Emerge Magazin: Migration
Emerge ist ein Online-Magazin für modernen Fotojournalismus und hat den Schritt zum gedruckten Magazin gewagt. Während viele andere Magazine aus der Printwelt ihre Präsenz im Netz ausweiten, hat emerge es genau anders herum gemacht. Damit man die Geschichten in Ruhe zu Ende liest und den Bildern genug Zeit gibt, anstatt sie schnell durchzuklicken, so heißt es im Vorwort.
Die hochwertigen Fotoreportagen im Online-Magazin haben mich schon länger beeindruckt und als emerge die Crowdfunding-Kampagne für sein ersts Printmagazin bewarb, musste ich nicht lange überlegen. Das Magazin, das vor wenigen Tagen in meinem Briefkasten lag, hat mich nicht enttäuscht.
Die erste Ausgabe setzt sich mit dem hochaktuellen Thema Migration auseinander. Die Reportagen sind vielseitig und informativ, die Bilder wie gewohnt herausragend. Die Texte lassen einen nicht unberührt zurück und ich gebe zu: Online hätte ich einigen Reportagen wohl nicht so viel Zeit geschenkt, sie vielleicht gar nicht erst angeklickt.
Die Geschichte des Landarztes in der Uckermark, der mit 16 Jahren aus dem Libanon in die DDR flüchtete, hat mich besonders beeindruckt. Begleitet hat ihn einige Tage der Fotograf Jonas Ludwig Walter. Amin Ballouz arbeitet in einer Gegend Ostdeutschlands, in der „der Ausländerbeauftragte das Handtuch geschmissen hat“, so Walter. Mit seinem Trabant stattet er besonders den alten Menschen Hausbesuche ab. Warum das alles so gut funktioniert, erklärt der Arzt simpel: „Auch ich habe den Krieg erlebt, deshalb verstehen wir uns so gut.“
Ein anderer 16-Jähriger ist hingegen gerade erst in Österreich angekommen und wartet auf die Entscheidung seines Asylgesuchs. Über seine Flucht berichtet der Journalist Bartholomäus von Laffert in einem Text, der mich immer wieder schlucken ließ.
Weitere Fotoreportagen berichten über europäische Grenzen inmitten der Wüste Sahara, über Gastarbeiter aus Mittelasien in Sankt Petersburg, über die Gruppe Lampedusa in Hamburg, Romas in Spanien und eine hawaiianische Insel, dessen Besitzer die „Pest der Zivilisation“ fernhalten will. Das Thema Migration wird wirklich aus verschiedensten Perspektiven beleuchtet.
Texte von Journalisten geben dem Thema noch ein weiteres Gerüst. So berichtet Reiner Klingholz über Demografie und die Wichtigkeit von Migration für Europa. Manuel Insberg klärt über die Rolle der Medien auf und ihre Mitverantwortung, wenn wir Flüchtlinge nur noch als unkenntliche Masse wahrnehmen.
Eingeleitet wird das Magazin von zum Thema passenden Einzelbildern verschiedener Fotografen und kurzen Bildbeschreibungen. Eine Einführung, die mich neugierig gemacht hat, aber bei der ich auch etwas enttäuscht war, dass ich nicht mehr über die dazugehörigen Serien erfahren kann. Aber ein Printmagazin hat nun einmal eine begrenzte Seitenzahl. Im Fall von emerge sind es 120 sehr stimmig arrangierte Seiten. An dieser Stelle auch ein Kompliment an den Grafikdesigner.
Ich kann das Magazin kritiklos empfehlen und für 15 € könnt Ihr es auf der Webseite von emerge erwerben.