03. März 2022 Lesezeit: ~7 Minuten

Werkstattbuch: KI für die Fotografie

Wer fotografiert und im Internet unterwegs ist, wer soziale Medien besucht und vielleicht sogar einen Youtube-Account hat, kommt nicht drum herum, in bunten Werbeclips wird einem die Zukunft der Bildbearbeitung nur so um die Ohren gehauen: In schnellen Bildfolgen sieht man, wie bislang in der Bildbearbeitung komplizierte Aktionen mit einem einzigen Klick erledigt werden.

Objekte verschwinden wie von Geisterhand aus Fotos, aus einem Allerweltsbild wird sofort ein Hingucker. Und eben mal den eintönigen Himmel eines Landschaftsfotos durch einen spektakulären Sonnenuntergang zu ersetzen – auch das ist in einer Millisekunde erledigt.

Die Rede ist von den Skylum-Produkten Luminar AI und Luminar Neo. Und das Buzzword ist „Künstliche Intelligenz“. Die soll das alles in Sekundenschnelle erledigen, natürlich perfekt und makellos. Die Werbung suggeriert, dass mit Hilfe dieser Software aus mäßigen Fotos ohne jeden Aufwand „Like“-verdächtige Meisterwerke werden. Kauf Dir Luminar und Deine Bilder werden erfolgreich sein!

Womit haben wir es also zu tun? Mit einem überflüssigen Werkzeug für schlechte Fotograf*innen? Mit einem Tool, das erkennbar aus einer großen Kiste vorgefertigter Looks schöpft und für Bilder sorgt, die immer gleich aussehen? Für etwas, für das wahre Profis und Könner nur Verachtung übrig haben? Muss man in Zukunft gar nichts mehr können als Fotograf*in? Steht der Untergang des Abendlandes bevor?

Spielkram oder Werkzeug?

Ich denke, nein. Die Werbung suggeriert, wie leicht es sein soll, aus einem schwachen ein starkes Bild zu machen. Das ist ein irreführendes Versprechen und führt höchstens zu oberflächlicher Effektwirkung. Was aber passiert, wenn man ein starkes Foto in den Workflow einspeist, das gut gestaltet und gut ausgeleuchtet ist? Ich habe es ausprobiert. Und ich gestehe: Ich habe Lizenzen der beiden Programme gekauft und verwende die Software bei manchen Motiven sogar sehr gerne.

Doch vorher kurz zu meinem Workflow: Meine Philosophie beim Bildermachen ist die, dass das Foto „eigentlich“ schon bei der Belichtung weitgehend fertig sein soll. Daher betreibe ich vor Ort einen erheblichen Aufwand: Bei der Bildfindung, bei der Wahl der Perspektive und beim Ausarbeiten des Inhalts einer Szene. Bei der technischen Ausgestaltung betreibe ich zudem einen großen Aufwand bei der Ausleuchtung.

In Industrie, Technik, Wissenschaft und Medizin findet man nur selten gute und interessante Lichtverhältnisse vor. Die Gegebenheiten vor Ort sind von der Funktionalität bestimmt: Das Licht ist flach, langweilig, kommt von oben und hat nicht selten auch noch üble Farbstiche. Daher ist es mir wichtig, dabei meine eigenen Akzente zu setzen, oft lasse ich die Hallenbeleuchtung ausschalten und schaffe mit großen und kleinen Blitzen, mit LED-Dauerlichtern und speziellen Effektleuchten die Atmosphäre, die mir für das jeweilige Bildmotiv richtig und wirkungsvoll erscheint.

Schöner Nebeneffekt: Die Kundschaft sieht bereits vor Ort auf den JPG-Bildvorschauen auf dem iPad das (fast) fertige Bild und kann direkt beurteilen, was sie da am Ende bekommen wird. Und ich muss nicht dauernd sagen: „Das Bild mache ich später in Photoshop dann noch richtig schön!“

Aber trotzdem findet natürlich eine Bildbearbeitung statt: Bei mir fast immer ausschließlich in Capture One. Ich nutze meist die Fujifilm-Filmsimulation Provia als Ausgangspunkt, verstärke ein wenig Kontrast und Klarheit und verwende auch gelegentlich das genial intuitive Ebenenwerkzeug von C1, um selektive Korrekturen vorzunehmen – zum Beispiel beim Weißabgleich oder bei Farbverschiebungen.

