Taucher und Rochen
15. Juli 2016 Lesezeit: ~9 Minuten

Unterwasserwelten

Auf der Suche nach spannender Tierfotografie habe ich natürlich nur an scheue Füchse, vom Aussterben bedrohte Tiger oder winzige Insekten gedacht – bis ich auf Toni Bischofs Bilder gestoßen bin. Denn das faszinierende Reich der Meerestiere hatte ich zuvor überhaupt nicht auf dem Schirm! Doch Tonis Einblicke in die Tiefen unserer Meere sind es wert, vorgestellt zu werden.

Hallo Toni! Erzähl doch mal etwas zu Dir: Wie bist Du zur Unterwasser-Tierfotografie gekommen?

Eine lange Geschichte! Eigentlich bin ich ein „Mann der Berge“, wohne im kleinen Bergdorf Ladir / GR-Schweiz auf 1300 m ü. M. und verbrachte meine ganze Freizeit mit Berghochtouren, Fels- und Eisklettern, Ski- und Skihochtouren. Außerdem suchte ich in den Felswänden nach Bergkristallen … und fand sie auch. Das internationale Bergführerpatent erwarb ich 1983. Gesundheitliche Probleme ließen mich aber nach einer Alternative Ausschau halten.

Da war seit meiner Jugendzeit die Liebe zur Naturfotografie und der Wunsch, Tauchen zu lernen. Ich wollte den Walen, Haien, Rochen, Delfinen und Robben begegnen und sie rund um die Welt fotografieren. Das Beste an meiner Leidenschaft aber finde ich, dass ich nicht finanziell von ihnen abhängig bin. So bin ich nun seit vier Jahren mit meiner Nikon D800E, dem Unterwasser-Equipment mit viel Geduld, Begeisterung, Rücksicht und Liebe zu den Tieren in meiner Freizeit unterwegs.

Drei Pottwale tauchen im Meer.

Sechs riesige Wale stehen wie aufrecht im Meereswasser.

In Deinem Portfolio entdecke ich Wale, Robben, Haie, Rochen, Seekühe, Schildkröten und Delfine. Ist es nicht unheimlich schwer, zeitaufwändig und kostenintensiv, so viele verschiedene Tiere ausfindig zu machen und zu fotografieren? Wie viel Zeit verbringst Du mit dem Tauchen und Fotografieren?

Ich stehe nicht unter Druck, etwas tun zu müssen. Alles was ich mache, ist freiwillig. Das ist mein Privileg. Das Portfolio ist im Laufe der letzten vier Jahre auf den Tauchreisen entstanden, die mich in verschiedene Gebiete führten. Gerne besuche ich die Azoren. Der raue Atlantik fasziniert mich. Wetter und Strömung machen das Tauchen dort oft noch zum Abenteuer. Das ist aber auch in Südafrika am Cap der guten Hoffnung so oder auf Galapagos und an vielen anderen Orten.

Tauchreisen sind kostenintensiv, wie eine gute Unterwasser-Fotoausrüstung auch, natürlich. In jungen Jahren hätte ich mir das nicht leisten können. Aber das musste ich auch nicht, denn die Berge begeisterten mich restlos. Nun bin ich etwa vier bis sechs Wochen pro Jahr auf den Ozeanen unterwegs. Das ist für einen Amateur ordentlich. Zuhause in den Bergen trainiere ich gern Freitauchen, das heißt Tauchen ohne Atemgeräte. Ich finde das sportlich und es hilft mir sehr beim Fotografieren von Walen und Delfinen.

Sonst widme ich mich zu Hause der Makrofotografie, vor allem den Schmetterlingen. Die Fotografie begleitet mich so das ganze Jahr. Nicht vergessen werden darf die Bearbeitung der Bilder. Speziell Unterwasserbilder sind oft bearbeitungsbedürftig. Das ist wieder ein langer Lernprozess, der nie aufhört. Daneben pflege ich regen Gedankenaustausch mit andern Fotografen über die Fotocommunity.

Eine Gruppe Delfine taucht im Wasser.

Eine große Schildkröße taucht im Meer.

Du schreibst, speziell Unterwasserbilder sind oft bearbeitungsbedürftig. Was meinst Du damit genau?

Der Grund für Nachbearbeitungen liegt im einfachen Satz begründet: Wasser ist nicht gleich Luft … aber das kann vieles bedeuten, je nach Klarheit und Farbe des Wassers. Oft müssen Partikel, die stören, beseitigt werden, weil sie angeblitzt wurden und sich als „Schneegestöber“ manifestieren.

Auch macht es in der Regel Sinn, etwas mit den Tonwerten zu experimentieren, manchmal auch mit den Kontrasten. Das hat oft zum Ziel, Konturen etwas deutlicher werden zu lassen. Oft bringt ein manueller, nachträglicher Weißabgleich gute Resultate bei der Nachbearbeitung.

Eine Seekuh schwimmt dicht unter der Wasseroberfläche.

Wie läuft eine Unterwasser-Fototour ab? Was bereitest Du vor, was hast Du dabei, was kannst Du vielleicht gar nicht beeinflussen? Und was musst Du alles beachten, um an ein gutes Bild zu kommen?

Die technischen Vorbereitungen wie Blitztechnik oder ausgefeiltes Handling der Kamera im Unterwassergehäuse übe ich in den Bergseen meiner Umgebung, meistens beim Freitauchen. Das fördert die Reaktionsbereitschaft und das Gefühl für die „guten“ Einstellungen von Blende und Verschlusszeiten. Nicht vergessen werden darf die Gestaltung des Bildes, denn da kann doch Vieles schief gehen.

