Die Sony RX 100 IV im Test
Wenn man sich für bestimmte fotografische Aufgaben erst einmal an ein bestimmtes Setup gewöhnt hat und damit vor allem auch zufrieden ist, haben es Alternativen schwer. Die hier getestete Sony RX 100 IV war aufgrund ihrer technischen Daten jedoch interessant genug, um zumindest für einige Zeit das vertraute Equipment beiseite zu legen und zu prüfen, ob mit dieser kleinen Kompakten bessere Bilder möglich sind.
In den letzten Jahren habe ich mich an allen möglichen Kameras abgearbeitet. Ich habe digital fotografiert mit einer DSLR (Nikon D7000 ), mit einer digitalen Festbrennweite (Fuji X100S und T) und ich habe analog fotografiert, sowohl mit analogen Spiegelreflexkameras als auch mit analogem Mittelformat. Parallel dazu hatte ich das iPhone immer dabei und das ist die Kamera, mit der ich im Alltag sicher die meisten Bilder mache.
Doch auch aufgrund von verschobenen Prioritäten hat sich das Spektrum inzwischen auf iPhone und die Fuji 100T reduziert. Die DSLR habe ich selten vermisst und für die analoge Fotografie habe ich irgendwann die Muße nicht mehr mitgebracht. Die Reduktion auf eine Kamera hat ihr Gutes. Es gibt wenig zu schleppen, mit der 50mm-Aufsatzlinse habe ich an der Fuji nun doch zwei Brennweiten, was gerade für Portraits sehr praktisch ist. Da ich so oder so am liebsten mit Festbrennweiten arbeite, passt das gut zu mir.
Das Einzige, was immer wieder an mir nagte, war das extra Gepäck, das ich zum Fotografieren mitnehmen musste. Die Fuji X100 T ist zwar klein, aber sie passt nicht ein eine normale Jackentasche, zumindest nicht so, dass es komfortabel ist. Und dazu kommen immer gleich mehrere Akkus, weil ohne Zusatzakkus selbst ein kurzer Fotospaziergang meist nach einer Stunde endet. Und so schlich ich immer wieder um eine kleinere Alternative rum. Die Ricoh GR hatte ich schon lange im Auge und irgendwann hatte ich das Glück, über eBay günstig an eine fast neue Ricoh GR II zu kommen.
Ab diesem Moment begann die Fuji X100 T, ein Schattendasein zu fristen. Seit die Ricoh GR II bei mir eingetroffen ist, habe ich die Fuji X100 T nicht mehr in die Hand genommen. Die Ricoh GR II dafür ist jetzt immer in meiner Jackentasche und so langsam entwickle ich ein Gefühl dafür, wann ich die Ricoh GR II und wann ich das iPhone einsetzen möchte.
In genau dieser Situation erhielt ich die Möglichkeit, die Sony RX 100 IV zu testen. Irgendwie hatte ich in Erinnerung, dass die RX-Serie von Sony einen sehr guten Ruf hat und da der Schwerpunkt im Test speziell auf der Straßenfotografie liegen sollte, ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf.
Kurze Zeit später traf ein Päckchen bei mir ein, darin eine noch kleinere Schachtel mit der Kamera. Das Ganze so leicht, dass ich erst zweifelte, ob überhaupt ein Gerät mitgeliefert wurde. Tatsächlich entpuppte sich die Sony RX 100 IV als ein echter Winzling. Im Vergleich zur Ricoh GR II ist sie noch einmal ein ganzes Stück schmaler und nur im eingeschalteten Zustand ist sie durch das ausgefahrene Objektiv tiefer.
Was ich in diesem Artikel darstellen möchte, ist weniger eine Beurteilung der technischen Fähigkeiten der Kamera, als viel mehr sie im Hinblick auf ihre Tauglichkeit für ein Nutzungsprofil, das einen Mix aus verschiedenen fotografischen Genres darstellt, zu bewerten. Ich versuche daher gar nicht erst, objektiv zu sein.
Nach meinem Dafürhalten sind wir hinsichtlich der technischen Möglichkeiten in der Fotografie an einem Punkt angelangt, an dem mit fast jeder Kamera ein großes Anforderungsspektrum abgedeckt werden kann. Geht es um die letzten, extremsten 10 bis 20 % in einem Genre, wird man um entsprechend aufwändige Ausrüstung nicht umhinkommen, doch neben der Ausrüstung sind dann auch andere Einflussfaktoren wie Aufnahmeort, ggf. Studio, Modelle, Licht, Requisiten, Nachbearbeitung etc. absolut essentiell.