Photoshop kommt fast nie zum Einsatz – und meine PS-Künste sind, ehrlich gesagt, auch arg begrenzt. Ich hatte nie Lust auf Montagen oder abgefahrene Bildbearbeitungen und war immer der Meinung: Wenn das Foto schlecht fotografiert ist, wird es mit Photoshop auch nicht besser.

Luminar-Wundertüte

So weit, so gut. Jetzt kommt aber Luminar daher und bietet allerlei Regler und Funktionen an. Zum Beispiel: „Enhance“, „Mystisch“, „Neubelichten“ oder „Leuchten“. Alles Funktionen, bei denen man nicht so unbedingt weiß, was die Software da eigentlich macht, die aber dennoch eine mehr oder minder subtile oder massive Änderung im Bild herbeiführen – abhängig davon, auf wie viel Prozent man die Wirksamkeit der jeweiligen Funktion einstellt.

Was auch sehr cool für mich als Retusche-Muffel ist: Das Radieren-Werkzeug. Man hat ein störendes Element im Bild und möchte es entfernen. Die „künstliche Intelligenz“ – die ja nichts anderes ist als ein Haufen von Algorithmen und angelernten Mustern – kann da enorm helfen: Man markiert einfach das Element mit einem Pinsel und drückt auf „Radieren“. Und dann wirkt die Wundertüte in der Software und das Ergebnis ist oft verblüffend gut. Das Element ist verschwunden und durch unauffällig funktionierende Pixel ersetzt worden. Oft jedenfalls.

Manchmal funktioniert es auch gar nicht und das Ergebnis ist katastrophal. Oder irgendwas dazwischen und das Resultat der „KI“ taugt bestenfalls als Ausgangspunkt für weitere manuelle Retuschen.

Was mir auch sehr vielversprechend erscheint: In Luminar Neo gibt es neuerdings über die Ebenen-Funktion die Möglichkeit, überlagernde „Blendenflecken“ oder „Lichtlecks“ in das Bild hineinzurechnen. Wenn man das einfach 1:1 und bei 100 % einsetzt, sehen die Ergebnisse in der Tat immer gleich aus. Aber wenn man die Regler subtil benutzt und die Manipulation anschließend bei Teilen des Bildes wieder wegradiert, können durchaus interessante und subtile Effekte zum Beispiel im Hintergrund eines Fotos genutzt werden.

Exkurs zu Neo

Das alles klingt ganz positiv und neugierig-machend und ist es auch. Aber harte Kritik muss auch sein: Luminar Neo, das erst vor wenigen Tagen als Finalversion herausgekommen ist, ist buggy, hat Performanceprobleme und verfügt noch nicht einmal über den versprochenen Leistungsumfang. Das ist keine Vollversion, sondern allenfalls eine 0.8-Beta. Das ist schon ziemlich dreist vom Hersteller. Deshalb ist es derzeit absolut nicht empfehlenswert, diese Software als Standard-Werkzeug einzusetzen: Sie taugt momentan nur für die Spielwiese, nicht für verlässliche Produktivarbeit.

Roboter

Entrückte Roboter

Genau so habe ich die Software bei meinem Motiv mit den fünf Robotern auch eingesetzt. Nach der Standard-Bearbeitung in Capture One kamen die oben erwähnten Funktionen zum Einsatz. Natürlich subtil, nie bei 100 % und zum Teil auch nur selektiv angewendet.

Das Ergebnis gefällt mir richtig gut: Das Bild ist leuchtender, intensiver und subtiler geworden. Hätte ich das auch auf anderem Wege erreichen können? Sicherlich, ja. Wüsste ich – Stand heute – wie? Nein, keine Ahnung. Wäre es in Photoshop schneller gegangen? Ganz sicher nicht.

Fühle ich mich von der KI in Luminar als Kreativer bedroht? Nein, nicht im Geringsten. Nüchtern betrachtet können diese Filter und Werkzeuge eigentlich sehr wenig, irren sich oft und haben keinerlei kreatives Potenzial. Aber man kann sie sich für seine Zwecke und Ambitionen nutzbar machen. Wenn mir das Arbeit abnimmt und Zeit einspart, nehme ich das dankbar an.