Die Begegnungen mit den oben beschriebenen Tieren sind immer spontan, oft auf Sekunden beschränkt. Wer dann den richtigen Moment verpasst, weil er irgendein technisches Problem nicht im Griff hat, wird kaum erfreut sein. Da ist das Üben zu Hause am Anfang wichtiger als viel zu reisen. Am wichtigsten aber ist die Sicherheit beim Tauchen. Ich verbringe mit meiner Nikon D800E eine tolle Zeit, aber es ist ein großer Unterschied, ob mit oder ohne Kamera getaucht wird, denn auch das will geübt sein.

Einmal vor Ort irgendwo im Ozean können die Strömungen stark sein oder die Sicht schlecht oder die Tiere bleiben aus oder auf Distanz. Gute Unterwasseraufnahmen von Meeressäugern und Großfischen sind immer Weitwinkelaufnahmen nach dem Grundsatz je näher die Aufnahmedistanz, desto besser die Qualität des Bildes. So bevorzuge ich dann das 15-mm-Fisheye, das Weitwinkelzoom 14 – 24 mm, das 16 – 35 mm und in Ausnahmefällen das 24 – 70 mm von Nikon. Bleiben die Tiere auf Distanz, so kommt es eben nicht zu den ersehnten Bildern.

Glücklicherweise kennen verschiedene der beschriebenen Tierarten wenig Berührungsängste und so kommt es immer wieder zu fantastischen Interaktionen zwischen Mensch und Tier. Auch die natürliche Neugierde mag da mithelfen. Vor allem aber sind es der Respekt, die Geduld und die Rücksicht, die immer wieder Großartiges möglich machen.

Eine Robbe schwimmt über einen Meeresgrund mit Wasserpflanzen.

Eine Robbe schwimmt über einen Meeresgrund mit Wasserpflanzen.

Eine Frage, die sicherlich einigen durch den Kopf geht, wenn man Deine Hai- oder Walbilder anschaut: Hattest Du schon einmal eine gefährliche oder brenzlige Unterwasserbegegnung mit einem Tier? Und was sind die „Sicherheitsvorschriften“, die es zu beachten gibt?

Ach ja … da bin ich in den Bergen einige Male wirklich in gefährlichere Situationen geraten, was ich von meinen Unterwasserbegegnungen glücklicherweise nicht gerade behaupten kann! Haie erlebte ich bis jetzt nicht aggressiv, wohl aber zum Teil neugierig, ohne Berührungsängste, zum Teil aber auch sehr scheu, wie zum Beispiel die Hammerhaie auf Darwin, Galapagos. Im Umgang mit Haien hat der bekannte Haiforscher Erich Ritter zehn Verhaltensregeln niedergeschrieben, die man sich unbedingt verinnerlichen sollte!

Bei Walbegegnungen ist oft das Distanzschätzen zum Tier sehr anspruchsvoll. Fotografiere ich mit dem 15-mm-Fisheye, so muss ich so nah herangehen, dass in mir der Eindruck entsteht, es könnte bald zur Kollision kommen … aber erst dann entstehen die wirklich guten Bilder!

Keine Angst, zum Glück sind Wale weltweit gut geschützt und es darf mit ihnen nur unter strengsten Vorschriften ohne Atemgerät getaucht werden. Dies dient natürlich dem Schutz der Tiere. Ich durfte solche Begegnungen in den Gewässern von Dominica, Karibik mit Pottwalen erleben.

Ein Hai schwimmt auf die Kamera zu.

Zwei Haie tauchen unter der hellen Meeresoberfläche.

Zwei Haie tauchen auf die Kamera zu.

Was sind Deine Ziele für die nächsten Jahre? Gibt es noch besondere Reisewünsche oder Tiere, denen Du noch nie begegnet bist, es Dir aber vorgenommen hast? Und welche Meerestiere sind am schwierigsten zu fotografieren?

Diesen Sommer werde ich wie so oft die Azoren besuchen. Das Meerwasser dort ist von schöner Klarheit, auch die Tierbegegnungen bieten immer wieder Überraschungen. Die Bahamas und Malediven werden künftige Ziele sein, bevor ich mich der Arktis und Antarktis zuwenden werde, allerdings nur mit meinem „normalen Fotoequipment“ bewaffnet. Und ganz spontan werden sicher plötzlich noch andere Gegenden von mir besucht.

Wünsche gibt es immer … aber gute Bilder zu schießen, ist meistens schwierig bei dieser Art Tierfotografie, wo das extreme Weitwinkel gefragt ist und nicht das Teleobjektiv.

Ein schwarzweißer Rochen im Wasser.

Ein Mantarochen schwimmt im Wasser.

Was kannst Du denn nun nach einigen Jahren Erfahrung Fotograf*innen raten, die auch gern mit der Unterwasserfotografie beginnen würden? Welche Tiere oder Meere eignen sich gut, um anzufangen? Und welches Equipment kannst Du empfehlen?

Oh … diese Frage hat es in sich! Unterwasserfotografie ist recht vielseitig. Relativ einfach lassen sich gute Makros machen, das auch mit einer Kleinkamera, in günstige Unterwassergehäuse gepackt. Wer aber mehr möchte, muss auch die Kosten-Aufwand-Rechnung machen. Auch das Reisen mit einer umfangreichen Unterwasserausrüstung wird kompliziert. Da muss Mann oder Frau dann schon sicher sein, was er oder sie gern möchte. Ich gebe da besser keine Empfehlungen ab!

Vielen Dank für das interessante Interview und viel Erfolg bei Deinen kommenden Reisen in die Tiefen unserer Meere!

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