Werkstattbuch: Digitale Präsentationen 2.0
Wenn ich zum Erstgespräch bei meiner Kundschaft bin, habe ich grundsätzlich eine gedruckte Präsentationsmappe dabei – richtig schön, auf gutem Papier, im A3-Format und so weiter. Immer wieder stelle ich fest, dass gedruckte Bilder (zumal in dieser Größe) vielen Menschen kaum noch vertraut sind und sie das Erlebnis sehr genießen, große Fotografien zu betrachten. Aber darum geht es heute nicht. Heute möchte ich richtig nerdig über die andere Seite der Medaille schreiben: über die Präsentation digitaler Bilder auf einem Screen.
Eine Präsentation via Beamer, Laptop oder iPad ist ja schon lange nichts Besonderes mehr: es ist Alltag. Menschen betrachten digitale Inhalte auf Screens, arbeiten täglich mit Computern und Flachbildschirmen und empfinden demzufolge eine Präsentation auf ebensolchen Gerätschaften per se nicht als besonders interessant. Funktionieren kann es natürlich trotzdem – wenn die Inhalte stimmen und die Bilder gut sind.
Eine typische Präsentation läuft oft so ab: Erst zeige ich meine (analoge) Mappe, dann ist man im Gespräch, kreist die zu lösende Aufgabe ein, denkt gemeinsam über die Bildsprache nach, über thematische Zuspitzungen und so weiter. Dann kommt auch oft der Moment, in dem ich auf meinen Laptop zurückgreife und speziellere Portfolios aufrufe, um bestimmte Ideen zu verdeutlichen oder besonders passende Bildbeispiele zu zeigen.
Ja, und dann sind wir wieder bei der 0815-Präsentation am Laptop. Wie gesagt: Wenn die Inhalte stimmen, ist das auch völlig okay. Aber ich hätte sehr gerne doch noch einen Extra-Boost, etwas Besonderes, etwas, was die Sinne in höherem Maße anspricht und die Präsentation auf ein neues Level hebt. Und das geht durchaus. Darüber möchte ich heute berichten.
Wer mein Werkstattbuch über die neuen Apple-Macbooks gelesen hat, weiß, wie begeistert ich von den neuen Laptops bin: ein rundes Paket, extrem leistungsstark, hervorragend ausgestattet, unglaublich energieeffizient, mit langen Akkulaufzeiten usw. Ja, und sie haben auch einen HDR-Screen an Bord, der mit der sogenannten Mini-LED-Technik ausgestattet ist.
HDR in Hardware
Was bedeutet das? Es bedeutet, dass man bei echtem HDR-Inhalt ein besonderes Seherlebnis hat: Der tatsächliche Kontrastumfang wird dank der „aktiven“ LED massiv angehoben, was bedeutet, dass die hellen Teile im Bild „aktiv“ aufgehellt werden. Hier steuert das Betriebssystem den Screen so an, dass besonders helle Bildteile um den Faktor 2 bis maximal 3 stärker leuchten. Eine Lichtquelle (Sonne, krasse Scheinwerfer, Gegenlichtspitzlichter o. ä.) wird auf diese Weise viel heller als sonst am Bildschirm gewohnt – man hat wirklich den Eindruck, hier „leuchtet“ etwas.
Und das ist nicht nur eine Empfindung, sondern es ist ja tatsächlich so, denn die aktiven Mini-LEDs tun genau das. Unterm Strich entsteht ein völlig neues Seherlebnis, was über das von guten Monitoren weit hinausgeht. Schaffen hochwertige Screens zum Beispiel eine maximale Helligkeit von 500 oder 600 Nits, können HDR-Monitore, wie sie in aktuellen Apple Laptops, iPad Pros oder im sensationellen, aber überirdisch teuren Apple-XDR-Display (ab 5.500 €) verbaut sind, bis zu 1.600 Nits darstellen, also eine etwa dreifache Helligkeit.
Leider, leider sind diese Effekte nur bei ausgewiesenem HDR-Content zu genießen – nur dann schaltet zum Beispiel mein 14″-Macbook-Pro in den entsprechenden HDR-Modus. Bei allen anderen Medien (Fotos, „normale“ Filme usw.) bietet der Rechner nur die standardmäßige maximale Helligkeit von 500 Nits. Warum das so ist, bleibt das Geheimnis von Apple, was vielfältig auf Kritik gestoßen ist. Aber zum Glück gibt es findige Entwickler, die sich mit diesen Vorgaben nicht zufriedengeben wollten.
Vivid.app lässt Bilder leuchten
Jordi Bruin und Ben Harraway aus den Niederlanden und aus England haben ein Tool entwickelt, das die maximale dauerhafte Helligkeit der neuen M1-Laptops von Apple freischaltet: 1.000 Nits sind so standardmäßig möglich, was einer Verdoppelung der maximalen Helligkeit entspricht. Und das wiederum bedeutet, dass Fotopräsentationen an diesen Macs in Zukunft wesentlich eindrucksvoller ausfallen.
Denn das Tool „Vivid.app“ macht nicht einfach nur den Screen doppelt so hell, sondern es sorgt vielmehr für ein echtes HDR-Erlebnis: Bilder werden in ihrem Tonwertumfang gewissermaßen „aufgespreizt“, während dunkle Töne im Bild weiterhin dunkel oder sogar tiefschwarz bleiben.
Zeigt man in diesem Modus Fotografien, hat man ein ähnliches Erlebnis wie im HDR-Kino: Die Lichter leuchten, als wenn dort wirklich echte Lichtquellen aktiv wären. Dadurch wird der Kontrast deutlich angehoben, insgesamt ein wesentlich sinnlicheres Erlebnis: die Fotografien entfalten zusätzliche Kraft.
Es ist einfach fantastisch! Es ist viel mehr als ein bloßer Effekt – die auf diese Weise präsentierten Fotografien beginnen auf eine Weise zu leben, wie das bisher technisch einfach nicht darstellbar war.
Die Freischaltung der HDR-Fähigkeiten eines entsprechenden Gerätes rückt das Medienerlebnis einer Fotografie deutlich näher an die Wirklichkeit heran. Es macht total Spaß und ich bin völlig begeistert, über diese Möglichkeit zu verfügen und ertappe mich manchmal dabei, dass ich meine Portfolio-Strecken völlig selbstvergessen und fasziniert betrachte: Ich wusste bisher nicht, dass diese Fotos so beeindruckend auf einem Bildschirm wirken können.
Wer also über ein entsprechendes Gerät verfügt, sollte das Tool „Vivid“ unbedingt ausprobieren. Im kostenlosen Demo-Modus zeigt es den Effekt – aber nur auf dem halben Bildschirm. Wer das Lichterlebnis am Screen dauerhaft nutzen will, muss etwa 15 € investieren, um die Testversion freizuschalten. Dieses Geld habe ich sehr gern investiert: für mich ein Paradigmenwechsel in der Bildpräsentation.