16. Januar 2014 Lesezeit: ~3 Minuten

Über analoge Ehrlichkeit und Blumen im Haar

Angefangen hat alles vor fünf Jahren als ich noch zur Schule gegangen bin und mir das Wahlfach Fotografie verglichen mit allen anderen ziemlich sympathisch war. Ich habe zu dieser Zeit eine alte analoge Canon von meinem Opa bekommen und hatte einen unglaublich beeindruckenden Lehrer. Kennt Ihr das, wenn man merkt, dass jemand seine Arbeit wirklich liebt? Das passiert in meiner Welt leider gar nicht so oft.

Mich beeindruckt so etwas aber ungemein. Mein Fotografie-Lehrer ist so jemand. Ein Fotograf der alten Schule mit dicker Hornbrille und Bart. Er hat damals etwas ziemlich Gutes gemacht: Er hat mich komplett angesteckt mit seiner Liebe und Hingabe zur Fotografie.

Nina © Lisa Licht

LenaPola © Lisa Licht

Ich werde niemals den Geruch der Chemikalien in unserer kleinen Schuldunkelkammer vergessen, die Spannung beim Entwickeln, das Geschrei, wenn ein Schüler mal aus Versehen auf den Lichtschalter kam und dann alle tierisch lachen mussten.

Ich liebe die Analogfotografie, weil sie rein und ursprünglich ist und eine unglaubliche Tiefe besitzt. Sie zeigt, dass man in der Kunst an keiner Stelle etwas vortäuschen muss, um etwas Schönes zu erschaffen.

Elisa © Lisa Licht

Maria © Lisa Licht

Für mich ist das der wichtigste Grundsatz in meinen Fotos: Natürlichkeit. Den Menschen so zeigen wie er ist oder es zumindest so gut es geht versuchen. Diese Art des Fotografierens in der digitalen Fotografie behalten.

Das heißt nicht, ohne Bildbearbeitung auszukommen. Aber es heißt, besondere Züge, die zu Individuen dazugehören, zu behalten, egal ob diese jetzt der Mehrheit gefallen oder nicht.

Mir geht es mit meiner Fotografie immer um den Menschen – auch, wenn ich mich immer noch nicht entscheiden könnte, welcher Bereich mir dabei am meisten Freude macht.

Lisa © Lisa Licht

LenaKleid © Lisa Licht

Was zum Beispiel in der Welt der Mode wirklich großartig ist, ist, dass man in andere Welten schlüpfen kann. Dass man gestalten kann. Dass das Thema Mode eigentlich, wenn man genau hinsieht, kein oberflächliches Thema ist, sondern die Kleidung eines Menschen unglaublich viel über ihren Träger aussagt.

Ich weiß aber nicht, ob ich in der Fashion/Beauty-Fotografie zurecht kommen würde, weil ich wirklich kein oberflächlicher Mensch bin und manche Konventionen in diesem Bereich sicher nicht einfach hinnehmen könnte.

Auf der anderen Seite würde mir sicher sehr viel Farbe fehlen, wenn ich mich jetzt entschließen würde, nur noch journalistisch, ehrlich und dokumentarisch zu fotografieren und ich keinem, der vor meiner Kamera steht, mehr eine Blume ins Haar stecken dürfte.

Lisa&Nemo © Lisa Licht

Christina © Lisa Licht

Ich glaube, wir Fotografen arbeiten am produktivsten und inspiriertesten, wenn wir ein starkes Gefühl haben. Egal ob es ein positives oder ein negatives Gefühl ist. Ich merke, dass mir besondere Ideen kommen, wenn ich besonders glücklich bin. Dann sind die Motive in meinen Fotos Menschen oder Dinge, die ich liebe. Ballerinas, Federgestalten oder Sternenmädchen zum Beispiel.

