04. November 2021 Lesezeit: ~10 Minuten

Werkstattbuch: Die neuen MacBook Pro 2021

Heute möchte ich mich einfach mal freuen: Auf meinem Schreibtisch steht mit den Abmessungen von 31,26 x 22,12 x 1,55 cm ein Wunderwerk der Technik: Mein neues Fotofachlabor, mein neues Büro, meine neue Kommunikationszentrale und mein neues Archiv für alle geschäftlichen und privaten Vorgänge. Ja, genau, es ist ein MacBook Pro der neuen Generation (2021) mit M1-Pro-Chip. Um es vorwegzunehmen: ein Traum für Fotograf*innen.

Als Apple vor Kurzem auf der Herbst-Keynote die neue Hardware vorgestellt hat, hing ich vor dem Bildschirm wie in meiner wildesten Apple-Freak-Computer-Nerd-Zeit: mit offenem Mund, staunendem Blick und enormer Vorfreude. Dem Computerhersteller aus Cupertino schien wirklich das Unmögliche gelungen zu sein: Performance-Rakete bei gleichzeitig extrem hoher Effizienz, die Rückbesinnung auf alte Tugenden und das Schnüren eines prallen Technologie-Paketes.

Natürlich ist mir als abgebrühter Medienaffiner schon klar, dass hier auch eine gewaltige Marketingmaschine aufgefahren wurde, um Kaufanreize zu schaffen und die Menschen zum Träumen zu verführen. Aber dennoch: Frei erfunden sind all diese Superlative erfahrungsgemäß auch nicht. Trotzdem habe ich dann noch fast eine Woche gebraucht, bis ich bei der Apple-Handlung meines Vertrauens auf den Bestellknopf gedrückt habe. Gewählt habe ich die „zweitkleinste“ Version des 14-Zoll-Gerätes – dieses Mal gemietet und nicht gekauft.

Aufgrund der hohen Nachfrage habe ich mit einem Lieferdatum nicht vor Mitte November gerechnet (in pessimistischen Momenten „hoffentlich noch vor Weihnachten“), aber – oh Wunder – geliefert wurde bereits nach sechs Tagen. Normalerweise kommt so eine Sendung ja immer genau dann an, wenn man absolut keine Zeit hat, auf Fotoproduktion ist oder sonst irgendwie unabkömmlich. Aber auch hier stimmte wieder alles: Der Tag stand zur freien Verfügung und ein dank Feiertag langes Wochenende schloss sich direkt an. Perfekt zum Einrichten, Ausprobieren, Testen und sich freuen!

Da liegt es nun also auf meinem Schreibtisch und verheißt Großartiges. Selten habe ich mich so auf ein neues Werkzeug gefreut.

Technik-Exkurs

Es folgt ein kleiner Exkurs für diejenigen, die die technische Entwicklung im Computerbereich nicht so verfolgen: Warum werden so hohe Erwartungen an die neue Hardware von Apple gestellt? Was ist das Besondere? Und was unterscheidet sich von früheren Upgrades, als neuere Generationen immer nur ein paar Prozent schneller waren als ihre jeweiligen Vorgänger?

In aller Kürze die Antwort: Apple hat es geschafft, die Technologie, die seit Jahren in iPhones und iPads steckt, auf den Desktop zu holen. Es geht dabei im Wesentlichen um eine hochintegrierte Prozessorarchitektur, die extrem schnell ist, extrem gut auf die Bedürfnisse des Apple-Betriebssystems angepasst ist und gleichzeitig mit sehr viel weniger Energie auskommt.

Das heißt: Die Geräte laufen ohne Leistungseinbußen im Akkubetrieb wesentlich länger, werden kaum noch warm und können daher ohne laute Lüfter betrieben werden. Damit verschwinden alle möglichen Kröten, die man bisher schlucken musste: Wollte man maximale Leistung, war die Akkulaufzeit schlecht. Betrieb man die Rechner am Limit, wurde das Arbeiten dank Geräuschkulisse nervig.

Fotograf*innen und Videograf*innen wissen ein Lied davon zu singen, wenn sie nach zwei Stunden intensiver Bildbearbeitung im Akkubetrieb auf dem Trockenen sitzen, wenn der Mac sich permanent die Haare zu föhnen scheint und der heiße Aluminiumblock einem die Oberschenkel verbrennt.

