Michael Schulz alias #Berlinstagram
Auf der Webseite von Michael Schulz findet man keine Fotos. Man kann lediglich seine Erfolgsgeschichte lesen – darüber, wie er die Plattform Instagram zu Beginn ihrer Entstehung entdeckte und mit ihr gemeinsam wuchs. Und eine sehr lange Liste aller Jobs, die er je über Instagram bekam, bestaunen.
Auf mich wirkt das etwas surreal. Eine Karriere aufgebaut auf einer Social-Media-Plattform. Und eine Webseite, die es eigentlich nicht braucht. Umso neugieriger war ich auf sein Buch, das im Mai im renommierten Verlag Hatje Cantz erschien.
Fast neun Jahre ist Michael nun schon auf Instagram unterwegs und fotografiert für seinen Account #berlinstagram vorrangig die deutsche Hauptstadt. Über 6.800 Fotos haben sich seitdem angesammelt, aus denen er 86 Bilder für sein Buch ausgewählt hat. Der Klappentext verrät, dass es seine Lieblingsbilder sind.
Michaels Vorliebe für Farben und Formen wird in ihnen deutlich, aber auch Humor. Einige absurde Szenerien, die wohl nur eine Großstadt wie Berlin zu bieten hat. Das typische Chaos fehlt jedoch. Michaels Vorliebe für minimalistische Ästhetik wiegt stärker, aber er findet viele spannende Orte, durch die man die Hauptstadt ganz neu kennenlernt.
Ich frage mich beim Betrachten, ob dieser Minimalismus das ist, was die Bilder auf Instagram so erfolgreich macht. Es sind leicht zugängliche Bilder, die beim Scrollen vielleicht eher auffallen. Ich komme von der Social-Media-Plattform einfach nicht los, auch wenn ich nun ein Buch in den Händen habe und blättere, statt zu scrollen.
Würde ich die Bilder anders betrachten, wenn ich nichts über ihre Vorgeschichte wüsste? Würde Michael andere Bilder machen, wenn er sie nicht auf Instagram posten würde? Solche Fragen bleiben unbeantwortet, denn das Buch bietet nur einen sehr kurzen Einleitungstext, in dem wieder nur sein Erfolg auf dem sozialen Medium erklärt wird. Mir ist das zu wenig, ich hätte gern mehr erfahren.
Nicht einmal unbedingt über Instagram. Ich hätte gern mehr über Michael als Fotografen gelesen, seine Sicht auf Berlin und die Straßenfotografie. Mir erschließt sich auch nicht, warum man die Gewichtung nicht auf die durchaus sehenswerten Fotos gelegt hat. Mit dem Instagram Handle auf dem Cover und immer demselben Loblied auf das amerikanische Unternehmen wirkt es auf mich so eher wie ein Versuch, die halbe Million Fans zum Kauf zu bewegen.
Dabei ist das Buch durchaus spannend für Fotointeressierte. Michael schafft es, das heutige Berlin festzuhalten, findet neue Blickwinkel auf bekannte Orte und weiß mit Licht und Farben umzugehen.
Das Buch ist Teil einer Fotobuchreihe über Berlin. Sechs Bände gibt es momentan, die alle im gleichen handlichen Format und derselben Aufmachung erhältlich sind. Neben Michael Schulz findet man die Ostkreuz-Fotografin Annette Hauschild oder den Portraitfotografen Ralph Mecke . Jeder Band kostet 20 €.
Informationen zum Buch
Michael Schulz. @berlinstagram
Sprache: Deutsch / Englisch
Einband: Hardcover
Seiten: 128
Maße: 15 x 20 cm
Verlag: Hatje Cantz
Preis: 20 €