23 Kommentare

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  1. Ich habe immer noch eine Serie der Laterna-Fotobücher aus analogen Zeiten. In denen findet man viele Beispiele, wie man perfekt ausleuchtet, eine Szene gestaltet. Und genau das ist es. Fotografie ist Handwerk. Wird dies solide gemacht, braucht es nur geringe oder gar keine Nachbearbeitung.
    Ähnlich einem zerbeulten Auto. Wenn ich es grob ausbeule, brauche ich halt viel Spachtel. Das ist nicht weniger Arbeit und sieht nur auf den ersten Blick toll aus.
    Aber KI hat noch einen entscheidenden Aspekt. Es gibt uns vor, was wir zu tun haben. Das Bild entsteht dann eben nicht mehr in unserem Kopf, sondern am Computer. Eine Form von Fremdbestimmung. Einer der vielen Wege, um das Volk der Denker zum Volk der reinen Anwender zu machen.
    Aber es geht auch noch weiter. Der Reiseblog Lichter der Welt z.B.zeigt eindrucksvoll, wie er eben leuchtende Himmel macht, wo graue Wolken waren. Für mich wird er damit komplett unglaubwürdig. Der Charakter einer Umgebung wird nicht mehr authentisch wieder gegeben. Dabei kann das Original wesentlich spannender sein. Hat selbst der nordfriesische Tourismus erkannt, der nun ebenso Kampagnen mit grauem Himmel und Shit-Wetter ausgibt.
    Letztendlich geht es den Herstellern nicht darum, uns etwas sinnvolles zu verkaufen. Es geht nur ums Verkaufen. Wenn wir uns bei der Erstellung des Bildes sorgsam verhalten, können wir viel Geld und damit Zeit sparen. Und unseren Geist trainieren.
    Lieber Gruß an den Rhein.

  2. Ich unterschreib’ alles ;-) Das mit den fertigen Bildern ist so eine Sache. Ich habe in Coronazeiten rund 3.000 (mir) aufhebungswerte Dias digitalisiert. Prinzipiell waren Dias ja eigentlich fertig. Aber eine rel. neue Photoshop-Funktion habe ich dort sehr schätzen gelernt: „Auswahl Himmel“. Um den Himmel und nur den Himmel ganz gezielt nachzubearbeiten. Das ging durch Maskieren auch schon früher, aber ich habe nichts gegen den jetzigen komfortablen Mausklick. Und von Fall zu Fall eine gewisse Korrektur der Himmelsmaske. Das Ergebnis spricht einfach für sich. Wenn man nicht übertreibt! Auch stehe ich der Funktion „Bearbeiten Himmel austauschen“ längst nicht mehr so „feindselig“ gegenüber. Um dem einen oder anderen alten Dia bei Bedarf Leben einzuhauchen. Immer unter der Voraussetzung, dass man sich bei der Auswahl des Himmels nicht vollkommen vergreift! Denn dann sieht man die Manipulation meist sofort. Und immer wieder Rettung: „Fläche füllen/Inhaltsbasiert“. Aber eins ändert sich zum Glück nie: Junk in, Junk out.

    • Ist ja auch der gleiche Autor. Von daher, auch, wenn ich oft anderer Ansicht bin als Christian Ahrens, in diesem Fall nichts verwerfliches, seinen Artikel mehrfach zu veröffentlichen.
      Allerdings trägt die Beschimpfung nicht zur sachlichen Auseinandersetzung bei.

    • Sehr geehrter Herr Hertel,
      es ist Ihnen freigestellt, die Beiträge von Herrn Ahrens nicht zu mögen. Meines Erachtens darf es Ihnen aber nicht erlaubt sein, einen Menschen so zu beleidigen, wie Sie es gerade hier getan haben. Begründung: Es gibt keine Autoren, die „negativ auffallen“. Immer noch gilt das Prinzip, dass man mit den Thesen, den Texten von Autorinnen und Autoren einverstanden ist oder auch nicht. Und das darf und kann man dann in Foren auch argumentativ begründen.

      Wenn man aber, wie Sie es hier tun, unreflektiert und ohne zu belegen, wo Sie bei diesem Thema Ihren Sachverstand herholen, einen Autor so angehen, dann überschreiten Sie die Grenzen des Anstands. Ich jedenfalls nehme die Beiträge von Herrn Ahrens sehr gerne auf. Ihre Meinung. so wie Sie sie hier äußern, sehe ich dagegen auf dieser Seite sehr ungerne.
      Mit freundlichen Grüßen
      Bernd Kockerols

  3. Meine Zusammenfassung:

    Der Autor braucht Photoshop nicht

    Manchmal helfen gewisse Modi von Luminar, der Autor weiß aber nicht, ob und wann sie gelingen und warum.

    Die Funktion „Radieren“ ist dem Autor nützlich.

