30. Januar 2014 Lesezeit: ~2 Minuten

Lebendige Geschichten über nicht lebende Wesen

Ich bin Autodidaktin. Meine erste Kamera kam durch Zufall in meine Hände, aber seitdem ich zum ersten Mal versucht habe, etwas Magisches mit Hilfe ganz gewöhnlicher Dinge zu erzählen, kann ich nicht mehr aufhören, zu fotografieren.

Ich glaube, einfache Dinge können genauso ausdrucksstark sein wie menschliche Gesichter. Sie besitzen meist Abdrücke unserer eigenen Emotionen, Erwartungen und Empfindungen. Sie altern und gehen kaputt, ganz genau so wie wir auch.

Pastry adventurer © Dina BelenkoUFO: kitchen thief © Dina Belenko

Jedes Ding, jede Sache trägt irgendein geschicktes Rätsel, ein Geheimnis in sich, das die menschliche Fantasie anregt. Ich liebe dies alles: Tassen, Puzzle, Glasstückchen, Papierflugzeuge, ich liebe all das, was sie mitteilen können. Dies alles ist unsere menschliche Welt, nur etwas langsamer, etwas ausgewogener, etwas harmonischer.

In Russland gilt das Stillleben als eines der eher unbeliebtesten Genres. Es wird lediglich als eine langweilige Anhäufung von Blumen und Früchten angesehen. Das ist etwas unfair, weil auch ein ganz anderes Stillleben als die genannten existiert: Ein metaphorisches, ein erzählerisches und ein interessantes Stillleben.

In solchen Aufnahmen gibt es meist eine wirkliche Geschichte. Diese schafft man dafür, um auch mal nicht schöne Dinge zu präsentieren und ihre Verbindung miteinander aufzuzeigen. Solche Stillleben erzählen Geschichten und ich glaube, dass solche das absolut Wichtigste in jedem Fotogenre sind.

The best coffee in the world © Dina Belenko

Ich bevorzuge das Stillleben, weil genau hier die Rolle des Zufalls unglaublich beschränkt ist. Jedes einzelne Detail kann aufs Genaueste kontrolliert werden. Man darf sich als Regisseur fühlen, dem alles, was sich auf der Fläche vor ihm befindet, unterliegt. Jeder Misserfolg ist nur sein eigener Misserfolg, aber dafür ist auch jeder Sieg komplett sein eigener Sieg.

Jedes einzelne Ding befindet sich in einem Knäuel aus Assoziationen, Erfindungen und Mythen. Man muss nur an einem einzigen Fädchen ziehen und schon eröffnen sich unglaublich viele Geschichten, die man mit anderen teilen will. Ich suche mir einfach die am besten gelungenste Geschichte aus und mache dann davon ein Foto.

Reindeer (Powdered sugar) © Dina BelenkoUnderground © Dina Belenko

Dieser Artikel wurde von Ljuba Gonchar für uns aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt. Danke!

9 Kommentare

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  1. Sehr fantasievoller Ansatz, zu fotografieren. Dingen Charakter geben, Geschichten erfinden, nicht nur erzählen.
    Solche Arrangements und Stillleben mögen manche als nicht lebendig sehen, fern der Realität, konstruiert, aber gerade die Idee macht das Bild so kreativ. Die perfekte Umsetzung ist dann fast ein Muss, wenn sie schon fertig im Kopf schwebt. (Ich hatte auch teils Stunden mit einer einzelnen Aufstellung verbracht für „Schachmotive“ im Rahmen einer Ausstellung)

  2. Hallo Dina,

    ich bin normalerweise auch kein großer Fan von diesem Genre, aber muss gestehen, dass mich deine Bilder fasziniert haben. Du machst das mit sehr viel kompositorischem Feingefühl und die Bilder wirken nicht aufdringlich.

    Liebe Grüße,
    Jana

  3. Blogartikel dazu: Das Beste der Woche… – Foto Blog