19. Juni 2019 Lesezeit: ~9 Minuten

Vom Wellenreiten, Reisen und Fotografieren

Das Wetter ist fantastisch und wer träumt bei diesen Temperaturen nicht davon, an den Strand zu fahren? Sonne, Meer und die Kamera gehören für Lars Jacobsen zum Arbeitsalltag. Er fotografiert Surfer auf der ganzen Welt. Für uns hat er sich die Zeit genommen, uns einige Fragen zu seinem spannenden Job zu beantworten.

Du hast buchstäblich Dein Hobby zum Beruf gemacht. Wie schafft man das – und würdest Du es weiterempfehlen?

Ich hatte damals einfach sehr viel Glück. Ich habe zur richtigen Zeit die richtigen Leute kennengelernt, die mir damals ein Schulpraktikum beim Magazin SURFERS ermöglicht haben. Alles, was ich damals wollte, war Wellenreiten, Reisen und Fotografieren.

Als ich dann den Praktikumsplatz angeboten bekam, war das wie ein Sechser im Lotto. Ich konnte all das, was ich liebte, mit der Arbeit als Redakteur und Fotograf kombinieren: Ich wurde nach meinem Schulabschluss von der Redaktion übernommen und zu den schönsten Plätzen unserer Erde geschickt, um darüber zu schreiben und Fotos zu machen. Besser hätte es nicht laufen können.

Und ob ich es empfehlen kann, das Hobby zum Beruf umzumünzen? Auf jeden Fall, denn dann fühlt sich Arbeit selten nach Arbeit an.

Ist die Surffotografie eigentlich eine Männerdomäne?

In den Anfangszeiten der Surffotografie war sie es schon. Ich denke, das hing damit zusammen, dass damals die Frauen-Surfszene wesentlich kleiner war und somit auch viel weniger Frauen die Surfenden fotografierten. Das hat sich aber in den letzten zehn Jahren massiv geändert. Inzwischen sind ähnlich viele Frauen im Wasser zu sehen wie Männer und auch am Strand sieht man immer mehr Frauen hinter der Kamera.

Nur, wenn es darum geht, im Wasser zu fotografieren – da sieht man doch auch heute noch fast ausschließlich Männer mit der Kamera in den Wellen schwimmen. Aber auch das wird sich sicherlich in den kommenden Jahren ändern, denn es gibt ja keinen Grund, warum nicht auch Frauen super Wasserfotografinnen werden könnten.

Surfbretter, Riesenbrecher und Meeresräuber – muss man da nicht ständig auf der Hut sein?

Ja, aber genau das macht ja auch den Reiz aus. Das Thema Meeresräuber ist dabei fast zu vernachlässigen. Zwar gibt es an vielen Surfspots Haie, aber die interessieren sich in der Regel nicht für uns. Da ist die Autofahrt zum Surfspot hundertmal gefährlicher.

Wenn man professionelle Surfer*innen fotografiert, dann kann die „Gefahr“ Surfbrett auch fast ausgeschlossen werden, da die Profis sich und ihr Brett in der Regel so gut unter Kontrolle haben, dass sie einen eigentlich nicht über den Haufen surfen.

Riesenbrecher und die Strömungen im Meer sind die eigentlichen Herausforderungen. Man sollte sehr gut schwimmen können, körperlich fit sein und den Ozean gut kennen, dann ist man auch da auf der sicheren Seite. Leider bin ich selbst kein guter Schwimmer und körperlich auch nicht immer der Fitteste, daher ist die Sache mit den Riesenwellen die größte Hausforderung für mich.

Und was ist rein technisch betrachtet einfach und was schwierig im Vergleich mit anderen Genres?

Solange man vom Strand aus fotografiert, mit Profis arbeitet und die Abläufe im Surfen kennt – sprich, wenn man weiß, wann jemand zum Trick ausholt und ahnen kann, was als nächstes passiert – dann ist es relativ einfach, gute Actionbilder hinzubekommen.

Fotografiert man aber vom Wasser aus, ist das etwas anderes: Man kämpft mit Strömungen und Wellen, versucht, sich dabei am richtigen Ort zu positionieren, um die Surfer*innen möglichst nah an sich vorbeisurfen zu lassen. Wenn sie auf einen zuschießen und die Welle über einem zusammenbricht, hat man nur Millisekunden, um den Fokuspunkt zu treffen.

Man muss sich bereits im Voraus für die richtige Verschlusszeit und Blende entscheiden, hat eventuell Wassertropfen auf dem Glas des Unterwassergehäuses und ähnliche Schwierigkeiten. Da wird es schon einmal hektisch, wenn man dann noch eine schöne Bildkomposition hinbekommen möchte.

Eine weitere Herausforderung der Platz im Camper Van? Auf welche Ausrüstung kannst Du nicht verzichten?

