Verletzlich sein und stärker werden
Als ich anfing, zu fotografieren, war es einfach nur ein Medium, um „nette“ Bilder zu machen, aber als ich mich tiefergehend mit der Fotografie beschäftigte, unterschiedliche Stile und Arbeiten anderer studierte, stellte ich erst fest, wie sehr ich all das liebte.
Ich liebte es, die verschiedenen Ausdrucksweisen und Farben zu sehen. Ich konnte mich stundenlang in die Betrachtung von Bildern versenken und mir Geschichten zu dem ausdenken, was ich in ihnen sah – warum also nicht mit eigenen Bildern meine eigenen Geschichten erzählen?
Von diesem Moment ausgehend verfolgte ich einen neuen Ansatz, um meine Bilder zu kreieren. Noch bis heute ist die Fotografie ein Rückzugsort für mich, an dem ich ganz ich selbst sein kann. Wo ich all die Geschichten, die ich mir ausdenke, wahr werden lassen kann, wo ich das Unmögliche möglich werden lassen und meine Innenwelt mit anderen teilen kann.
Während ich die Fotografie für mich entdeckte, verliebte ich mich in die konzeptuelle Fotografie und den außergewöhnlichen Einsatz von Farben und Requisiten, um eindrucksvolle Bilder zu erschaffen und die Fotografie als Medium, um Geschichten zu erzählen. Deshalb beschloss ich, dieses Medium zu nutzen, um meine innere Welt, meine Ideen und die Art, wie ich das Leben sehe, zu teilen.
Mein Ziel ist es, Emotionen zu wecken und mit meinen Fotos Geschichten mit den Betrachter*innen zu teilen. Ich möchte, dass sie träumen, denken und eine ganze Bandbreite von Gefühlen verspüren, während sie meine Bilder ansehen, die mit Empfindungen wie Einsamkeit, Trauer, Hoffnung, Liebe oder Verzweiflung experimentieren und immer auch einen melancholischen oder romantischen Anklang haben.
Die Fotografie ermöglicht es mir, meine Seele zu teilen und den Betrachter*innen mit meinen Botschaften eine angenehme Erfahrung zu bereiten. Ich bin ein im höchsten Maße positiv eingestellter Mensch, was sich oft auch in meinen Arbeiten abzeichnet, wenn die Bilder starke Botschaften zu Themen wie persönliche Entwicklung, Selbstreflexion, Wertschätzung oder das Überwinden von Hürden senden.
Meine Arbeiten sind voller Symbolik, jedes Element meiner Kompositionen hat eine Bedeutung, von den Farben über die Requisiten bis hin zur Körpersprache. Und die Kombination all dieser Einzelteile ergibt schlussendlich das konzeptuelle Bild. Mein Ziel ist es, dass meine Arbeiten als Geschichten gesehen werden, die zu einem einzigen Bild verdichtet sind.
Grundsätzlich fühle ich mich von der Natur und dem Leben selbst inspiriert und versuche immer, meine Ideen mit Hilfe von Farben und Requisiten ganz simpel und geradeheraus auf den Punkt gebracht zu kommunizieren. Ich versuche immer, bei einer ganz klaren Ästhetik zu bleiben, auf unruhige Hintergründe und überflüssige Elemente zu verzichten.
Der Ausgangspunkt für meine Bilder sind meine eigenen Ideen und Erfahrungen. Ich reflektiere gern tiefgehend über das Leben, menschliche Gefühle, meine Träume und wie ich das Leben sehe. Ich versenke mich selbst sehr tief in diese Gedanken und erforsche die dabei aufkeimenden Gefühle.
Oder ich verarbeite auch Beobachtungen meiner eigenen Person, etwa wie ich mit schwierigen Situationen umgehe. Manchmal fühlen sich unsere eigenen Gefühle, Ideen und Erfahrungen seltsam oder gar fremd an, sodass wir versuchen, unsere Realität von ihnen abzuspalten.
Von diesen Gedanken und Gefühlen ausgehend entstehen Ideen, die ich aufschreibe, zusammen mit all den Bildern, die dieses Gefühl in mir heraufbeschwören. In einem Skizzenbuch mache ich kleine Zeichnungen davon, wie das Bild am Ende aussehen soll, dazu mache ich mir Notizen zu den Farben, zur angestrebten Bedeutung und zum geplanten Titel. Erst dann bin ich bereit, tatsächlich Aufnahmen zu machen.
