Tipps zum Fotografieren von Konzerten mit Kitobjektiven
„Konzertfotos ohne lichtstarke Objektive sind nicht möglich.“ So lautet wohl die hinlänglich bekannte Meinung zum Thema Konzertfotografie. Doch auch mit üblichen Objektiven und Lichtstärken, die sich meist um Blende f/4 bis f/5.6 bewegen, lassen sich recht akzeptable Ergebnisse erzielen.
Probleme und Technik
Beim Fotografieren von Konzerten gibt es im Allgemeinen zwei Hauptprobleme:
- Wenig Licht mit stark wechselnden Lichtverhältnissen
- Viel Bewegung auf der Bühne
Hier sind dann in der Regel lichtstarke Objektive das erste Mittel der Wahl. Die sind aber aus unterschiedlichsten Gründen nicht immer zur Hand. Was jetzt? Auf den ersten Blick unterbelichtete oder verrauschte Fotos lassen sich im Nachinein durch gezielte digitale Nachbearbeitung zu einem guten Ergebnis korrigieren. Die digitale Nachbearbeitung der Fotos erledige ich fast ausschließlich mit Lightroom 3.
Meine eigene Ausrüstung
- Nikon D5000
- Objektive 18-55 mm (Blende f/3.5 – f/5.6)
- 55-200 mm (Blende f/4 – f/5.6)
Je nach Lichtsituation (Open Air mit Tageslicht, Hallenkonzert, Clubkonzert, etc.) und dem eigenen Standort (im Publikum oder im Fotograben) fange ich meistens mit ISO 800 an und erhöhe diesen Wert dann entsprechend der Lichtverhältnisse schrittweise weiter nach oben (1200, 1600 oder 3200). Im Extremfall gehe auch schon einmal auf ISO 6400, aber dann rauscht es meistens doch sehr stark.
Die Blende habe ich normalerweise immer so weit wie eben möglich geöffnet. Wenn es das Licht erlaubt, blende ich aber trotzdem ein wenig ab. Somit besteht nicht die Gefahr, dass man die falschen Stellen fokussiert.
Die Kamera ist im manuellen Modus, sodass ich dann die Belichtungszeit während des Fotografierens wählen und kontrollieren kann. Dabei versuche ich, eine Verschlusszeit von 1/125 oder 1/100 Sekunde möglichst nicht zu unterschreiten. Ich habe aber auch schon mit Belichtungszeiten von 1/30 Sekunde recht akzeptable Ergebnisse erzielt. Es kommt nun einmal immer darauf an, wie ruhig das Motiv vor der Kamera ist. Allerdings braucht das ein wenig Übung und vor allem eine ruhige Hand.
Die Belichtung darf auch, falls nicht anders möglich, schon einmal eine bis drei Belichtungsstufen unter dem vom Belichtungsmesser vorgeschlagenen Wert liegen. Da ich immer im Raw-Format fotografiere, lässt sich diese Unterbelichtung in der Nachbearbeitung zumeist in gewissem Maße recht gut wieder ausgleichen.
Nachbearbeitung mit Lightroom 3
Nachdem ich die Fotos in Lightroom 3 importiert habe, geht es ans an die eigentliche digitale Nachbearbeitung. In der Regel verändere ich dann hier hauptsächlich die folgenden Werte, um einem Foto mehr Farbe und Ausdruckskraft zu geben, um Unterbelichtungen auszugleichen und um gegebenenfalls einen Grauschleier zu entfernen.
- Belichtung
- Aufhelllicht
- Schwarz
- Luminanz zur Rauschentfernung
Bei Fotos mit einem sehr starken Orangestich, der meist dann entsteht, wenn das Foto zu stark unterbelichtet wurde, versuche ich, diesen durch Anpassung der Farbtemperatur im Bereich Grundeinstellungen im Entwicklungsmodul in Lightroom 3 auszugleichen. Bei Aufnahmen mit starkem Rauschen entferne ich dieses anschließend über die Luminanz im Bereich Details im Entwicklungsmodul von Lightroom 3. Hier ist aber Vorsicht geboten, damit das Foto dabei nicht zu sehr seinen natürlichen Charakter und Schärfe verliert.
