Der gestohlene Schrei
Noam Galai experimentierte 2006 mit Selbstportraits und fotografierte sich selbst beim Schreien mit dramatischer Beleuchtung. Vier dieser Fotos lud er sofort in seinen flickr-Stream, ein weiteres ein paar Monate später. Zufällig fand er heraus, dass ohne sein Wissen T-Shirts mit seinem Foto verkauft wurden.
Er begann, nach seinem Gesicht zu suchen und war immer wieder aufs Neue schockiert. Denn er fand sein Foto überall auf der Welt: Auf T-Shirts, als Graffitis oder Poster an Wänden, auf Buch- und Magazincovern und natürlich überall im Internet.
Sein Foto ist vielerorts zu einem Symbol geworden, wenn es von Widerstandkämpfern benutzt wird, um ihre Wut und ihr Aufbegehren zu illustrieren. Noam ist beeindruckt und findet die künstlerische Verwendung seiner Fotos cool, die gewinnbringende Verwendung ärgert ihn aber. Trotzdem nimmt er die Vorgänge in gewisser Weise mit Humor und sammelt Bilder seines Gesichts.
Interessant finde ich, dass hierbei nicht eine einzelne Urheberrechtsverletzung vorliegt, sondern unglaublich viele Menschen das Potential dieses Fotos erkannt haben, das scheinbar so groß ist, dass viele es als Symbol betrachten, losgelöst davon, dass es jemanden gibt, der es einmal kreiert hat.
Wie würdet ihr reagieren?
Gute Frage, was würde ich machen?
Punkt 1: Hier in Deutschland kommt neben der „gewöhnlichen“ Urheberrechtsverletzung des Fotografen noch die Verletzung des Rechts am eigenen Bild, garantiert durch das Kunsturheberrechtsgesetzes, hinzu.
Punkt 2: Die künstlerische Bearbeitung (Graffiti) – wie man sie auch bewerten mag – würde und müsste ich tolerieren. Wenn mein Foto/Gesicht hingegen von Personen, Gruppen, Firmen benutzt würde, um damit Geld zu verdienen, dann würde ich dagegen rechtlich vorgehen.
In vielen Fällen (besonders im Ausland) dürfte es ein Kampf gegen Windmühlen sein. Mag sein, immerhin würde es zu Aufsehen und vielleicht dazu führen, dass einige Leute darüber nachdenken, wenn sie „Eigentum“ von anderen Leuten für ihre eigenen Zwecke missbrauchen.
Angenehmes Wochenende
Ich würde jeden einzelnen kommerziellen Nutzer verklagen.
Grade bei Zeitungen und Verlagen würde (und habe) ich das massiv verfolgen wen meine Bilder ungefragt übernommen worden wären.
Wen mann bedenkt wievielt Aufmerksamkeit das Bild Weltweit bekommen hat ist da sicher ein par verdiente Doller für Ihn drin.
Die Künstlerischeaufarbeitung also die Verwendung in Graffitis und Co. fände ich sicher toll.
Aus der Perspektive eines Fotografen, der seine Arbeiten zur Lizensierung anbietet, finde ich, Noam sollte sich schleunigst einen guten Anwalt besorgen und jeden einzelnen kommerziellen Nutzer seines Bildes verklagen. Die künstlerische Nutzung bzw. Neuinterpretation ist etwas anderes und meiner Meinung auch durchaus ohne Lizenzgebühr erlaubt (wenngleich aus Respekt zum Urheber dennoch informationsbedürftig und mindestens einverständnispflichtig). Wer aber etwas von anderen nutzt, um selbst damit Geld zu verdienen, hat dafür zu bezahlen. Basta.
Noam scheint das nur nicht besonders zu bewegen und weil er beruflich vermutlich nicht Fotograf ist, macht es die Sache hier etwas knifflig. Genau diesen Umstand nutzen nämlich all die kommerziellen Nutzer absolut aus.
Von der Debatte ums Copyright abgesehen finde ich aber das Phänomen spannend, wie sich dieses Bild binnen enorm kurzer Zeit zu einem solchen Selbstläufer entwickelt hat. Es wird nun in (Kommunikations-)Kontexten verwendet, denen sich der Autor beim Schaffen gar nicht bewusst war und die er selbst gar nicht dafür im Sinn hatte. Ich finde hoch interessant, dass das Bild sich dermaßen verbreitet, ähnlich wie ein Modewort auf einmal in aller Munde ist. Keiner weiß eigentlich warum und es interessiert auch niemanden mehr, weil es sich längst von seinem Ursprung gelöst hat.