Aber genauso sprudelt es nur so an Ideen, wenn mich etwas wirklich ärgert. Beides kann total beeindruckend sein. Wenn jemand mir mit einem Foto zeigt, wie schön die Welt doch ist, aber genauso, wenn man Schmerz oder Ärger mit einem Foto verarbeiten kann. Das ist es, was ich am meisten an der Fotografie liebe.

28 Kommentare

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  1. Blogartikel dazu: waidhas | Über Analoge Ehrlichkeit Und Blumen Im Haar

  2. Toller Beitrag! Genauso hat es bei mir auch angefangen, in einem Wahlfach in der Schule. Bei uns hat der Hausmeister das gemacht, weil er Fotografie geliebt hat und wesentlich mehr Ahnung hatte, als die Lehrer. Er war ein mürrischer, muffliger Kerl, aber wenn wir uns jeden zweiten Freitag nach der Schule in der Dunkelkammer getroffen oder zu Fotoausflügen aufgebrochen sind, dann ist er richtig aufgeblüht. Hach, ne schöne Zeit war´s… Danke für Deinen Gedankenanstoß.

  3. Das kann ich unterzeichnen:

    „Das heißt nicht, ohne Bildbearbeitung auszukommen. Aber es heißt, besondere Züge, die zu Individuen dazugehören, zu behalten, egal ob diese jetzt der Mehrheit gefallen oder nicht.“

    Das gilt auch über People-Fotografie hinaus.

    Schöne Bilder. Sinnlichkeit zieht sich wie ein roter Faden dadurch.

  4. Bei aller Liebe:

    In der Welt der Mode sagt die Kleidung überhaupt gar nichts über den Menschen aus. Sie wurde ihm angezogen um an ihm fotografiert zu werden. Wie Du schon sagst, man schlüpft in andere Welten. Es ist oberflächlich und unecht.

    Viel Natürlichkeit sehe ich in Deinen Bildern nicht. Mehr geschminkte Frauen.

    Und Kunst = schön? Na ich weiß nicht. Kunst ist in meinen Augen etwas, was selten gefällig daher kommt und einem einem vor allem weh tut.

    Das Früchtefoto gefällt mir als einziges wirklich sehr.

  5. Wirklich ein guter Artikel und sehr schöne Bilder! Weiter so! Bei mir war es auch die Kamera meines Großvaters, von dem ich auch den Fotografievirus geerbt zu haben scheine…

    Ob ein Bild nun digital oder analog gemacht wird ist doch letztendlich vollkommen egal. Analog ist gerade ziemlich hipp, aber ich denke man kann auch digital gute Bilder machen, wenn man sich ein wenig an der analogen Fotografie orientiert und nicht 500 Bilder macht, weil es nichts kostet und Fehler in Photoshop wieder geradegebügelt werden können…

  6. Mein Vorredner Aaron spricht mir aus der Seele.

    Analoge Ehrlichkeit? Ich sehe da nur die immer selben hübsch zurechtgemachten Mädchenportraits. Zart, in Klischéeposen, in Kleidchen, inszeniert und mit Rehäuglein. Dagegen sehe ich nicht: Individualität, Charakter und weibliche Stärke. Und auch nicht den Chame des analogen Mediums. Liebe Lisa, deine Bilder sind hübsch und technisch gut gemacht aber, aus oben genannten Gründen, für mich persönlich, total langweilig und uninteressant.