    Das Beispielbild wurde mit Luminar bearbeitet und das Ergebnis gefällt dem Autor „richtig gut“.

    Meine Frage: War es das, was kwerfeldein den Lesern mit diesem Artikel vermitteln wollte oder ist mir ein wichtiger Inhalt entgangen?

    • wie gesagt, es gibt wie in allen Bereichen immer unterschiedliche Herangehensweisen an Projekte.
      Ich denke, in dieser Artikelserie gibt Christian Ahrens Einblick in seinen Alltag. Den kann man nachvollziehen oder nicht.
      Ich kann den Geräteaufwand z.B. überhaupt nicht nachvollziehen, aber das ist ja dann meine Sache.
      Ich werde auch nicht mit Luminar arbeiten und erst recht kein Bild verfälschen, aber das ist meine Sache.
      Grundsätzlich zeigt diese Artikelserie eine andere Perspektive und als solche kann man sie nutzen und ergebnisoffen reflektieren oder weiter blättern. Oder, wenn einem das Magazin nicht passt und man der Meinung ist, es besser zu machen, einfach ein besseres machen.

    • Ja, etwas ist Ihnen entgangen: Die – nicht als solche gekennzeichnete – (Schleich-)Werbung für die Software. (Damit ist der Autor bereits in früheren Artikeln aufgefallen …)

      Ebenfalls entgangen ist Ihnen, dass der Autor alles besonders toll und aufwendig macht. (Ist halt ein echt Vollprofi!)

      • Hi Lutz,

        Dir ist enttäuschenderweise entgangen, dass ich in meinem Artikel nicht nur für Luminar Schleichwerbung mache, sondern auch noch für Capture One, für Fujifilm und sogar für Adobe. Apple habe ich diesmal ausgelassen, aber das hole ich gerne bei nächster Gelegenheit nach.

        Ich muss Dich daher sehr dringend ermahnen, meine Texte in Zukunft aufmerksamer zu lesen. Sonst könntest Du womöglich zahlreiche weitere Vergehen meinerseits übersehen. Bleib‘ wachsam!

        VG
        Christian

  4. Jetzt mache ich auch noch Schleichwerbung für Affinity. :)

    Das günstigere Photoshop ohne solche KI wie „Himmelaustausch“ oder „Motivwahl“, sondern das „alte“ Photoshop mit den üblichen Arbeitsmitteln von Hand wie Ebenen, Masken, Kanälen und Pfaden (Kurven). Geht alles, wenn auch etwas umständlicher. Und unschlagbar günstig ohne Abo.

  5. Beim Fotografieren auf Film ist das Negativ ausschlaggebend: Die Einstellungen des Fotografen, die zu den vorherrschenden Lichtverhältnissen gewählt wurden, ergibt die Abbildung, die von der Filmchemie auf dem Negativ festgehalten wird.

    Eine mit digitalen Mitteln hergestellte Kopie, also ein Scan des Negativs und die Wandlung zu JPEG wird üblicherweise mit Einstellungen gemacht, die ein digitales Bild ergeben, das einer Ausbelichtung auf Papier direkt vom Negativ entspricht.

    Überträgt man diese Vorgehensweise auf eine Fotografie, die mit einer Digitalkamera gemacht wird, beschränkt sich die Verarbeitung ebenfalls auf die Wandlung von RAW zu JPEG. Auch hier sollte das Ziel darin bestehen, die Aufnahme nicht nachträglich zu verändern.

    Schon immer, auch bereits mit der Fotografie auf Film, gab es Diskussionen zur Frage, wie viel Veränderung ‚erlaubt‘ ist, welche Veränderung beispielsweise einfach dem Ausgleich von Fehlern bei der Belichtung dienen. Man denke nur an Techniken wie ‚dodge and burn‘.

    Wenn wir einmal nachträgliche Veränderungen der Fotografie als Teil des ‚künstlerischen Prozesses‘ ausklammern, sollte eine Bildbearbeitung in der vom Autor geschilderten Weise unnötig sein.

    Erfolgt die Berabeitung so wie beschrieben, darf spätestens bei Verwendung künstlicher Intelligenz die Frage gestellt werden, wozu wir eigentlich noch selbst fotografieren und wieviel des Ergebnisses dann eigentlich noch von uns stammt. Die Bilder dürfen dann gleich ganz den Automaten überlassen werden.

