03. Juli 2011 Lesezeit: ~6 Minuten

Treppen fotografieren

Man quält sich Stufe für Stufe, die Hände kleben am Geländer, die Füße sind schwer, man keucht und schwitzt. Und das nur, um zur Arbeit, in die Schule oder zur Vorlesung zu kommen. Jeder von uns begeht täglich Treppen, aber nur selten wandert der Blick und betrachtet das möglicherweise Faszinierende.

Was ist so faszinierend am Fotografieren von Treppen?

Mein erstes Treppenbild entstand eher aus Langeweile und ohne große Erwartungen. Umso begeisterter war ich vom Ergebnis und seiner eindrucksvoller Wirkung. In meinen Augen unterscheidet sich jede Treppe von der anderen.

Dabei sind die Form- und Farbgebung, die Höhe oder der Lichteinfall von Bedeutung. Auch verändern Treppen mit dem Alter ihr Gesicht, was einen ganz eigenen Reiz hat.

Des Weiteren bestimmen andere Eigenheiten die Wirkung einer Treppe. So zum Beispiel, wie das Geländer gestaltet und welcher Fußboden im Treppenhaus vorhanden ist.

Lampen im Treppenauge tragen oft einiges zur fotografischen Gestaltung bei. Runde und ovale Treppen wecken schnell Assoziationen an die magischen Spirale und die Unendlichkeit.

Eckige Formen haben schnell den Charakter eines einfachen Treppenhaus, bis auf einige wenige Ausnahmen, die aufgrund spezieller Merkmale doch sehr fotogen sind.

Treppen: 5

Ganz besonders reizvoll sind abstrakte Formen. Die Möglichkeiten an Treppenformen sind schier unendlich, bei genauerer Betrachtung begegnet einem die eine oder andere Überraschung. So fand ich unter anderem Nieren-, Tropfen- und Glühbirnen-Formen.

Gelegentlich wird die Freude auch getrübt, weil in die Treppe ein Fahrstuhl integriert ist. In manchen Fällen ist aber auch das sehr fotogen und hat seinen eigenen Reiz.

Wie findet man solche schönen Treppen?

Öffnet Ihr Eure Augen für diese Kunstwerke, werdet Ihr schnell bemerken, dass es in Eurer unmittelbaren Umgebung eine Fülle von Treppenmotiven gibt. Prinzipiell spielt das Alter eines Gebäudes keine Rolle.

Ein besonderes Augenmerk gilt jedoch der Architektur der 50er Jahre, denn in dieser Zeit wurden viele sehr schöne Treppen gebaut, die tatsächlich bautechnische und optische Kunstwerke sind.

Der Schnitt von Gebäuden ist sehr aufschlussreich. Runde Formen bzw. Anbauten versprechen meist auch eine runde Treppe. In abstrakter moderner Architektur verbergen sich oft ebenso abstrakte Treppenformen.

Des Weiteren lohnt sich ein Blick auf die Fenster. Schräg angeschnittene Fenster sind ein sicheres Indiz für eine vorhandene Treppe. Hinter großen, bis zum Boden reichenden Fenstern befinden sich meist große und breite Treppenhäuser.

Auch die Funktion des Gebäudes gibt Hinweise auf die mögliche Art der Treppe. So haben zum Beispiel Schulen und Universitäten meist sehr große, ausladende Aufgänge, da sie eine Menge Menschen „transportieren“ müssen. Ähnlich verhält es sich in Verwaltungs- und Bürogebäuden, Kinos, Hotels, Museen und Einkaufszentren.

Innerhalb von Kirchen und Türmen sind oft schmale, aber hohe Treppen zu finden. Treppen in Restaurants und Cafes sind meist klein aber fein.

Wie fotografiert man eine Treppe?

