Die Idee hinter meiner „bunten Serie“ entstand ironischerweise nicht aus einem besonders schönen Anlass. Sie wurde aus dem typischen Mobbing und einer Grausamkeit geboren, die nur das Internet zu bieten hat. 2014 wurde ich wegen unbefugten Betretens verhaftet. Etwas, das ich für meine Fotos, die an verlassenen Orten aufgenommen wurden, öfter getan habe. Und irgendwie gelangte meine Geschichte in die nationalen und internationalen Nachrichten. Ich bekam Angst, weil ich als eindeutiges Beispiel herangezogen wurde.
Die Fotocommunity in meinem Umfeld war sehr boshaft sowie unprofessionell und ich wurde schnell Opfer von Mobbing und Belästigung. Ich war geschockt über all die Menschen, die ich nie gesehen habe und die nun schreckliche Kommentare über mich und meine Arbeiten in allen möglichen Foren hinterließen. „Sie braucht einen ordentlichen Dämpfer“, „sie ist so eine Schlampe“, „sie sollten sie direkt im Gefängnis behalten“, „ihre Fotos sind scheiße“ und so weiter. Der Kommentar, der mich am meisten traf, war: „Vielleicht wird sie jetzt endlich aufhören, Fotos zu machen.“
Zum Glück ist es meine Art, mit schrecklichen Erlebnissen und Situationen so umzugehen, dass sie mich nur weiter anfeuern, noch weiter zu gehen. Die Leute wollten, dass ich aufhöre, zu fotografieren? Sie dachten, ich sei jetzt am Ende? Nein! Ich musste einige Monate auf meinen Gerichtstermin warten, aber ich wollte den Menschen beweisen, dass ich nicht einfach aufgebe, nur weil etwas schlecht gelaufen ist. Das wäre doch lächerlich!
Ich begann, einen kleinen steinigen Raum in meinem Keller fieberhaft zu reinigen, um dort einige Selbstportraits zu machen, um diese zu veröffentlichen und den Leuten zu zeigen, dass ich noch lange nicht aus dem Spiel bin. Ich begann, Antiquitäten zu sammeln und ein Jahr später hatte ich auch genug Geld zusammen, um einen befreundeten Zimmermann zu beauftragen, mir eine große Holzkiste zu bauen, die etwa 2 mal 2 Meter groß ist.
Das Leben ging weiter und ich musste alles für ein paar Monate liegen lassen. Im April 2016 meinte meine Mutter, ich solle den Fernseher endlich loswerden, der in über den Winter in der Auffahrt lag und ein Schandfleck sei. Der Fernseher war aus den späten 80er Jahren und in meinen Augen eine Vintage-Schönheit – aber er passte nicht zur Ästhetik der Projekte, die ich im Sinn hatte. Ich hatte ihn geschenkt bekommen und aus irgendeinem Grund war ich entschlossen, ihn auf irgendeine Weise für ein Foto zu zerstören.
Eine Weile überlegte ich, ihn in den Wald zu bringen, um ihn zu verbrennen, aber dann war ich mir sicher, dass so etwas schon einige Male getan wurde. Nun stand ich also in meinem Hinterhof und starrte auf den alten Fernseher. Dabei bemerkte ich eine alte Spraydose im Hintergrund. (Ja, mein Hinterhof ist ein Chaos, wegen all meiner Spielereien.) Es war eine blaue Spraydose und ich überlegte, ob es nicht schön wäre, wenn ich ihn komplett blau färbe. Aber dann? Ästhetisch wäre es seltsam und würde auch nicht zu den anderen Dingen passen. Aber was wäre, wenn ich einfach alles andere auch blau anmale? Ich meine wirklich alles: die Accessoires, die Möbel, ja sogar den kompletten Raum!
Und so kaufte ich eine Hochleistungslackierpistole und der Rest ist Geschichte. Blau war die erste Farbe, die anderen folgten. Von April bis August 2016 verbrachte ich weit über 1.000 Stunden damit, ganze Räume zu entwerfen, sie anzumalen und sie für mein nächstes Bild wieder zu zerstören. Professionelle Modelle, aber auch Freunde und Familie standen vor meiner Kamera. Im Durchschnitt dauerte es etwa 15 Stunden, eines dieser Zimmer zu erschaffen.
Als das Wetter besser wurde, brauchte ich sicher fünf Duschen am Tag, um all den Schweiß von meiner Arbeit in dem winzigen Zimmer, vom Möbelrücken, Anmalen, Arrangieren und so weiter loszuwerden. Aber als ich dieses ambitionierte Projekt im August 2016 endlich abgeschlossen hatte, war ich unendlich stolz.
Der Text wurde für Euch von Katja Kemnitz aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.