Das stimmt. Geht es per Camper zum Meer, dann dürfen der Neoprenanzug und das Unterwassergehäuse nicht fehlen. Das Tele ist auch immer dabei, falls es mal nicht möglich ist, aus dem Wasser zu fotografieren. Ansonsten viel Sonnencreme und Wasser für den langen Tag am und im Meer. Und um alle Beteiligten nach einem anstrengenden Tag bei Laune zu halten, schaden ein Grill und eine Kühlbox mit ein paar Bier auch nicht.

Was ist der schönste Ort, an den es Dich bislang zum Fotografieren verschlagen hat?

Puh, das ist eine schwierige Frage. Mich haben in den letzten Jahren eher die „Kaltwasser-Destinationen“ gereizt und da steht ganz klar Vancouver Island in Kanada weit oben auf der Liste. Oder Hokkaido in Japan. Letztes Jahr waren wir für unser Magazin WAVES & WOODS auf den Färöer Inseln, um mit Sam Pilgrim, dem früheren Weltmeister im Mountainbiken, biken und surfen zu gehen. Die Inseln sind absolut faszinierend und bieten spektakuläre Hintergründe für Surf- und Bikeaction.

Gibt es eigentlich auch in der Surffotografie besonders geeignete oder ungeeignete Motive?

Ja, auf jeden Fall. Ich persönlich finde Surfbilder meist recht langweilig, wenn man im Hintergrund nur noch Meer und Himmel sieht. Erst, wenn man im Hintergrund beispielsweise spektakuläre Küstenlinien sieht oder irgendetwas Ungewöhnliches im Bild passiert, dann bleibe ich als Betrachter hängen.

Gibt es ein Bild mit einer besonders interessanten Entstehungsgeschichte in Deinem Portfolio?

Ein Bild, das in meinem Instagram-Account zu sehen ist, zeigt ein Portrait der Bergsteigerlegende Reinhold Messner. Das Bild hat natürlich rein gar nichts mit dem Wellenreiten zu tun, mich reizen aber inzwischen immer mehr auch andere Outdoor-Themen.

Zu diesem Portrait kam ich, als ich mit Herrn Messner im Himalaya unterwegs war. Ich war der begleitende Fotograf zu seinem Filmprojekt „Ama Dablam – Der Heilige Berg“. Dieses Bild entstand, als Reinhold und ich abseits der Filmcrew zurück zum Basislager liefen und ich ihn für ein paar Portraits ganz allein für mich hatte.

Mit so einer Legende in so einer beeindruckenden Kulisse arbeiten zu dürfen, ist für mich etwas ganz Besonderes und ich bin sehr dankbar, dass ich so etwas erleben darf. Genau für solche Momente liebe ich meinen Job so sehr!

Was sind Deine Top 5 Geheimtipps fürs Fotografieren im und am Meer?

Kenne das Meer und kenne Dich selbst, bevor Du mit der Kamera in die Wellen schwimmst. Nichts ist gefährlicher als Selbstüberschätzung. Lieber einmal öfter „Nein“ sagen und vom Land aus fotografieren, als in den Wellen unterzugehen.

Wassertropfen auf dem „Lensport“ des Unterwassergehäuses nerven. Jede*r hat da eigene Tricks, wie man die Wassertropfen loswird. Meiner ist etwas eklig, aber er funktioniert: Das Fett, das jede*r hinter den Ohren hat (jede*r, egal wie gut man sich wäscht) reibe ich in regelmäßigen Abständen auf den Port. So perlt das Wasser schnell ab.

Wenn Ihr es mit der Surffotografie ernst meint, dann fotografiert mit wirklich guten Surfer*innen. Man sieht auf dem Foto, ob das Motiv gut surfen kann oder nicht.

Man ist bei der Surffotografie, egal ob im oder am Wasser, den Elementen schutzlos ausgesetzt. Fotografiert Ihr in der prallen Sonne, dann trinkt viel und sorft für guten Sonnenschutz – das ist kein Geheimtipp, aber man kann es wirklich nicht oft genug sagen. Bitte denkt daran, dass viele Sonnencremes die Pest für Korallenriffe sind – achtet beim Kauf auf „meeresfreundliche“ Sonnencremes!

Fotografiert Ihr in Kaltwasserregionen, solltet Ihr lieber ein Paar Socken mehr anziehen, beziehungsweise den dicksten Neoprenanzug rauskramen, den Ihr finden könnt. Da man sich beim Fotografieren an Land meist wenig bewegt und lange auf die nächste Welle warten muss, wird einem schnell kalt. Im Wasser ist es ähnlich und zusätzlich hängt man eben bis zum Hals im eisigen Wasser.

Sollte ich bei der Wasserfotografie mal von einer großen Welle lange unter Wasser gehalten werden, versuche ich, an etwas Schönes zu denken und entspanne mich, so gut es geht. Das klappt nicht immer, aber Panik ist da draußen Dein größter Feind und raubt Dir zusätzlich Sauerstoff.

Vielen Dank für die Tipps und Deine Zeit!

Alle hier gezeigten Bilder von Lars Jacobsen sind auf Photocircle erhältlich.

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