket mit Photoshop.

Das Wichtigste an diesem Rechner ist das hochauflösende Display und das SSD-Laufwerk, das ich auf 1 TB aufgerüstet habe. Der Rechner ist inzwischen drei Jahre alt. Früher wäre ich unruhig gewesen und hätte mich nach einem schnelleren Modell umgesehen. Inzwischen spielt es keine Rolle mehr. Die Hardware stellt zumindest für meine Bedürfnisse keinen Flaschenhals mehr dar.

Wie man den Bildern vielleicht entnehmen kann, nutze ich für die verschiedenen Kameras unterschiedliche Taschen. In der Praxis werfe ich aber die derzeit genutzte Kamera in einen einfachen Tagesrucksack, weil ich meist noch andere Dinge mitnehmen muss und eine spezialisierte Kameratasche dann schnell unpraktisch wird. Bis auf den Rucksack für die DSLR handelt es sich um einfache Schultertaschen mit einem Fach.

Insgesamt habe ich ein diffuses Verhältnis zu Technik. Einerseits fasziniert mich der technische Fortschritt und ich stelle fest, dass ich nicht aufhöre, mich darüber zu informieren, was die neueste Technik zu leisten vermag. Das gilt nicht nur für Kameras, sondern auch für andere Hardware, seien es Smartphones, Notebooks, Autos, was auch immer. Andererseits ist Technik für mich nur Mittel zum Zweck. Sie muss funktionieren und ich muss sie bedienen können, ohne darüber nachdenken zu müssen.

Neue Technik auszuprobieren, reizt mich dennoch immer, speziell, wenn Leistungsmerkmale ins Spiel kommen, die die Handhabung der Geräte verbessern sollen. Wenn ein Mindestmaß an Grundfunktion erreicht ist (bei Kameras beispielsweise die Qualität des Sensors), dann entscheidet meines Erachtens die Art der Handhabung darüber, welche Kamera für bestimmte Nutzergruppen am besten geeignet ist. Aber darüber zu späterer Zeit mehr.

* Das ist ein Affiliate-Link zu Amazon. Wenn Ihr darüber etwas bestellt, erhält kwerfeldein eine kleine Provision, Ihr zahlt aber keinen Cent mehr.

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