Der Klang von Entebbe
Im Jahr 2005 begann eine moderne Märchengeschichte. Der Amerikaner Robert Fleming half einer schwangeren Frau aus Uganda, die nicht in der Lage war, ihr Kind zu behalten. Die kleine Malayaka fand sich kurze Zeit später im Hotelzimmer von Robert Fleming wieder, zusammen mit einigen anderen Kindern, die Robert aus allen möglichen Winkeln der Umgebung mit besten Wünschen in die Arme gelegt bekam.
Ohne seine Hilfe wäre ein Überleben nicht möglich gewesen. Die Kinder waren krank, verletzt oder ausgesetzt. Er fasste den Entschluss, ein Haus zu mieten und einen Platz zum Leben zu finden für sich und diese Kinder. Es entstand das Malayaka-Haus in Entebbe. In den folgenden Jahren kamen mehrere Kinder hinzu, es wurden Arbeitskräfte angeheuert und Volontäre aus der ganzen Welt aufgenommen.
In diesem Malayaka-Haus verbrachte ich Ende Oktober zwei Wochen.
In den letzten Tagen wurde ich öfter gefragt, wie mein Aufenthalt in Entebbe (Uganda) war. Ich antwortete immer mit demselben Wort: „Krass.“ Nicht schön, sondern krass. Am Anfang musste ich mich an die Bedingungen sehr anpassen.
Oft keinen Strom zu haben und falls das Haus Strom hatte, machte ein Diesel-Generator enormen Lärm. Oder jeden Tag eiskalt zu duschen und trotzdem bei absoluter Dunkelheit mit meinem Laptop mit UMTS-Geschwindigkeit zu surfen. Verrückte Welt.
Warum war ich aber dort? Mein ehemaliger Mitbewohner hatte durch zahlreiche Erzählungen das Feuer für dieses Fotoprojekt in mir entfacht. Er selbst war schon vier Mal in Entebbe geweseb, er war als Volontär in Uganda und seitdem kommt er jedes Jahr zwei Mal für zwei Wochen wieder an diesen Ort zurück.
Ein Waisenhaus mitten in Ost-Afrika. Für mich ging es primär darum, das Haus mit seinen Kindern zu fotografieren, diese Bilder sollten erstes Futter sein, für einen Verein, der zur Unterstützung des Hauses in Deutschland gegründet wird.
Wie fotografiert man in einem Waisenhaus? Diese Frage hatte mich Wochen vorher beschäftigt, ich wollte eben nicht die Standardklischees erfüllen, ich wollte auch keine gestellten Szenen erschaffen. Es forderte trotzdem für mich eine enorme Überwindung, diese Fotos zu machen.
Es schwang ständig das Gefühl mit, sich an dem Leid der Kinder zu bereichern, indem ich von diesen kleinen Knirpsen Fotos machte. Daher waren die ersten zwei, drei Tage sehr hart, es prasselte viel zu viel auf mich ein, um es gescheit in ein Bild zu verpacken.
Nach dieser Eingewöhnungsphase fing ich an, mich auf Details zu konzentrieren. Dabei hatte ich den Entschluss gefasst, die Kinder, Volontäre und Aunties eher als stiller Beobachter zu fotografieren. Keine Anweisungen, keine Kommandos, einfach das Leben 1:1 darzustellen.
Ich habe mich mit meiner Kamera hingesetzt, die Kinder beim Essen, Hausaufgaben machen oder spielen beobachtet. Immer, wenn ich dachte, das wäre ein gutes Motiv, habe ich die Kamera angesetzt und auf den Auslöser gedrückt. Nach ein paar Minuten haben mich die Kinder auch nicht mehr wahrgenommen und haben sich normal verhalten.
Das forderte dann am späteren Abend seinen Tribut, ich war von den Gästen und Volontären des Hauses meist der erste, der ins Bett wanderte. Die visuellen Eindrücke, die ich über den Tag gesammelt hatte, mussten in einer ruhigen Minute, vor meinen geistigen Auge aufgearbeitet werden. Dies war für meine tägliche Arbeit enorm wichtig.
Diese Reise hat mich persönlich enorm nach vorn gebracht. Die Herzlichkeit der Menschen ist atemberaubend. Kinder im Alter von 14 oder 15 Jahren, die mich zum ersten oder zweiten Mal in ihrem Leben sahen, rannten auf mich zu und umarmten mich.
Sie schrieben Briefe oder schenkten mir kleine Armbänder. Menschen, die fast nichts Materielles besitzen, gaben etwas von sich. Ja, davon konnte ich mir selbst noch eine Scheibe abschneiden.
Was steht am Ende der Reise nun für mich? Der Gegensatz zwischen arm und reich, glücklich und satt. Ich konnte den Kindern einiges über Deutschland erzählen und man konnte sich gegenseitig austauschen. Den Kindern in dem Haus geht es mittlerweile sehr gut, trotzdem lassen sich die einzelnen Schicksale in einer so kurzen Zeit nicht erfassen. Daher steht der Entschluss fest: Ein zweiter Besuch wird definitiv stattfinden.