Wenn ich draußen fotografieren möchte, muss ich erst einmal einen passenden Ort suchen. Ich muss mir auch darüber klar werden, wie viel des Bildes erst in der Nachbearbeitung entstehen wird, um mein Ziel zu erreichen. Ich versuche immer, so viel wie möglich bei der Aufnahme selbst schon zu realisieren.
Nach dem Fotografieren und Nachbearbeiten folgt mein liebster Moment – der, in dem ich endlich meine Idee realisiert außerhalb meiner eigenen Vorstellung sehen und sie mit der Welt teilen kann.
Farben sind in meinen Arbeiten ein sehr wichtiges Element, weil sie mir dabei helfen, ein bestimmtes Gefühl zu erzeugen oder eine Empfindung zu vermitteln. Ich bin eine sehr empfindliche Person und in der Lage, mich sozusagen mit allem, was in meiner Umgebung passiert, zu synchronisieren. Farben gehören zu den Dingen, auf die ich besonders empfindlich reagiere.
Das Gleichgewicht zwischen kühlen und warmen Farben oder stimulierenden und beruhigenden Farben mag ich sehr. Für mich ist rot immer ein Fokuspunkt, zu dem es den Blick zieht; rot ist eine aufregende Farbe, voller Energie und Kraft, während etwa Blau- und Grüntöne den Augen einen Punkt zum Ausruhen bieten. Die verwendete Farbpalette hat viel Einfluss auf das fertige Bild, nur mit den Farben allein können wir verschiedenen Elementen schon unterschiedliche Bedeutungen geben oder Stimmungen erzeugen.
Daher wähle ich die Farben, die ich verwende, mit großem Bedacht darauf, welche Gefühle sie bei den Betrachter*innen auslösen werden. Ebenso beziehe ich die Komposition und den Freiraum mit in meine Überlegungen ein, da die Kombination aus all diesen Teilen zusammen ganz unterschiedliche Emotionen auslöst.
In anderen Formen der Kunst wie Malerei, Film oder Literatur finde ich ebenfalls Inspiration. Ich liebe alle Formen der Kunst und ich liebe es auch, neue Künstler*innen zu entdecken, sei es bei den Klassikern oder im zeitgenössischen Bereich. Es sind auf jeden Fall zu viele, um alle aufzuzählen, aber ein paar meiner Lieblingskünstler*innen möchte ich nennen und was ich an ihnen liebe:
Agatha Christie ist mit Abstand meine Lieblingsschriftstellerin, ich liebe all ihre Bücher. Ich liebe es, wie sie alles beschreibt und kann vor meinem inneren Auge klar jede einzelne Szene sehen. Mein Lieblingsmaler ist Zdzisław Beksiński, ich kann mich stundenlang in der Betrachtung seiner verstörenden, aber doch so schönen Bilder versenken, die unzählige Geschichten in meiner Vorstellungskraft auslösen.
Wenn es um die fotografische Zunft geht, mag ich besonders die Klassiker, wie etwa Gregory Crewdson mit seinen sich unglaublich cineastisch anfühlenden und sehr detaillierten Geschichten; ich liebe allerdings auch zeitgenössische Fotokünstlerinnen wie Flora Borsi oder Brooke Shaden. Beide sind Autodidaktinnen und beide haben für sich sehr eigenständige und unverwechselbare Stile herausgearbeitet, die sie zu tollen Beispielen für alle (angehenden) Künstler*innen machen.
Man muss an sich selbst glauben und daran, dass man seine Träume auch erreichen kann. Danach muss man einfach üben, üben, üben. Man darf nicht aufhören zu lernen und neue Wege zu erforschen, um Geschichten zu erzählen und Ideen zu transportieren. Man sollte neuen Herausforderungen immer mit einer positiven Einstellung gegenübertreten und keine Angst davor haben, den eigenen Wohlfühlbereich zu verlassen.
Ich kann mir kein Leben ohne Kunst vorstellen – ich genieße Kunst in jeder möglichen Ausdrucksform. Für mich ist Kunst Freiheit, es ist der Ort, an dem ich ohne jegliche Schranken ganz ich selbst sein kann. Wo ich verletzlich sein und gleichzeitig stärker werden kann. Kunst ist eine universelle Sprache, eine Sprache der Seele.
Dieser Artikel wurde für Euch von Aileen Wessely aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.