Vor dem ersten Spaziergang mit der Kamera nahm ich mir die Menüsteuerung vor. Da ich vorher bereits einmal die Sony A7 II getestet hatte, waren mir die Sony-Menüs geläufig und daher hinreichend zugänglich. Viele Fotograf*innen können sich mit der Menüsteuerung der Sony-Kameras nicht anfreunden, doch im Vergleich mit Nikon, Fuji oder Ricoh schneidet Sony nicht wirklich schlecht ab.
Am Ende sind es immer wieder die gleichen Parameter, die irgendwie eingestellt werden müssen. Der Weg über die Menüs ist immer etwas umständlich, weil meist so viele Optionen zur Verfügung stehen, dass man auf jeden Fall etwas suchen muss. Aber das ist kein Drama. Die Menüs halte ich im Umgang mit einer Kamera für das geringere Problem.
Bleibt zu konstatieren, dass die Sony natürlich die Möglichkeit bietet, verschiedene Hardware-Knöpfe mit unterschiedlichen Funktionen zu belegen. Soweit, so gut und gängig. Der Eindruck hier: Unauffällig. Bis auf den ND-Filter, der auch automatisch aktiviert werden kann. Das erlaubt Fotografieren mit offener Blende auch bei hellem Sonnenlicht. Das ist definitiv praktisch.
Bei insgesamt drei Gelegenheiten konnte ich die Sony zum Einsatz bringen: Bei einem Popkonzert, bei einem Spaziergang in Wald und Feld und am Ende natürlich auf der Straße im städtischen Umfeld. Die ersten beiden Sessions erlaubten mir, mich mit der Kamera unter kontrollierten Bedingungen vertraut zu machen. Auf der Straße sollte dann bestenfalls alles so schnell wie möglich gehen.
Beim Konzert (Midge Ure im Technikum in München) hatte ich das Glück, verhältnismäßig nah an der Bühne zu sitzen. Die Beleuchtung war eher unaufdringlich und bis auf Spots auf die drei Musiker eher dunkel gehalten. Ich hatte die Kamera auf Auto ISO eingestellt mit einer minimalen Belichtungszeit von 1/125 s und maximaler ISO-Zahl 6400. Was auf dem Kameradisplay noch ganz passabel aussah, entpuppte sich am Rechner als ziemlich verrauscht.
Das macht die Fotos nicht unrettbar schlecht, speziell im Kontext der Nutzung in sozialen Medien, dennoch erschienen mir die Bilder, die ich parallel auf dem iPhone machte, gefälliger. Zur Ehrenrettung der Sony RX 100 sei erwähnt, dass ich RAW fotografiert habe und daher die Rauschunterdrückung, die im JPG-Format in der Kamera angewendet wird, nicht nutzen konnte.
Der große Vorteil in dieser Situation war das Zoom-Objektiv. Mit einer Brennweite von 24–70 mm im Kleinbild-Format hat man hier ganz gute Karten und im Falle dieses Künstlers war der gemächlich arbeitende Zoom kein Nachteil.
Die zweite Station war eine Heidelandschaft mit Kiefern im Münchner Norden. Strahlender Sonnenschein im Winter, das heißt einigermaßen tief stehende Sonne. In dieser Situation war es ein Leichtes, „schöne“ Bilder zu machen. Mit unbeweglichen Motiven und entsprechend Zeit kann man alles Mögliche ausprobieren. Doch nach einer halben Stunde bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt macht sich die Kälte an den Händen bemerkbar und dann merkt man, dass die Bedienelemente an der kleinen Kamera immer schwerer zu bedienen sind.
Mit klammen Fingern leidet die Koordinationsfähigkeit. Das ist kein dramatisches Problem, aber der Spaß am Experimentieren lässt nach. Erst recht, wenn man des Öfteren eben beide Hände braucht, um Einstellungen zu ändern. Davon abgesehen sind die erzielten Resultate wirklich zufriedenstellend.
Winzige Kamera, mit der sich Ergebnisse wie mit einer großen DSLR erzielen lassen. In allen Schönwettersituationen, auch im Urlaub, kann man hier mit leichtem Gepäck wirklich tolle Ergebnisse erzielen. Schon ohne jede Nachbearbeitung können sich die Ergebnisse sehen lassen.