Ein Bearbeitungsbeispiel aus der Praxis
Das Originalfoto öffne ich in Lightroom und wechsle in das Modul „Entwickeln“. Das hier gezeigte Foto ist mit den Einstellungen 82 mm, ISO 2500, 1/100 sek., f/4.2 entstanden.
Zuerst habe ich die Farbtemperatur von 2950 auf 2092 reduziert, um den deutlich sichtbaren Orangestich zu reduzieren.
Im nächsten Schritt habe ich nun die Belichtung für etwas mehr Helligkeit auf + 0,40 erhöht.
Die Erhöhung des Schwarzwertes auf 24 bringt etwas kräftigere Farben und reduziert einen möglicherweise bestehenden Grauschleier. Das Aufhelllicht auf 43 hellt die durch den vorherigen Schritt zu sehr abgedunkelten Stellen wieder auf.
Durch Erhöhung der Rauschreduzierung auf 24 in der Luminanz wird das Rauschen im Foto reduziert.
Um den Blick mehr auf den Mittelpunkt des Fotos zu lenken und dabei den Musiker noch mehr in den Fokus des Interesses zu stellen, habe ich hier zum Schluss noch „Vignettierung nach Freistellen“ auf -43 eingestellt.
Die ausgewählten Werte der einzelnen Einstellungen sind keine festen Werte, die ich bei jedem Foto so verwende, sondern ich wähle diese individuell von Foto zu Foto immer wieder neu, frei nach Augenmaß. Der grundsätzliche Weg der Bearbeitungsschritte ist aber fast immer der oben gezeigte.
In Fällen, bei denen die Beleuchtungsverhältnisse vor Ort sehr ungünstig sind – beispielsweise, wenn die Bühne dauerhaft in orange oder rot ausgeleuchtet wird oder wenn ich sehr hohe ISO-Werte verwendet habe – lässt sich durch Konvertierung nach Schwarzweiß auch aus diesem Material in vielen Fällen noch ein sehr ansprechendes Ergebnis machen. Hier gibt das Rauschen, das ich dann auch nicht versuchen würde, vollständig aus dem Foto zu entfernen, diesem zusätzlich noch einen gewissen künstlerischen Reiz.
Nehmt doch beim nächsten Konzert Eure Kamera mal mit und probiert das oben Gezeigte ein wenig aus. Mit etwas Geduld solltet Ihr dann recht schnell zu wirklich brauchbaren Ergebnissen kommen. Mit der Zeit findet man auch immer wieder neue kleine Tricks heraus, um aus den Fotos noch ein klein wenig mehr herauszuholen.
Wenn Ihr zu dem Thema noch Fragen oder selbst weitere Tipps auf Lager habt, so würde ich mich freuen, wenn Ihr diese hier als Kommentar hinterlasst. Bei Interesse findet Ihr weitere Konzertfotos von mir auf meinem Fotoblog.
Viel Spaß beim Bearbeiten Eurer Konzertfotos!
Sehr schöne Bilder.
Die Beschreibung wie man solche Bilder mit einem Kit-Objektiv hin bekommt ist auch gut beschrieben. Aber ich steh immer noch zu der Aussage“die Aufnahme gleich so gut wie möglich zu fotografieren um weniger Nachbearbeiten zu müssen“.
Aber manchmal hat man eben, wie schon erwähnt, nicht das richtige Equipment zur Hand.
Schön das es RAW gibt :D, dass hat mir auch schon so manche Aufnahme gerettet.
Kleiner Tipp: Anstatt unterzubelichten und in der Nachbearbeitung aufzuhellen, lieber richtig belichten und mit höheren ISO fotografieren: Bringt die besseren Bildergebnisse. Wer’s nicht glaubt: ausprobieren.
Meine eigenen bescheidenen Konzertfoto-Versuche: http://www.flickr.com/photos/sarrelibre/sets/72157623946253686/
Viele Grüße von Zippo!
Hey Zippo,
ich denke das sollte jeder für sich selber herausfinden. Ich kann mir gut vorstellen, dass es da von Kamera zu Kamera Unterschiede gibt.
Hey Zippo, ich habe genau die gleiche Erfahrung gemacht wie du. Das Rauschen höherer ISO sah in meinen Augen immer besser aus als das oft seltsame Farbrauschen, das entsteht, wenn man in dunklen Räumen gemachte Bilder um ein, zwei Blenden aufhellt.