    Oder andersherum formuliert: Der sogenannte Fotograf mutiert auf diese Weise zu einem ‚Knöpfchendrücker‘, der wie ein Arbeiter am Fließband nur noch irgendwelche Hebel bedient ohne seinen Schaffenprozess wirklich noch zu beeinflussen. Am Ende wird er dann von einem Roboter ersetzt.

    Bilder, die wie ganz zu Beginn beschrieben, einst auf Film entstanden, werden dabei weder vermisst noch kennt man überhaupt noch deren Qualität und Unterschiede.

    Die Ergebnisse heutiger Digitalfotografie haben mich bewogen, bei der Fotografie auf Film zu bleiben. Natürlich ist für mich klar, dass die hier im Artikel beschriebene Vorgehensweise für mich nicht in Frage kommt.

    Aber es gibt ganz gewiss zahlreiche glühende Verehrer solcher ‚Bildproduktionen‘. Und sie werden sogar weiterhin ‚Fotografie‘ genannt, als ob es da nicht die hier genannten, ganz wesentlichen Unterschiede gäbe.

    • So ein wunderbarer und ausführlicher Kommentar – vielen Dank, Ulrich Hilger!

      Trotzdem wird „das Analoge“ weiter verdrängt werden und eines Tages vielleicht, werden einige (nicht nur Fotografen) sich die Augen reiben…

      Bis es soweit kommt, erlaube ich mir den Tipp, mal die Website von Ulrich Hilger anzuschauen – es lohnt sich unbedingt!

      Für die Anhänger der digitalen „Fotografie“ und anderen digitalen Segnungen unserer Zeit erlaube ich mir noch den Hinweis, dass Rom auch nicht an einem Tag untergegangen ist!

      • Danke für den Zuspruch, Armin.

        Du hast schon Recht, „das Analoge“ wird weiter verdrängt werden. Allein, es bleibt wichtig, welche ‚Intelligenz‘ hierbei waltet. Eine sogenannte ‚künstliche Intelligenz‘ ist aus meiner Sicht ein Widerspruch in sich, ja sogar ein gefährlicher Euphemismus, denn was da künstlich waltet ist keineswegs intelligent oder handelt bewußt.

    • Ich finde diese Dogmen „entweder oder“ vollkommen unnötig, weil man schnell in Ideologien verfangen ist. Viele „Digitale“ so auch ich, benutzen regelmäßig ihre alten Objektive mit Konvertern an ihrer Digitalkamera. Und dann ist es eine Frage der Selbstdisziplin, inwieweit man ein schlechtes Foto einfach löscht oder versucht, digital aufzupäppeln. Das Foto bleibt deswegen trotzdem schlecht. Letztendlich ist es auch ne Kostenfrage. Selbst wenn ich hybrid fotografiere und von einem Negativ ein digitales Positiv anfertige mit scannen z.B., habe ich immer noch wesentlich höhere Kosten als ne Speicherkarte. Wenn ich ein Foto ganz nach den von Dir beschriebenen Regeln anfertige, „Eine mit digitalen Mitteln hergestellte Kopie, also ein Scan des Negativs und die Wandlung zu JPEG wird üblicherweise mit Einstellungen gemacht, die ein digitales Bild ergeben, das einer Ausbelichtung auf Papier direkt vom Negativ entspricht. „, sehe ich nicht ein, warum ich das unbedingt mit einem Medium machen soll, das a) teuer ist und b) mit einem Haufen Unbequemlichkeit hinsichtlich der Beschaffung und Entsorgung giftiger Chemikalien einhergeht. Deine Fotos gefallen mir wirklich sehr gut, ich seh aber keins, was ich auch nicht digital genauso herstellen könnte, sogar mit künstlichem Rauschen :).

      • Es freut mich, dass Dir meine Fotografien gefallen, danke dafür. Ich respektiere die Entscheidung, digital zu fotografieren, Du nennst ja auch einige legitime Gründe.

        Mir ist ein dogmatisches „entweder oder“ ebenfalls fremd, wenngleich ich für mich entschieden habe, bei Film zu bleiben. Man kann schließlich nur mit einer Kamera fotografieren und in aller Regel nehme ich eben die mit Film.

        In zwei Punkten sind wir allerdings nicht beisammen.

        Erstens dürfte es schwierig werden, die Anmutung von Fotografien auf Film mit digitalen Mitteln nachzustellen. Zahllose Filmsimulationen und andere Hilfsmittel versuchen das und kommen dem bisweilen auch schon recht nah. Ich will auch nicht ausschließen, dass es irgendwann vollständig gelingt.