Auch ohne großen Aufwand und Technik lassen sich eindrucksvolle Bilder von Treppen umsetzen. Als Erstes sollte man allerdings sicherstellen, dass der Besitzer bzw. Eigentümer des Hauses nichts gegen das Fotografieren einzuwenden hat. Eine höfliche Bitte wird selten abgewiesen.

Eine einfache Kamera mit Weitwinkel genügt prinzipiell. Von Vorteil ist sicherlich ein Stativ, da die Belichtungszeiten in Innenräumen lang werden können. Was sich sehr gut macht, ist ein Stativ mit Ausleger. Damit kann man das Treppenauge von oben schön mittig erfassen.

Für die Perspektive von unten ist es hilfreich, die Kamera auf den Boden zu legen. So bildet man meist sogar noch eine Windung mehr ab.

Sehr zu empfehlen sind (Ultra-)Weitwinkel-Objektive. Damit bekommt man auch die erste Windung mit auf’s Bild, allerdings auch die Zwischenräume, also Fenster und Türen, die manchmal den abstrakten Bildeindruck zerstören.

Fischaugen sind genauso zu befürworten, haben aber einen ganz eigenen Bildcharakter.

Bei Ulatraweitwinkel- und Fisheye-Objektiven solltet ihr auf eure Füße aufpassen, denn schnell sind diese mit auf dem Bild. Den Bereich von 12mm bis 50mm Brennweite empfinde ich als ideal.

Natürlich gibt es auch immer Ausnahmen zur Regel. So gibt es sehr hohe Treppen mit engen Treppenaugen, bei denen sich ein leichtes Teleobjektiv anbietet. Eventuell sogar mit geringer Schärfentiefe, was einen netten Effekt erzeugt.

Es lohnt sich auch, einen Zwischenstopp einzulegen und nicht nur die Extreme Oben und Unten zu betrachten. Auch seitliche Perspektiven bringen spannende Motive hervor. Dadurch werden für den Betrachter Formen wie die S, Z und 2 sichtbar.

Auch sollte man die Details einer Treppe nicht außer Acht lassen. Strukturen einzelner Stufen, verzierte Geländer und gemusterte Fußböden sind oft ein Motiv wert.

Bearbeitung

Ich werde oft gefragt, wie ich meine Bilder bearbeite. Meist hält sich das aber in Grenzen: Ich erhöhe etwas den Kontrast, um Formen zu betonen und eventuell auch etwas die Sättigung. Prinzipiell behalte ich aber den Original-Farbton bei.

Ab und an kommt es auch vor, dass ich etwas an der Treppe retuschiere. Mal muss ein Stück abblätternde Farbe oder eine störende Deckenleuchte entfernt werden, um den reinen Bildeindruck nicht zu zerstören.

Des Weiteren sieht man oft (an einer Bildachse) gespiegelte Treppen. Das wirkt ganz besonders abstrakt.

Abschließend möchte ich auf ein paar Freunde aus meinem Bekanntenkreis und von Flickr hinweisen, die sich ebenfalls mit dem Fotografieren von Treppen befassen. Die Liste derer ist sehr lang, also fühlt euch frei, Links in den Kommentaren zu ergänzen.

Es ist noch nicht lange her, da hat Karin hier auch einen Artikel über das Fotografieren von Treppen geschrieben. Ich bin selbst ein großer Fan von Karins Fotos und an ihre Sammlung heranzureichen, ist wirklich schwierig.

Des Weiteren möchte ich hier Matthias Haker empfehlen. Er ist ein sehr guter Freund, mit dem ich oft zusammen unterwegs bin und dabei (nicht nur) Treppen fotografiere, was mir sehr viel Freude bereitet.

Die Treppenfotos von folgenden Fotografen finde ich auch sehr sehenswert:

Tipp:Noch bis zum 16. Juli 2011 nehme ich am Browse Fotofestival mit einer kleinen Ausstellung teil. Wenn ihr Lust habt und gerade in Berlin seid, schaut doch mal rein. ;)

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