Innenaufnahme eines Shops.
16. September 2014

Gefallen an Banalitäten und Unordentlichem finden

„Fotografieren heißt Bedeutung verleihen”, schrieb Susan Sontag über die Fotografie. Brad McMurray verleiht scheinbar Banalem Wert und fordert die Betrachter heraus, geduldig hinter die Fassade des ersten Eindrucks zu blicken.

Der Bildermacher beschreitet den aus der Straßenfotografie wohlbekannten humoristischen Weg, das Offensichtliche ohne Schnickschack zu fotografieren – und konfrontiert einen mit der schieren Unmöglichkeit des Vorgefundenen. Er kommt derweil ohne die Anwesenheit von Personen aus und konzentriert sich auf Architektur und recht häufig unfreiwillig chaotische Landschaftsgärtnerei.

„Wie ist denn das passiert?” Wenn der Vorhang gefallen ist und die Absicht hinter der Aufnahme blitzartig klar wird, bleibt einem fast nichts anderes mehr übrig, als wohlwissend zu schmunzeln. McMurray nimmt nichts vorweg, sondern überrascht mit einem wohldosiert komischen Charme, der leicht an William Eggleston erinnert.

Blick in diverse Formen von trockenen Büschen und Ästen.

Selbstportrait des Fotografen in Form eines Schattens.

Alte Gebäude in rot.

Schatten eines Baumes auf einer Wand.

Ein Zaun, der ausgesägt werden musste, weil ein Baum hinübergewachsen ist

Eine fast durch und durch weiße Straßenecke.

Blick auf Zaun und Wohnwagen.

Ein Luftballon sitzt auf einer stacheligen Pflanze

Zwei seltsam anmutende Büsche vor einem Haus.

Ein komisch geschnittener Busch.

Eine Hauswand von roten Sonnenstrahlen bemalt.

Eine Hauswand von roten Sonnenstrahlen bemalt.

Schiefer Zaun vor Wand, auf der ein Strand aufgemalt wurdde.

Seitenblick auf ein rotes, altes Auto.

In einer Nachricht an mich skizzierte McMurray seinen gestalterischen Ansatz wie folgt:

Meine Arbeit beleuchtet das Normale und Gewöhnliche in dieser Welt. Ich denke, dass kein Thema derart mit Bedeutung aufgeladen ist, wie dieses. Ja, es ist möglich, Gefallen an Banalitäten und Unordentlichem zu finden.

McMurray schreibt mir weiter, dass er vorgefundenen Formen visuellen Sinn geben wolle – und die Kamera dazu das passendste Werkzeug sei. Er vertraue darauf, dass das Geheimnis und die Poesie von alleine folgen. Dies verleiht seinen Bildern einen minimal romantischen Unterton, der sich in Aufnahmen versteckt, bei denen diffuses Licht und sanfte Farben den Ton angeben.

Ich würde McMurrays Dokumentation die Zuordnung „intelligente Fotografie” geben. Weshalb? Weil er den Mut hat, wohltuend zurückhaltend zu kommunizieren. Und das gerade in einer Zeit, in der Photoshop dominiert und die lautesten Arbeiten hervorstechen, um nach Aufmerksamkeit zu heischen.

9 Kommentare

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  1. Ich bin sehr Zwiespältig bei dieser Serie. Einerseits ein interessanter Ansatz, den ich in manchen Fotos erkenne.
    Andererseits frage ich manchmal, ob sich nicht jedes Foto verkaufen lässt, wenn man nur eine interessante Geschichte dazu erzählt. Auch ein langweiliges… Manches wirkt so beliebig, dass ich nicht weiß, ob ich das noch als Feature bezeichnen würde.
    Etwa wie wenn ich vor einem Gemälde stehe, dass nur aus einem schwarzen Quadrat besteht. Die Kunstszene überschlägt sich vor Freude und ich frage mich, ob das deren Ernst ist ;-)

    • Ja, natürlich, Nico. Hier geht es aber nicht um Langeweile, sondern um Banales. Das ist nicht das Gleiche. Und diese Bilder leben OHNE Geschichte, sie leben sogar DURCH das Fehlen einer Geschichte – sie leben dadurch, dass Betrachter selbst auf die Spur der Intention des Fotografen kommen. Der Vergleich mit dem schwarzen Quadrat zu Kunst hinkt meiner Meinung nach, da es sich hier nicht um das Nicht-Zeigen einer Sache, es ist nur etwas anderes.

  2. sehe mir jetzt die Bilder zum x-ten mal an. Bei mir verhält es sich bei den Bildern, wie häufig in der Musik. Manchmal bedarf es einer gewissen Gewöhnung, bevor sich das Gefallen einstellt- ist dieses dann erst einmal erreicht, erschliessen sich mir immer mehr Details und Feinheiten. Ja, manchmal lohnt es sich durchzuhalten, wenn ‚man‘ seinen Horrizont erweitern möchte.
    //Matz