  7. Ich muss mich Aaron und Julia anschließen und bin auch recht froh, dass ihre Kommentare kamen – die Bilder sind farblich schön gestaltet, und definieren sich inhaltlich doch hauptsächlich über die abgebildete Person, was auch legitim ist, wenn man jemanden portraitieren möchte und es ist genauso in Ordnung, jemanden „schön“ dazustellen. Die Bilder sind dann aber vor allem für denjenigen Photographierten interessant, für seine Freunde und Angehörigen (und es ist gut, wenn man jemanden glücklich machen kann), aber für die Allgemeinheit? Weiß ich nicht. Für mich gibt es zu viele Bilder der Sorte.
    Die Worte im Text erinnern mich an meine eigenen Vorstellungen und Ideen, die ich vor einiger Zeit zum Thema hatte. Abgesehen davon, dass auch ich nicht verstehe, warum analog im Titel erwähnt wird verstehe ich auch nicht, was die Nennung von Fashionfotografie mit Individualität zutun hat, außer es ist Streetfashion, das aber wurde ja nicht angesprochen.
    (…)
    Die Frage ist, was man will. Diese Bilder werden Aufmerksamkeit bekommen, weil es viele ältere Männer und sicher auch Frauen* gibt, die sie liken und kommentieren. Und ich wäre ja auch dabei „oh, nett“ zu sagen. Aber Ehrlichkeit und Natürlichkeit zeigen sie nur, wenn man davon ausgeht, dass alles, was man sehen kann, Realität und Wahrheit ist, was ich auch nicht abstreiten kann, aber es ist eine konzipierte und geformte Wahrheit die zu hinterfragenden Konventionen folgt.

    Jetzt schreibe ich recht viel dafür, dass mich die Bilder „langweilen“. Das liegt daran, dass mich das Thema, dass es solche Bilder mehr und mehr gibt nicht langweilt, weil ich eben der Meinung bin, dass die Aufmerksamkeit, die generiert wird dem nicht ganz gerecht ist. Und weil es mich die Weltauffassung langweilt, dass alles „schön“ sein muss, dass Schönheit evtl. etwas ist, was man hat, oder eben nicht, weil es schon gut ist, Schönheit in allem zu suchen aber meiner Meinung nach diese Suche zu oberflächlich betrieben wird und es dann soweit kommt, dass nichts mehr interessiert, als die Schönheit im Sinne von „hübsch“. Und weil Schönheit so leicht zugänglich ist wirkt es auch, als könnte man hier einfach sein Tauschmittel (Aufmerksamkeit) bekommen.
    Alles steht und fällt mit der eigenen Argumentation seiner Bilder und hier passt es nicht ganz zusammen, habe ich das Gefühl.

    *(jeden Alters und auch Männer jeden Alters, aber hey, anderes Thema)

    • Tagelang hab ich mich geärgert, daß die Worte fehlten, die genau das, ohne dabei böse zu klingen, rüberbringen sollten. Am Ende siegen immer Bequemlichkeit und Feigheit und auch die Erinnerung an so viele sinnlose „Versteh ich nicht, ist nix für mich“-Äußerungen, bei denen man sich als Autor fragen muss, warum das jetzt einer geschrieben hat. Aber der Artikel hat doch etwas versprochen. Und dann nicht gehalten. Zwar passt schon das Coverbild nicht zum Titel, aber es ist schade. Ich bin aber heilfroh, daß es keine Analogretro-ist-hip-Geschichte ist.

      „Tauschmittel“ trifft es so genau. Völlig gleich, obs um Mädchen in Kleidchen, Mädchen ohne Kleider oder Landschaft im Nebel geht. Hast Du was anzubieten, bekommst Du ein Häppchen Aufmerksamkeit dafür. Dabei ist es auch nicht wirklich wichtig, was Du anbietest, es kann auch etwas sein, was inflationär ist, weil die Aufmerksamkeit auch inflationär ist und bei ihrer Flüchtigkeit keine Unterschiede macht. Und am Ende ist es wieder „haste was, biste was“.

      Einzig, es bleibt nichts haften. Ich kann mich jetzt schon wieder an keins der Bilder erinnern. Nur daran, daß ich die gleichen Bilder jeden Tag sehe. Man kann ganze Städte damit pflastern.