        Aber bis es so weit ist, sind Farbverläufe, Tonalität oder bspw. das nichtlineare Belichtungsverhalten von Film digital nicht zu erreichen.

        Zweitens ist das Fotografieren auf Film Rahmenbedingungen unterworfen die es bei der Digitalfotografie nicht gibt. Der ganze Prozess ist unterschiedlich, so dass auch im Hinblick darauf Ergebnisse m.E. mit zweierlei Maß zu messen sind.

        Dieser zweite Aspekt mag den meisten Zeitgenossen nicht wichtig sein. Aber es bleibt eben ein Unterschied, ob man den Mount Everest mit oder ohne Sauerstoff besteigt.

    • Ich verstehe Deine Motive vollkommen und sehe da auch eine Art Auflehnung gegen die diegitale Vermüllung. Und, ich stimme Dir zu, es ist wichtig und richtig, dass diese Techniken weiterleben. Nicht um der Technik wegen, (weil eigentlich ist das eine Umweltsauere), sondern um des bewussten Prozesses wegen. ABER : Genauso wird bspw. der Weg des klassischen Digitalfotografen, (RAW-Entwicklung, mühevolle Ausarbeitung mit eine „händischen Software“ wie z.B. rawtherapee, etc) irgendwann ad acta gelegt werden. UND : Gerade mit PS sind echte künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten gegeben, die für malerisch eher unbegabte Menschen wie mich Möglichkeiten erschaffen sich bildnerisch auszudrücken. Von daher sehe ich mich auch schon als fotografischen Methusalem der zweiten Genartion an. :)

      • Ich wollte mit meinem Kommentar eigentlich keine Diskussion Film versus Digital führen sondern darauf hinweisen, dass bei der Fotografie auf Film das Bild in dem Moment entsteht, wo der Film belichtet wird. Danach wird der Film entwickelt und wenn man das Negativ ausbelichtet sieht man, was daraus geworden ist.

        In aller Regel war es das dann. Dafür braucht es kein Photoshop oder Software mit künstlicher Intelligenz. Und auch nicht für eine digitale Fotografie.

        Was ich aber zu sagen versuche ist: Wer z.B. „mit PS echte künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten“ nutzen möchte möge das gerne tun. Es hat nur nicht mit Fotografie zu tun, wenn man davon absieht, dass eine Fotografie solcher Betätigung jeweils ‚zum Opfer fällt‘ wenn man so will.

    • Hm, ich will nicht mit Dir streiten. Wobei, bei einem Streit kann, sofern er sachlich bleibt, ja auch die eigene Position überprüft werden. Ich habe selber analog fotografiert, habe noch eine funktionierende Canon A1 und etliche FD’s dazu. Ich hatte auch mal ein SW-Labor. Lang ist es her. :)
      Wenn ich mir die PS-Menüs so anschaue, kommen viele diese Begriffe (abwedeln, nachbelichten, Masken, ) etc. aus der Zeit, als man tatsächlich mit der Hand oder eben mit der -> Schnittmaske auf dem Fotopapier rumgewerkelt hat. Auch da hat man versucht, die etwas zu dunkel geratene Gesichtspartie aufzuhellen. Heute nennt man das dodge and burn. Für mich ist da, ausser dem Werkzeuig, kein Unterschied. Solange der Fotograf bewusst in das Geschehn eingreift und die Realität so wiedergibt, wie er das gesehen hat, ist es auch die Realität. Bilder entstehen eben nicht nur auf dem Negativ, sonder auch und vor allen Dingen im Kopf. Gerade Computersimulationen können hier erstaunliche Wahrheiten ans Licht bringen. Für mich beginnt die Bildmanipulation da, wo ich das Bild so verändere, wie ich es „nicht“ gesehen habe…. Du weisst ja, das eines der berühmtesten Bilder der Geschichte, das brennende Mädchen von MyLai, wesentliches weggelassen hat. Für mich beginnt die Grenze des Roboters, wie Du es nennst, da, wenn ich neben den digitalen händsichen Werkzeugen Automatismen ins Spiel bringe, die das Bild so verändern, dass es einem Klischee des gesellschaftlichen Mainstreams entspricht. Automatisiertes Lächeln z.B. oder bei den neuen PS-Versionen die Möglichkeit, Gesichter einem europäischen Schönheitsideal anzupassen. Sowas finde ich abartig.