Sicher kann man auch mit Kit-Objektiven Konzerte photographieren, aber überlege einfach mal, wo Dein Iso mit einem wirklich lichtstarken Glas wäre. Statt Iso 6400 hättest Du plötzlich Iso 1600, und damit nicht nur weniger Rauschen, sondern gleich noch zwei, drei Blenden mehr Dynamikumfang. Iso hochprügeln und dann mit Luminanz-Rauschreduzierung glazzbügeln ist grundsätzlich der falsche Weg. Die Gebetsmühle lautet immer noch: Lichtstärke ist durch nichts zu ersetzen.
Gehe mal mit einem 35mm f/1.8 DX ein Konzert photographieren, daß ist unverschämt günstig und das perfekte Normalobjektiv für DX-Nikon-Kameras, und sei erstaunt, was da so plötzlich für Bilder bei rauskommen.
Ich möchte O beipflichten – Lichtstärke ist durch nichts zu ersetzen und liefert Top-Qualität.
Letztendlich bleibt es immer eine Frage der Lichtverhältnisse… Klar kann man mit den modernen Kameras schlechte Lichtverhältnisse oder fehlende Lichtstärke etwas kompensieren – aber es geht dennoch zu Laste nder Qualität. Meistens kostest ein 50ger 1.8 so um die 100,- Euro. Wer regelmäßig diese Art der Fotografie ausüben möchte, wird sie gerne investieren… ;-)
Da hast Du vollkommen Recht. Der Artikel ist aber an Leute adressiert, die vielleicht gerade erst anfangen und eben „nur“ ein Kit-Objektiv besitzen. Für den Anfang finde ich die Tipps sehr hilfreich, um mal in die Konzertfotografie reinzuschnuppern. Wenn man dann Blut geleckt hat, sollte man sich überlegen, ob man weiter investieren möchte.
Wobei ich ja sowieso jedem empfehle, sich die dem Hersteller entsprechenden 50mm 1.8er zu kaufen.
Auch die Preise für 50/1,4 halten sich in der Regel noch einigermaßen im Rahmen. Wer sich den Preisunterschied zum 50/1,8 von rd. 200 € leisten kann und will, sollte das dann in jedem Fall investieren. Ansonsten stimme ich Holger zu.
und so habe ich auch den Artikel verstanden: nicht jeder möchte gleich 2,3 oder gar 4 Objektive sich kaufen, sondern erstmal mit dem Kit-Objektiv ein paar Erfahrungen machen. Über kurz oder lang wird man sicher um eine Neuanschaffung eh nicht rum kommen …
Nur kannst Du ein 50mm f1, 8 für 100 Euro unter f2, 8 nicht verwenden. Die Ergebnisse sind desaströs.
Desaströs würde ich die Ergebnisse nicht nennen…
Mit dem dem 50 mm/f1,8 D-Objektiv von Nikon sind die Ergebnisse bei f2,8 allerdings besser. Und beim 50 mm/f1,4 ist f2,0 die bessere Wahl.
Henry
„Nehmt doch beim nächsten Konzert Eure Kamera mal mit und probiert das oben Gezeigte ein wenig aus“
Oftmals gibt es hier schon das erste Problem. Habe einige Konzerte erlebt wo mon die „dicken Dinger“ nicht mit rein nehmen durfte sondern allerhöchstens Bridge-Kameras oder Kompakte. Und damit kann man es fast schon vergessen.
Aber auch ich habe bereits schon einige Versuche unternommen. Sogar aus dem Publikumsbereich, ganz vorne! Nachberarbeitung habe ich so gut wie keine gemacht. Kann mich nicht mehr genau daran erinnern…
http://www.flickr.com/photos/mimmerheiser/sets/72157629999123013/
Bei Club Konzerten gibt es i.d.R. absolut selten Probleme die Kamera mit rein zu nehmen. Bei Hallen- oder großen Stadionkonzerten geht ohne Akkreditierung natürlich meist gar nichts.
Und wenn es dann auch bei einem Clubkonzert doch mal nicht klappt, dann läßt man halt die Kamera draußen im Auto und genießt einfach das Konzert. Bisher habe ich das aber auch nur zwei mal erlebt. Daher nehme ich die Kamera auch nur zu Konzerten mit, zu denen ich auch ohne Kamera gehen würde.