  8. Es muss mal gesagt werden, dass der Titel ganz klar keine analogen Fotografien verspricht, sondern analoge Ehrlichkeit. Wer nicht nur den Titel, sondern auch den Artikel gelesen hat, kann nicht übersehen haben, dass es Lisa viel mehr darum geht die Ehrlichkeit der analogen Fotografie mit in die digitale zu nehmen, als um die analoge Fotografie an sich.

    Geschminkte Mädchen in Kleidern gibt es übrigens auch vor analogen Kameras. Würden die Bilder an Wert gewinnen, wären sie mit einer analogen Kamera aufgenommen worden?

    Und wenn Schminke nicht zu einem Menschen gehört, dann wohl auch keine Kleidung und ich darf ab jetzt nur noch nackte Menschen fotografieren, wenn ich es am Ende ‚ehrlich‘ nennen will?

    Was man niemandem absprechen kann ist natürlich die persönliche Präferenz. Bildern von Mädchen in Kleidern gibt es viele und man muss sie nicht mögen.

    Lisa ist 21 Jahre jung und schreibt hier, was ihr wichtig ist und worauf sie hinarbeitet. Sie sagt nicht, dass ihr das schon perfekt gelingt.

  9. Ich finde hier teils zu harte Kritik für meinen Geschmack.
    Ein Blick auf Lisa’s FB Seite zeigt mir sehr viel Engagement für das Thema Fotografie und oft auch einen sehr guten Blick für das Abbilden von Menschen. Klar sind die Sonnenscheinromantiktütügegenlichtfotos schon mal irgendwo aufgetaucht, aber Lisa macht sie gut. Ich vermisse die analogen Arbeiten welche ich mir im Titel erhoffte :o)
    Kurzum scheint die Kritik Jammern auf recht hohen Niveau – also mach weiter so oder besser :o)

  10. Ich hate ja hier nur, weil ich noch nicht gefragt wurde, ob ich gefeatured werden möchte.

    Nee, im Ernst: Man kann sehen, dass in diesen Fotos sehr viel Arbeit steckt und dass Du, Lisa, ein Händchen dafür hast, trotz der Situation quasi, einfühlsame Bilder zu machen. Frauen fotografieren Frauen irgendwie anders als Männer. Es gibt Ausnahmen, aber… Ich glaube meine Fotos am gleichen Set wären entweder stumpf oder man würde niemanden erkennen.

    Ob analog oder digital, ehrlich kann beides sein. Es ist ein gutes Gefühl festzustellen, dass man auf einem Niveau fotografieren kann, das man früher bewundert hat. Mit Deinen Bildern wirst Du gaaaaanz vielen Erwartungen gerecht. Das nächste wäre etwas eigenes. Ich weiß nicht, was die Redaktion rausgeschmissen hat um diese Bilder hier zu zeigen. Vielleicht ist es wenig repräsentativ. Aber bleib nicht bei Schöner-Mädchen-Fotografie stehen. Ich gucke jetzt mal, was für Bilder ich von Dir noch so finde, außer denen, die man hier sieht. Ahoj und alles Liebe.

  11. Ein natürlicher und frischer Beitrag. Ich liebe es auch den Menschen natürlich, sinnlich, emotional und einfach da zu stellen. Sich nicht verstellen zu müssen vor meinen Augen, bedeutet mir viel. Danke und Kompliment! Ich finde deine Bilder fantastisch, Kompliment. Lg

  12. ganz schön viel wirbel hier. ich denke, das grundlegende problem ist folgendes:
    vieles aus dem text passt nicht zu den bildern.

    zitate:
    „Ich weiß aber nicht, ob ich in der Fashion/Beauty-Fotografie zurecht kommen würde“ – für mich sehen viele bilder so aus.

    „Für mich ist das der wichtigste Grundsatz in meinen Fotos: Natürlichkeit. Den Menschen so zeigen wie er ist“ – dafür sind die bilder extrem durchdacht – klamotten, posen, makeup, gesten.

    aber ansonsten – an und für sich gute, „technisch“ perfekte fotos.