Leistung

Das alles soll mit den neuen MacBook Pro nun der Vergangenheit angehören, alte Gesetze aufgehoben und ein neues Zeitalter des Computings eingeläutet sein. Und nun habe ich Gelegenheit, derlei vollmundige Marketingbehauptungen auf den Prüfstand zu stellen und an der Praxis zu messen.

Trotzdem erst einmal ein paar Eckpunkte. Ja, das muss jetzt einfach sein, ich will knallharte Zahlenwerte sehen! Verglichen habe ich daher mein nagelneues 14-Zoll-MacBook (16 GB RAM, 1 TB SSD) mit meinem MacBook Pro von 2017 und meinem gut ausgestatteten und ziemlich aufgemotzten Mac Pro von 2012. Ich mache jetzt keinen „wissenschaftlichen“ Vergleich, aber wenn synthetische Benchmark-Programme Testwerte ausgeben, die im Bereich fünf- bis sechsmal (!) so hoch liegen wie beim Vorgängermodell, dann ist das schon sehr verheißungsvoll.

Also schnell Capture One installiert und einen Praxistest gemacht. 48 recht aufwändig bearbeitete Fujifilm-RAW-Dateien in höchster JPG-Qualität zu exportieren dauerte auf meinem Vorgänger-Laptop geschlagene 6 Minuten und 30 Sekunden (der viel ältere Mac Pro war dank mehr Prozessorkernen etwa doppelt so schnell). Und was liefert mein neues Gerät ab? Der Export der gleichen Daten war nach 59 Sekunden beendet. Wow, das ist ein Statement.

Schnell noch ein bisschen in C1 herumspielen: Alles sehr, sehr zackig, auch die kleinen Nickeligkeiten der Vergangenheit (zum Beispiel verzögerte Anzeige der Ebenenpinsel) spielen keine Rolle mehr. Oder das Arbeiten im Programm, während die Vorschaudateien gerendert werden: Beim älteren Gerät war die Maschine damit praktisch außer Gefecht gesetzt und man konnte mit der eigentlichen Bildbearbeitung nicht anfangen. Das ist Vergangenheit.

Alles läuft superflott nebeneinander. So zackig hat sich das Programm noch nie angefühlt. Mit dem Testen habe ich dann aufgehört. Mehr Kaufbestätigung brauche ich nicht.

Praxis

Performance ist nicht alles, Alltagstauglichkeit ist ein weiteres wichtiges Kriterium. In der Vergangenheit hat sich Apple da bei seinen Laptops leider nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Sie verbauten schlechte und anfällige Tastaturen und reduzierten die Anschlussmöglichkeiten derart radikal, dass man eine Weile gezwungen war, ein ganzes Arsenal von USB-Hubs, Adaptern und Peripheriegeräten mit sich herumzuschleppen.

Auf meinem Vorgängermodell gab es nur zwei Thunderbolt-Anschlüsse und sonst (außer einem analogen Kopfhörerausgang) gar nichts! Und wenn der Mac geladen werden musste, war nur noch ein einziger Anschluss verfügbar. Das hat mich ganz schön genervt und zu allerlei Notlösungen geführt, aber wirklich überzeugend waren diese Workarounds auch nicht.

Das Feedback dazu war offenbar eindeutig, sodass die Innovationsschmiede Apple (die mitunter sehr starrköpfig sein kann) zurückgerudert ist und hat alte Tugenden wiederbelebt hat: Der geniale magnetische MagSafe-Anschluss zum Laden des Gerätes ist wieder da. Thunderbolt-Anschlüsse gibt es auch bei den kleinen Modellen wieder auf beiden Seiten des Laptops (insgesamt drei Stück), eine HDMI-Buchse ist verbaut und – kaum zu glauben! – ein SD-Cardreader ist auch wieder an Bord! Halleluja!

Mein Arsenal an bisher unbedingt erforderlichem Zubehör wird ab sofort auf ein Minimum zusammenschrumpfen. Auf längeren Produktionsreisen brauche ich nur noch den Laptop und ein Ladegerät – keinen externen Cardreader mehr, keinen USB-Hub, keine Adapter!

Und keine potente Powerbank mehr, mit deren Hilfe ich bei meinem „alten“ MacBook die Akku-Laufzeit verlängern konnte. So richtige Langzeiterfahrungen habe ich mit dem neuen Gerät noch nicht, aber bei „gemischtem Betrieb“ (Bildbearbeitung, Office, Internet, Programme installieren usw.) bin ich auf 6 bis 8 Stunden Akkulaufzeit gekommen und das ist für meine Praxisbedürfnisse allemal genug.