UNVERSCHÄMTHEIT ;-)
Wie kann es einer wagen mit „Plastik-Kitobjektiven“ und so einer „unterklassigen“ Kamera klasse Konzertfotos abzuliefern? ;-)
Ein erstklassiger Beitrag! Das Einzige, wo ich nicht komplett zustimmen kann, das ist die Aussage: „Nehmt doch beim nächsten Konzert Eure Kamera mal mit und probiert das oben Gezeigte ein wenig aus.“ Funktioniert leider nicht immer…
@Zippo
„Kleiner Tipp: Anstatt unterzubelichten und in der Nachbearbeitung aufzuhellen, lieber richtig belichten und mit höheren ISO fotografieren…“ Das unterschreibe ich sofort! Rauf mit den ISOs! Siehe auch hier, was geht. Keine Konzertfotografie, aber High-ISO mit einer Amateur(?) Einstiegskamera:
http://www.photoscala.de/Artikel/Nikon-D3100-hoechstempfindlich
Was das 50er angeht: Wenn es nicht gerade das 1,8/50 Canon EF ist, was bereits für 99 € zu haben ist, muss ich schon etwas mehr anfassen: 180 € fürs aktuelle AF-S Nikkor. Prinzipiell aber richtig, das 50er gehört parallel zu den Kitzooms. Aber über 50 mm wird es sofort teuer – egal welches System.
Sehr schöner Beitrag!!
Ralf
Hallo an ALLE !
Bin anscheinend mal wieder der Letzte.
Und jetzt kommts!
Ich geb auch noch meinen Senf zu obigen Artikel!
Ganz schön frech.
Eigentlich schon unverschämt.
So eine Frechheit!
. . .
HAllo LOTHAR !
Mann, Mann, Mann – was für eine Arbeit hast DU dir da gemacht.
Erstmal DANKE dafür ! ! ! Tja, und für was denn jetzt genau ?
Für den Text im ALLGEMEINEN !
Für den Text im BESCHREIBENDEN ! !
Für die Fotos im BESONDEREN ! ! !
MEGAHAMMERKRASSGUT ! ! !
Gruss, dein lichtbildwerfer
Hallo zusammen,
Danke für die durchweg konstruktiven und positiven Kommentare zu meinem überhaupt allerersten Artikel in dieser Art. Es zeigt mir dass ich wohl scheinbar doch irgendwie auf dem richtigen Weg bin.
Lichtstärkere Objektive sind natürlich auch geplant, insbesondere da der nächste Urlaub in das „Land where the Blues began“ (Mississippi/USA), bei dem auch wieder mehrere Konzertbesuche geplant sind, für 2013 bereits absehbar ist.
Lothar
Blogartikel dazu: gig-photos bei kwerfeldein
Gelungene Bilder.
Diesen Sommer war ich auch mit den Kitobjektiv auf ein kleinen Stadtfest unterwegs. Erst war ich skeptisch aber es ging dann doch besser als gedacht.
Einige Bilder sind hier zu finden. http://www.andi-krueger.de/index.php?/category/10
mfg Andreas
Blogartikel dazu: ISO400 » Blog Archive » Linksammlung #02
Danke, für den tollen Artikel. Es kommt sehr selten vor, dass ein Kitobjektiv Beachtung findet. Natürlich wäre es besser mit teurem Gerät derartige LIghtroom Bearbeitung sich zu ersparen, aber……
Bin gespannt auf 2013 auf Deine Eindrücke und Bilder aus den USA. Selber bin ich im Frühjaht in Seattle, na mal sehen ob ich dort ein paar Bilder zu diesem Thema machen kann. Ich dachte an das Haus von Jimmy Hendricks , die Spuren von kurt Cobain und noch ein paar anderen.
Werde mit einer Oly e30 und einer Nikkon D 7000 unterwegs sein.
Hallo Hans Mops,
da sind wir ja vom Thema her, wenn auch zu verschiedenen Musikstilen, ähnlich unterwegs. Ich werde wieder mit meiner Nikon D5000 und zusätzlich noch mit meiner Fuji FinePix X100 unterwegs sein.
Bei mir geht es Ende April bis Mitte Mail wieder los (New Orleans / Mississippi / Memphis).
Würde mich freuen ein paar Deiner Resultate aus Seattle zu sehen.