Time Blending
Heute möchte ich Euch eine Technik vorstellen, die Ihr sowohl kreativ als auch pragmatisch in der Landschafts- und Architekturfotografie einsetzen könnt: Time Blending. Beim Time Blending handelt sich um eine spezielle Technik, mit der man Bilder der gleichen Szene, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen wurden, überblendet.
Die Idee ist, dass man die Kamera auf einem Stativ positioniert, das Foto komponiert und dann über einen längeren Zeitraum keine Veränderungen mehr am Bildausschnitt vornimmt, während man wiederholt Fotos macht. So entsteht eine Bildserie, deren Inhalt sich hauptsächlich im Licht unterscheidet.
Ein kreativer Einsatz ist zum Beispiel das Vereinen unterschiedlicher Lichtstimmungen in einem einzigen Foto, was bei manchen Szenen durchaus reizvoll sein kann. Ich nutze Time Blending hingegen meistens dann, wenn ich an die Grenze der technischen Möglichkeiten stoße, die mir meine Kamera bietet.
Fotografiere ich etwa wie im Titelfoto eine Szene zu Sonnenuntergang, kann ich, bevor die Sonne untergeht, damit beginnen, Fotos zu machen und dann weiter bis in die Blaue Stunde fotografieren. Beim Titelfoto etwa war die Intention, das beleuchtete Heidelberger Schloss zusammen mit der untergehenden Sonne in einem einzigen Foto abzubilden.
Öffne ich diese Fotos dann als Ebenen in Photoshop, kann ich mit Masken unterschiedliche Lichtstimmungen kombinieren. Im folgenden Video zeige ich den Ablauf in Photoshop für Interessierte (in englischer Sprache).
Einsatzgebiet Nachtfotografie
Nun aber zu einem etwas pragmatischeren Einsatz. Wenn ich Nachtfotos mache, habe ich immer das Problem, Details im Vordergrund rauschfrei darzustellen. Selbst mit Langzeitbelichtungen ist das nur bedingt möglich, wenn es richtig dunkel ist, zum Beispiel wenn ich die Milchstraße fotografiere. Ich gehe also genauso vor wie beim Foto vom Heidelberger Schloss, nur dass die Kamera deutlich länger am gleichen Ort verweilt – teilweise über mehrere Stunden.
Dieses Foto kennt Ihr vielleicht schon von meinem letzten Artikel über meine Reise durch die Bretagne. In Webauflösung sieht man kaum, wie viel Arbeit in so ein Foto fließt. Wäre das Ziel, ein Foto für Instagram zu machen, müsste ich den Aufwand mit Time Blending nicht betreiben. Aber durch den Einsatz erhalte ich ein Ergebnis, das ich problemlos im Großformat ohne sichtbares Rauschen drucken kann.
Die Arbeit für dieses Foto begann etwa zwei Stunden vor Sonnenaufgang, als die Milchstraße über dem Strand südwestlich von meinem Aufnahmeort stand. ISO 6.400 und Offenblende waren nötig, um die Sterne hell genug abzubilden (Abbildung 1). Dabei hatte ich die Kamera zunächst etwas nach oben gerichtet, um mehr vom Himmel einzufangen.
Im nächsten Foto (Abbildung 2) seht Ihr, wie ich danach die Kamera etwas nach unten geneigt habe, um das zweite Foto für ein Vertorama aufzunehmen. Was Ihr nicht seht, sind allzu viele Details im Vordergrund. Eine achtminütige Belichtung bei ISO 400 (Abbildung 3) zeigt zwar etwas mehr Details, aber der Vordergrund ist immer noch recht unscharf und verrauscht. Zum Erreichen der nötigen Schärfentiefe bei kleiner Blendenöffnung war es einfach noch zu dunkel.
Erst knapp 90 Minuten später, während der Blauen Stunde, konnte ich bei ISO 100 und f/9,5 mit einer 60 Sekunden langen Belichtung die Felsen und Blumen über dem Plage de la Fosse sauber einfangen (Abbildung 4).
Damit war der erste Teil des Time Blending, die Aufnahme der Fotos, beendet. Die eigentliche Kunst bei dieser Technik liegt jedoch in der Bildbearbeitung. Der Fokus liegt dabei darauf, die Farben und Kontraste des Fotos aus der Blauen Stunde so anzupassen, dass es sich natürlich mit den Nachtfotos überblenden lässt. Das finale Foto soll dabei weiterhin wie ein Nachtfoto aussehen, jedoch mit einem Hauch von Details im Vordergrund, die den Anker für das Foto bilden.
Bildmittelung und Focus Stacking
Wenn ich mir schon die Mühe mache, vor Ort über zwei Stunden an einem einzigen Foto zu arbeiten, dann mache ich natürlich nicht nur vier Fotos wie oben abgebildet. Ich kombiniere Time Blending mit weiteren Techniken.
Für die Sterne nehme ich beispielsweise 20 bis 40 Fotos auf, die ich später mit der Software Sequator mitteln kann, um das Rauschen zu reduzieren. So erhalte ich, trotz des Einsatzes von ISO 6.400, einen rauschfreien Himmel.
Auch für den Vordergrund mache ich meist mehrere Aufnahmen. Um Schärfeeinbußen durch zu starke Beugung des Lichtes an der Blendenöffnung des Objektives zu vermeiden, nutze ich idealerweise nur Blenden größer als f/11. Bin ich jedoch mit der Kamera nah am Vordergrund, reichen solche Blenden nicht aus, um den kompletten Bildbereich scharf darzustellen. Abhilfe schafft eine Technik namens Focus Stacking, bei der ich mehrere Fotos mit auf unterschiedliche Tiefen gesetztem Fokus mache und diese später für eine optimale Schärfe kombiniere. Moderne Kameras haben sogar Automatiken, die mir das wiederholte Fokussieren abnehmen.
Es ist nun jedem selbst überlassen, zu entscheiden, welche Techniken für unterschiedliche Fotos Sinn machen. Nur hoffe ich, dass ich Euch mit diesen Techniken ein paar neue Werkzeuge vorstellen konnte, mit denen Ihr experimentieren und vielleicht auch Bildideen verwirklichen könnt, die vorher nicht möglich waren. Und natürlich war das hier nur ein Überblick. Detaillierte Tutorials findet Ihr auf meiner Webseite.