Tomate, Käsesandwich und Brot mit Gemüse
14. August 2020 Lesezeit: ~3 Minuten

Rezension: Klappstullen von Max Faber

Wenn einem von all den ausgezeichneten und ehrenvoll erwähnten Bänden, die man bei der Ausstellung zum Deutschen Fotobuchpreis 19/20 in der Hand hatte, gerade ein Bildband über belegtes Brot am stärksten in Erinnerung bleibt, dann muss das schon etwas heißen.

Nicht unbedingt, dass die daneben liegenden Foto-Dokumentationen oder künstlerischen Projekte nicht großartig genug wären. Vielleicht schon eher, dass da endlich mal jemand auf besonders interessante Weise eine moderne Stil-Nische in der von mir an dieser Stelle bereits monierten Eintönigkeit der Foodfotografie auslotet.

Buchdoppelseite mit Brotscheibe und Teig

Buchdoppelseite mit Texten und Mustern gelegt aus Wurst und Brot

Dieser jemand ist Max Faber, seines Zeichens gelernter Koch, der nach zehn Jahren in der Gastronomie seit 2008 nun als selbstständiger Foodstylist und Rezeptentwickler für Verlags- und Werbekund*innen arbeitet. Neben der klassischen Foodfotografie, wie man sie inzwischen selbst auf den aktuellen Prospekten der Discounter findet, ist sein kreatives Steckenpferd ein ganz anderes: die Scanografie.

Entsprechend hat er für seinen Bildband „Klappstullen“ die Anatomie belegter Brote mit der Hilfe eines hochauflösenden Flachbettscanners in 740 dpi dekonstruiert und die verwendeten Zutaten so teilweise im wahrsten Sinne des Wortes durchleuchtet.

zwei aufgeschnittene belegte Brote

Rings um die Bilder gibt es noch ein paar Rezepte, Trivia, Statistiken und Infografiken rund ums Brot und am Ende des Buches sogar einen Stichwortindex, sodass man sich etwa gezielt anschauen kann, was mit Hummus so geht. Es hängt so zwischen den Stühlen Fotokunst und Kochbuch – dennoch funktioniert’s.

Max Faber spannt den Bogen rund um den Aufhänger des belegten Brots sehr weit: Von verschiedenen Brotarten über diverse Zutaten – diese dekliniert er wiederum von klassisch bis ausgefallen durch – bis hin sogar zu die Stulle oder das Sandwich begleitenden Getränken. All das kann man immerhin auf einer Glasscheibe verteilen und einscannen.

Buchdoppelseite mit Text und gescannten Lebensmitteln

Buchdoppelseite mit Tomatenpflanze und Brot mit Tomatenscheiben

Aus den drei Leidenschaften Fotografie, Design und Food, die hier aufeinandertreffen und unterwegs noch schnell den Spaß touchieren, ergibt sich ein bunter Strauß, der trotz der unterschiedlichen Spielarten und Arrangements durch die eingesetzte Technik der Scanografie einen stilistische Rahmen hat.

Mal wie fast zufällig hingeworfen wirkende Lebensmittelunfälle wechseln sich mit detailverliebt arrangierten, wie ein Badezimmer mit Käse und Wurst fliesenden Mustern ab. Ordnung trifft auf Chaos und kindliche Experimentierfreude auf einen perfektionistischen Feinschmecker.

Brot, Käse, Feigen und Nüsse

Wortwolke

Nicht vorstellen möchte man sich allerdings den Zeitaufwand, der in all dem steckt. Bei einigen Bildern ist offensichtlich, dass sehr lange geschnibbelt und arrangiert werden musste. Ideen wurden sicherlich erprobt und am Ende doch verworfen oder Bilder aussortiert. Der Scanvorgang selbst dauert. Und dann noch die Reinigung des Scanners von Olivenöl oder ähnlichem.

An meine eigene erste Reaktion zurückdenkend, habe ich schon gegrübelt, wem ich dieses Buch im Rahmen unseres Videoformats „Der erste Eindruck“ einmal in die Hand drücken könnte. Da müsste jemand nicht nur ein Faible für Foodfotografie haben, sondern auch etwa die skurrilen Infografiken zu würdigen wissen. Ich hoffe aber doch sehr, dass „Klappstullen“ auch außerhalb so einer speziellen Interessenschnittmenge Fans finden wird.

Buchcover Max Faber Klappstullen

Informationen zum Buch

„Klappstullen“ von Max Faber
Sprache: Deutsch
Einband: Hardcover mit offener Bindung
Seiten: 200 mit 141 Fotos
Maße: 16,9 x 24,1 cm
Verlag: Westkreuz
Preis: 32 €

3 Kommentare

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  1. Ich hatte ja schon mein Wochenthema der Foodfotografie geschrieben, dass ich mit dem Thema Essen und Fotografie auf Kriegsfuß stehe. Jetzt finde ich aber diesen Beitrag von Max Faber hoch interessant: Allein der Titel spricht mich schon an, bin ich doch ein absoluter Brotesser und Brotmitnehmer. Mein Credo: Mehr braucht Mensch nicht!
    Teilweise finde ich die Seite verstörend, teilweise bin ich hoch erfreut, spiegeln sich doch meine Gedanken hier teilweise wieder, wenn ich irgendwo Menschen sehe, die mit ihrer Klappstulle beschäftigt sind …

  2. Das ist wirklich ein wunderbares Buch. Ich bin schwer begeistert von den Fotos, aber auch von der Buchgestaltung insgesamt. Da Habt Ihr einen wahren Leckerbissen empfohlen. Gehört in jede Brotbüchse :-)