„Syncope“: Wie fokussieren wir uns in einer Welt voller Ablenkung?
In meiner konzeptuellen Fotoserie „Syncope“ erkunde ich das Gefühl der Orientierungslosigkeit im Kontext unseres alltäglichen Lebens. Wieder und wieder verlieren wir kurzzeitig unseren Fokus und Augenblicke vermeintlich höchster Konzentration werden zu Momenten, in denen wir am wenigsten präsent sind.
Die insgesamt elf Motive aus „Syncope“ spielen mit Situationen, die inszeniert sind, jedoch ihre Inspiration aus dem Hier und Jetzt sowie unseren Erfahrungen schöpfen. Wie gehen wir langfristig mit dieser kollektiven Ohnmacht um? Und wie schaffen wir es, unseren Fokus in einer Welt voller Stimuli und anhaltender Herausforderungen aufrecht zu halten?
Über den Ursprung der Fotoserie
Vor einigen Jahren erwischte ich mich morgens dabei, wie ich Frühstückseier, ganz intuitiv und selbstverständlich, in den Mülleimer – anstatt in die Bratpfanne – aufschlug. Erst als ich den Müllereimer anschließend auch noch in den Kühlschrank stellen wollte, fiel mir auf, wie konzentriert und gleichzeitig geistesabwesend ich in diesem Moment war.
Was mich genau an diesem Morgen ablenkte, konnte ich gar nicht konkret benennen, aber es diente mir als Sinnbild für viele ähnliche Situationen, die ich bereits selbst erlebt und bei anderen beobachtet hatte. Dieser Morgen zeigte mir mehr als deutlich, wie viele Reize und Gedanken wir heutzutage bewusst, aber vor allem auch unbewusst verarbeiten und dass wir dadurch häufig kurzzeitig wie weggetreten sind.
Als ich einige Wochen später in einem Londoner Museum über Operationsgeschichte zufällig auf den Begriff „Syncope“ (der medizinische Ausdruck für „Ohnmacht“ bzw. „Bewusstlosigkeit“) stieß, war die Idee für meine Fotoserie geboren.
Von der Idee zum Bild
Ich vermute, dass viele von uns ähnliche Situationen, wie ich sie oben beschreibe, bereits selbst erlebt haben. Wir leben in einer Welt, in der der Alltag von Schnelllebigkeit, unterschiedlichsten Herausforderungen und, daraus resultierend, häufig Stress geprägt ist. Ob soziale Medien, wachsender technologischer Fortschritt, steigende berufliche Anforderungen oder das persönliche Bedürfnis nach Selbstoptimierung und Selbstentfaltung in einer Zeit scheinbar endloser Möglichkeiten – die Ursachen für unseren Konzentrationsverlust sind vielfältig.
Diese Vielfältigkeit habe ich in „Syncope“ aufgegriffen und in Form von metaphorisch-symbolischen, inszenierten Fotografien interpretiert. Wie bei all meinen Fotoprojekten beginne ich dabei mit einer langen Phase konzeptioneller Vorarbeit, bei der ich unterschiedliche Ideen notiere und diese Stück für Stück dezidiert ausarbeite. Neben der eigentlichen „Story“ gehört dazu auch die Suche nach geeigneten Aufnahmeorten, meinen Modellen und das Vorbereiten von Requisiten für das finale Setdesign.
Obwohl ich grundsätzlich wenig dem Zufall überlasse, kommt es doch auch immer wieder vor, dass ich Orte entdecke, die mich unmittelbar inspirieren, sodass das Motiv bereits an Ort und Stelle in meinem Kopf entsteht.
Aus bekannten Orten werden magisch-realistische Szenerien
Bei „Syncope“ arbeitete ich vor allem mit gewöhnlichen Orten, die anschließend in außergewöhnliche oder magische Schauplätze verwandelt wurden. Dazu zählen Orte, die wir alle kennen, wie beispielsweise eine Küche, ein Badezimmer oder ein Dachboden. Orte, und vor allem Räume, sind ein elementarer Bestandteil meiner kreativen Arbeit und meiner narrativen Herangehensweise.
Sobald ein Ort einmal gefunden wurde, dient er im wahrsten Sinne als Bühne für meine Protagonist*innen, die einen individuellen, aber gleichzeitig universellen Moment und die damit einhergehenden Gefühle wiedergeben.
Nach dem Gestalten bzw. Verwandeln der Szenerie nehme ich mir viel Zeit für das bildliche Komponieren und Beleuchten des Sets. Die Lichtsetzung unterstützt dabei nicht nur die Atmosphäre der Situation, sondern dient außerdem als wichtiges erzählerisches Element. Häufig arbeite ich dazu mit mehreren Systemblitzen, da diese vielseitig einsetzbar und gleichzeitig ideal bei der Arbeit in kleinen Räumen sind.
Das letzte Motiv der Serie – „Cards“ – war bezüglich der Vorbereitung sicherlich das aufwändigste (und auch nervenaufreibendste) Set. Für einen Blick hinter die Kulissen habe ich den Setbau hier dokumentiert:
Mehr Informationen zu meinen inszenierten Fotoprojekten sowie meinem Arbeitsprozess teile ich auf meiner Webseite sowie auf Instagram.