Hallo Robert,
nur eine kleine Ergänzung: Noam ist Fotograf und verdient damit in New York auch sein Geld.
Das macht es umso unverständlicher für mich, dass er sich nicht energischer für sein Recht einsetzt. Es geht schließlich um sein Werk. Aber vielleicht liegt es ja auch daran, dass das Video das etwas anders vermittelt und er längst rechtliche Schritte eingeleitet hat.
Ich hab mir auch schon überlegt ob er veruscht das nachträglich als Virales Marketing aufzusetzen um sich langfristig einen guten Namen zu machen, bzw einen besseren.
Eine Klagewelle könnte dem im wegstehen.
Obwohl ich da gegen Firmen kein Prolbem sehe.
Hm, wenn ich klug bin, würde ich über der Sache stehen und für meine Publicity nutzen und damit neue Kunden aquirieren.
Wenn mich das betreffen würde, glaub ich wäre ich aber nicht ganz so inteligent, und würde folgendermaßen vorgehen:
* bei kommerzieller Verwertung entsprechende Geschäftsleute anschreiben und adäquaten Anteil am Gewinn fordern
* Privatpersonen auf die Rechtslage hinweisen und um Lösungsvorschlag bitten (sofern man die überhaupt erreicht)
Das alles aber freundlich und ohne den Anwalt irgendwie zu erwähnen oder einschalten zu wollen.
Ich weiß aber auch nicht, ob mir das nicht zu viel Arbeit (im Vergleich zum erwarteten Gewinn (monetär)) wäre, und ich das einfach auf sich beruhen lasse und evtl. meine Erben ausfechten lasse, die keinen Ruf zu verlieren haben ;)
ich würde mich freuen wenn mein foto/bild oder ein foto/bild von mir egal welches einmal für einen guten „vermeindlichen“ guten zweck gebraucht werden würde…denn ich denke jeder der seine art der kunst ernst nimmt kann und WILL sie auch teilen und sieht darin nicht in erster linie einen kommerziellen nutzen.
eine bessere werbekampagne könnte er doch weltweit nicht haben..also so würde ich es höchst wahrscheinlich sehen. ich würde mich total geehrt fühlen und hätte ein viel größeres problem….mit 3-4 metern größe würde ich mir vor stolz überall die birne stoßen…
wenn er versucht hätte das foto kommerziell groß zu vermarkten dann hätten ihn bestimmt viele wenn nicht gar alle vom hof gejagt..so sehen es viele wie wir nun hier und das ist gut denn dann fängt man an NAOM GALAI zu googlen so wie ich jetzt und der finanzielle erfolg wird kommen und damit hat das foto seine vermarktung erfahren auch im kommerziellen bereich auch wenn es selber nie verkauft wurde…
ich freue mich für ihn und sage klasse und danke für diesen beitrag
gruß vom doc
martin
Also mich würde es schon stören, wenn jemand meine Fotos kommerziell nutzt. Es wär doch blöd, wenn sich jemand mit den eigenen Fotos ein „Vermögen“ verdient und man selbst nichts davon abbekommt. So lange es nicht kommerziell ist und ich eine Einverständnis gegeben habe, wäre es in Ordnung.
:D von chase jarvis geklaut?
ich würde es vermutlich genau so machen wie er,
die Bilder sammeln und präsentieren und so klar-machen das das Original von mir ist, so ein Bild das weltweit sich so verbreitet zeigt ja das man als Photograph nicht ganz schlecht ist ^^
vielleicht würde ich es zusätzlich selber vermarkten oder signierte Orginalabzüge verkaufen, aber vor allen würde ich mir ein Loch in den Bauch freuen das so viele Leute mein Bild toll finden.
Mein Stolz und die Freude würden sicher nicht verhindern, kommerziellen Nutzern eine Rechnung zu schreiben. Aber vielleicht ist das ja der Zeitgeist…
Jeden einzelnen kommerziellen Nutzer verklagen, insbesondere so Medien wie die Bild oder so (wenn betroffen) oder große Konzerne, da diese sich normalerweise überhaupt nicht um irgendwelche Gesetze scheren.
Wenn jemand privat oder meinetwegen für eine Revolution ein Bild von mir hernimmt: Gerne, jederzeit, das ist Kultur und durch Remix entsteht was neues. Wer das privat macht, keinen Gewinn erzielt – hab ich nichts dagegen.
Aber unsere Parteien – insbesondere mit dem C vornedran – sehen sowas halt sehr ungern bzw. dienen nur Interessensgruppen, außer wenn der Remix von einem aus den eigenen Reihen durchgeführt wird, dann ist’s in Ordnung :)