Station drei: Straße. Natürlich waren die Temperaturen weiterhin frostig, das Licht dank vorgerückter Stunde nicht wirklich spektakulär, andererseits ist es technisch einfacher, wenn die Sonne nicht alles in extreme Hell-Dunkel-Zonen unterteilt. Meine Herangehensweise in der Straßenfotografie ist spontan.
Selten warte ich an Orten mit attraktiven Hintergründen, bis ein*e Passant*in vorbeikommt, die*der das perfekte Motiv abgibt. Meist laufe ich durch die Straßen und warte auf Situationen, die spannend sind. Das hat den großen Nachteil, dass ich oft mit keinem brauchbaren Bild nach Hause komme. Oder mit durchschnittlich-schlechten Bildern.
Manchmal passt aber einfach alles und das macht viele erfolglose Touren wieder wett. Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch, dass das Gefühl, mit dem die Kamera in der Hand liegt, wie sie sich bedienen lässt, wie sie reagiert, den „Flow“, das Eintauchen in eine fokussierte Konzentration, beeinflussen kann. Und hier hatte ich meine Schwierigkeiten.
Aufgrund der geringen Grifffläche verkrampft man schnell. Es kommt immer wieder vor, dass man unabsichtlich Knöpfe drückt und dadurch Einstellungen ändert. Das irritiert, im schlimmsten Fall stellt man hinterher fest, dass Bilder „kaputt“ sind aufgrund falscher Einstellungen.
Der richtige Spaß wollte jedenfalls nicht aufkommen und gerade auf der Straße ist der recht langsame Zoom einfach keine Hilfe. Meist ist der Moment dahin, bis man ran- oder rausgezoomt hat und so ist es meist einfacher, bei einer Brennweite zu bleiben, was auch die Menge der Einflussfaktoren verringert. Sobald man aber dann doch wieder bei einer Brennweite bleibt, stellt sich die Frage, welchen Nutzen ein Zoom bietet. Zumindest einer, der nicht wirklich schnell ist.
Es mag sehr subjektiv sein, aber die Ergonomie, und zwar so, wie sie sich für den persönlichen Bedarf darstellt, ist wesentlich wichtiger als Features, zumindest in der Straßenfotografie. Auf meinen letzten Streifzügen mit der Ricoh GR II habe ich mir ein sehr rudimentäres System zur Einstellung der gewünschten Belichtung erarbeitet: Belichtung da messen, wo die Helligkeit so ist, wie ich sie mir wünsche, AEL-Taste (Sperren der Belichtungsmessung) drücken und dann zum Motiv wechseln.
Das funktioniert besonders in sehr kontrastreichen Situationen sehr gut, in denen die Gefahr besteht, dass bei normaler Belichtungsmessung das Motiv entweder zu hell oder zu dunkel ist. Für dieses Vorgehen brauche ich den Daumen für die AEL-Taste und den Zeigefinger für den Auslöser, mehr nicht. Mit den anderen Fingern kann ich die Kamera sicher am Griff festhalten.
Vielleicht stehe ich damit für eine Minderheit, aber ich würde mir wirklich wünschen, dass die Hersteller von Kameras sich auf zwei Bereiche konzentrieren würden: Bildqualität auch bei wirklich schwierigen Lichtverhältnissen und hohen ISO-Werten. Und eine Benutzerschnittstelle, die den Fotograf*innen jederzeit das Gefühl gibt, mit einem Minimum an Knöpfen alles unter Kontrolle zu haben. Und schnell zu sehen, wie die wichtigsten Parameter eingestellt sind. Zumindest in der Straßenfotografie ist das essentiell.
Die Sony RX 100 IV ist dementsprechend für mich nicht erste Wahl in der Straßenfotografie. Nichtsdestotrotz ist es eine wirklich bemerkenswerte, kompakte Kamera, die mit ihrer Vielseitigkeit, dem recht großen Sensor und dem Zoom in vielen Situationen zumindest eine APSC-DSLR ersetzen kann.
Für Landschafts-, Reise-, Architektur-, Portrait- und Gruppenfotos in kontrollierten Situationen ist die kleine Sony wunderbar einsetzbar. Auch die Übertragung von Bildern auf das Smartphone gelingt problemlos und somit steht auch dem schnellen Publizieren auf Twitter, Instagram oder Facebook nichts im Wege.