Und sonst?

Was interessiert mich als Fotograf noch? Ich habe aus Kostengründen nur 16 GB Arbeitsspeicher gewählt und war etwas im Zweifel, ob das auch zukunftssicher ist. Denn einerseits werden diese 16 GB sowohl von der Grafikkarte als auch vom Prozessor genutzt (also geteilt), andererseits ist die Geschwindigkeit dieses Speichers wohl sehr hoch und die Speicherverwaltung ausgesprochen effizient.

Bisher kann ich sagen: Die von mir gewählte Speicherausstattung ist in meinem Workflow kein Flaschenhals, auch bei aufwändiger Bildbearbeitung und vielen geöffneten Programmen musste nie auch nur ein Byte auf die SSD ausgelagert werden. Wer komplexe Videoprojekte realisiert, braucht aber möglicherweise mehr.

Was auch sehr zum Wohlbefinden in der täglichen Arbeit beiträgt: Die Tastatur ist wieder erstklassig; leise und präzise, ein Genuss, darauf zu schreiben und eine Freude für Mitmenschen in der Bahn, im Restaurant oder wo auch immer man mobil arbeitet.

Und zu guter Letzt etwas, was ich zunächst nicht auf dem Schirm hatte: Die neuen MacBooks haben ein sogenanntes XDR-Display, das eine extrem helle und leuchtstarke Anzeige spezieller Medieninhalte erlaubt, die für besonders kontrastreiche Darstellung ausgelegt sind (solche Filme zum Beispiel). Das sieht auf passender Hardware unglaublich beeindruckend aus und ermöglicht ein Seh-Erlebnis, das ich bisher nicht kannte.

Im Consumer-Bereich gibt es diese HDR-Technologie schon länger bei hochwertigen Fernsehgeräten – jetzt wird diese Technik dank Apple auch auf dem Desktop Verbreitung finden. Ich überlege schon die ganze Zeit, wie man sie für unsere Industriefotografie nutzbar machen könnte, zum Beispiel bei Präsentationen – mal schauen!

Wie gesagt: Das Gerät habe ich dieses Mal nicht gekauft, sondern gemietet. Ich zahle jetzt etwas über 60 € monatlich bei einer dreijährigen Nutzungsdauer. Klar ist: Das wird irgendwann unterm Strich teurer, als wenn ich gleich das Geld in die Hand genommen hätte. Andererseits hat Apple in den vergangenen 12 Monaten ein derartiges Innovationstempo vorgelegt, dass ich mir schon vorstellen könnte – naja, lassen wir das. Jetzt schone ich erst einmal meine Liquidität und freue mich über die Spitzenleistung von heute.

Unterm Strich

Wohlgemerkt: Ich schreibe die ganze Zeit über das zweitkleinste Modell: 14 Zoll Bildschirmdiagonale, 1 TB SSD, 16 GB RAM, 10 CPU-Kerne, 16 GPU-Kerne. Da geht aber noch einiges mehr: Mehr Zoll, mehr Kerne, mehr Speicher, schnellere Bandbreite im Datenhandling. Aber für mich und meine Einsatzgebiete bleiben keine Wünsche offen.

Apple ist die Quadratur des Kreises wirklich gelungen und hat ein in meinen Augen konkurrenzloses Technikpaket geschnürt, das allerdings auch gutes Geld kostet. Billig waren Macs noch nie, andererseits ist für die Gesamtheit dessen, was jetzt in diesen Kisten steckt, das Prädikat „preis-wert“ durchaus angemessen.

Halt, ein Wunsch bleibt doch offen: Es wäre cool gewesen, wenn Apple auch noch einen herkömmlichen USB-A-Anschluss verbaut hätte. Zum Beispiel für den USB-Stick unserer Grafikerin. Oder für das direkte Anschließen älterer externer Festplatten, Audiokomponenten oder ähnliches. Aber so weit zurückgehen wollten sie dann doch nicht, die starrköpfigen Fortschrittsgläubigen in Cupertino. Schade, aber nicht zu ändern. Mit dem letzten jetzt immer noch nötigen Adapter werde ich wohl weiterhin leben müssen.

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