12. Februar 2015 Lesezeit: ~4 Minuten

Von der Idee zum Bild mit Sean Mundy

Ich hatte die Idee für dieses Foto bereits vor zwei Jahren, zu einer Zeit, in der ich sehr daran interessiert war (und ich bin es immer noch) schwarze Flüssigkeit in Bildern mit minimalistischem Stil zu nutzen, um Ängste und Zweifel oder negative Gefühle im Allgemeinen darzustellen. Diese Idee findet sich also auch in anderen meiner Bilder im selben Stil. Der mit Flüssigkeit gefüllte Raum ist die physische Darstellung von eigenen Unsicherheiten, Ängsten und Zweifeln, die einen verschlingen.

Die meisten anderen Bilder mit schwarzen Flüssigkeiten waren relativ leicht zu fotografieren, aber diese Idee stellte mich vor ein neues Problem: Wie lasse ich ein Zimmer so aussehen, als sei es mit schwarzer Flüssigkeit gefüllt? So blieb die Idee gezeichnet eine lange Zeit in meinem Ideenbuch, in der Hoffnung, ich finde irgendwann eine Lösung dafür.

Diptychon eines Mannes in schwarzer Flüssigkeit stehend.

Ich reiste letzten Sommer entlang der Westküste Kanadas und der USA und war einige Tage bei Freunden in Oregon zu Besuch, die auch als Fotografen arbeiten. Einer von ihnen plante eine Serie, die überflutete Sets beinhaltete. Ich hatte meine Idee nun schon zwei Jahre mit mir herumgetragen und wusste, dass dies die perfekte Möglichkeit war, mein Bild endlich in die Tat umzusetzen.

Der Fotograf, der die Serie umsetzen wollte, war Kyle Thompson (unbedingt ansehen, seine Arbeiten sind fantastisch). Er baute dafür ein Set im Hinterhof auf, das für unsere beiden Zwecke passte. Die Wand, die als Hintergrund diente, malten wir grau an. Um das Wasser schwarz zu färben, nutzte ich Lebensmittelfarbe. Für die schwarze Farbe, die aus dem Mund kommen sollte, kaufte ich Schokoladensoße (für Eiscreme) und passte die Farbe nachträglich mit Hilfe von Photoshop an.

SkizzeMann steht in schwarzem Wasser mit schwarzer Flüssigkeit, die aus seinem Mund läuft.

Damit der Raum aussah, als würde er mehr und mehr mit der Flüssigkeit gefüllt werden, ließ ich mein Modell Brendon Burton (ebenfalls ein toller Fotograf) zunächst auf den Knien und für das zweite Bild normal sitzen. Damit sein Kopf und die Schultern auf beiden Bildern dennoch auf selber Höhe sind, stellte ich die Kamera beim zweiten Bild auch niedriger. So entstand der Eindruck, dass der Raum gefüllt wird, obwohl Brendon eigentlich nur tiefer sitzt.

Das Bild umzusetzen, war recht einfach, nachdem alles vorbereitet und gut durchdacht war. So läuft es bei den meisten meiner Bilder: Ich versuche, so viel wie möglich vorzubereiten, damit ich dann bequem und ohne in Stress geraten zu müssen, arbeiten kann.

Unbearbeitetes Bild von Mann im schwarzen WasserUnbearbeitetes Foto von Mann im schwarzen Wasser.

Unbearbeitete Aufnahmen

Ich habe Brendon die Soße ein paar Mal aus seinem Mund laufen lassen; wir nutzten einen ganzen Behälter und mussten anschließend alles aus dem Pool filtern. Und wir nahmen mehrere Fotos aus verschiedenen Sitzpositionen auf, damit ich später aus einigen Höhen wählen könnte.

Ursprünglich hatte ich drei Fotos geplant. Das dritte Bild sollte völlig schwarz sein, als sei der Raum komplett geflutet, aber als ich ein wenig darüber nachgedacht hatte, realisierte ich, dass es als Diptychon anstatt eines Triptychons stärker wäre. Es fühlte sich sehr gut an, das Foto nach all der Zeit endlich umsetzen zu können.

Die Nachbearbeitung des Fotos dauerte eine Weile. Die Lebensmittelfarbe, die ich für das Wasser genutzt hatte, funktionierte, aber sie machte es nicht ganz so dunkel, wie ich es wollte. Deshalb musste ich das Wasser etwas abdunkeln, ebenso wie die Schokoladensoße aus dem Mund, die ich zusätzlich noch entsättigte, was beides ziemlich genaue Maskierungen, weit ins Bild gezoomt, nötig machte. Besonders schwierig war das Maskieren in den Teilen der Wasserreflexion. Ansonsten war es eine recht einfache Bearbeitung im Bezug auf Farben und Kontraste.

Bildausschnitt.

Bildausschnitt vor der Maskierung.

Bildausschnitt

Bildausschnitt nach der Maskierung.

Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis und würde nachträglich heute nichts anders machen. Es wäre vielleicht toll, ein Set zu bauen, bei dem das Wasser bis zum Hals geht, aber das würde noch schwieriger zu arrangieren sein, als das, was wir bei diesem Bild gemacht haben.

Redakteurin Katja Kemnitz hat Seans Text für Euch aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.

4 Kommentare

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  1. Als ich die Bilder überflogen habe, hab ich einen Mann gesehen der unterschiedlich tief eingetaucht ist.
    Erst durch den Text wurde mir klar was gezeigt werden sollte.
    Woran liegt es?
    Für mich ist der Mensch UND die Flüssigkeit variabel.
    Für mich müsste ein rostiger Nagel oder eine andere Markierung auf der Wand sein.
    Wände betrachte ich als statisch. Wenn die Markierung mit der Person in einem festen Verhältnis stehen, würde sich für mich der Flüssigkeitsstand auch auf den ersten Blick erhöhen.
    Die Markierung müsste nachträglich auf die Wand platziert werden.

  2. Prinzipiell gefällt mir das Bild und die Idee ganz gut.
    Hier hat sich jemand Gedanken und Mühe gemacht – toll!

    Das zentrale Element, negative Gefühle darzustellen, wird auch meiner Meinung nach gut aufgegriffen. Die Verschlimmerung (=Anstieg des Wasserspiegels) ist aber auch für mich nicht auf den ersten, oder den zweiten, Blick zu erkennen.

    Ingo und ec haben aber in meinen Augen recht – mir geht es genauso. Ohne den erklärenden Text habe ich den Anstieg des Wasserpegels gar nicht als solchen wahrgenommen. Eher ein Standpunktwechsel des Betrachters – klar, bei näherer Betrachtung sieht man (wenn man es weiß), dass die Aufnahmehöhe (scheinbar) gleich bleibt, aber für den Betrachter ist es (meiner Meinung) etwas zu verkopft.

    Vielleicht würde eine Unterwassersicht wie hier zu sehen
    bspw. http://kwerfeldein.de/2015/02/04/von-der-idee-zum-bild-mit-andrea-peipe/
    helfen.

    Dann würde es die Vorgabe des Minimalismus‘ aber wohl nicht mehr erfüllen können… ich weiß es nicht.

    Vielleicht ist es auch gut, wenn ein Bild nicht alle seine Geheimnisse sofort preisgibt – dann muss der Ersteller aber damit rechnen, dass eine (Kern-)Aussage nicht, oder nur schwer verstanden wird.

    Grüße in die Runde
    Stefan