21. Juli 2020

Hubris – Zeichen des Wahnsinns

Maßlose, gefährliche Selbstüberschätzung. Hochmut, Ignoranz, Arroganz – Begriffe, die mir in den Sinn kamen, als ich mich vor fünfzehn Jahren ausgewählten Küstenabschnitten der wunderschönen Normandie näherte. In früheren Zeiten irritierten mich die Hinterlassenschaften großdeutschen Übermuts weniger, bis ich im Nachlass meines Vaters ein paar Fotos aus jener Zeit fand und diese Region zu hinterfragen versuchte.

Im Lauf mehrerer Jahre suchte ich bestimmte Bereiche des Atlantikwalls auf, manche mehrfach. Ich übernachtete in den Dünen und wo es möglich war, auch direkt an den Befestigungen am Strand oder auf pittoresken Campingplätzen unmittelbar zwischen ihnen.

Bunker, der über eine Felswand ragt

Bunkeranlage am Strand

Bunker, aus dem eine Kanone ragt

Bunkerfenster von innenEin Campingtisch vor einem Betonturm

Betonbau liegt schräg an einem Strand

Von Efeu bewachsener Bunker mit normalen Hausfenstern und Türen

Bunker am Strand

Im Vordergrund ein Feld, dahinter ein Bunker

Steinbunker liegt schräg im Sand

Steinbunker

Blick in einen Betonbunker, in dem Stroh lagert

Gerade an den stillen Abenden oder dem ganz frühen Morgen zwischen dem raschelnden Strandhafer empfand ich die tief unten von zarten Wellen umspülten, geborstenen, oft kopfüber liegenden Betonklötze im flachen Sonnenlicht vor dem fernen Horizont als Visionen.

Gezeiten, Wind und Sand wuschen die Kanten ab und ihrer Aufgabe enthoben treiben sie dahin. Vielleicht diente hier mein Vater vor der Invasion 1944, das großdeutsche Reich schützend, oder weiter süd- oder nördlich dieser malerischen Bucht?

Welch ein Wahnsinn, eine so lange Küstenbefestigung bei einem Angriff halten zu wollen oder von hier aus durch die Batterie Todt den Süden Englands zu beschießen. In ihrem furchterregenden Zustand kann sie als unzerstörtes Mahnmal und monströses Museum besichtigt werden.

In Berlin glaubte man damals, im frühen Dämmerlicht des 6. Juni – noch sekttrunken – nicht an den Beginn der Landung. Aber zu diesem Zeitpunkt befand sich mein Vater schon im Russland.

Mit einheimischen, älteren Herrschaften suchte ich gern das Gespräch und manche erzählten freundlicherweise, wie sie in Kindertagen nachts vom klack-klack nagelbewehrter Soldatensohlen hochschreckten. Es ging ihnen meist besser, weil die Väter die Bunker zwangsweise mitbauten.

Manche von ihnen sind noch heute unbeschädigt und dienen als Heustadel, Schafstall oder gar als Wohnhaus. Die hier gezeigten Aufnahmen sind zehn bis 15 Jahre alt und wurden auf Agfa APX 100 oder Ilford HP5 belichtet.

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