Lost Places: Herkulesbad – Ein Spa in Rumänien
Vor zirka fünf Jahren habe ich das Fotografieren für mich entdeckt. Bis dahin drückte ich auf den Auslöser und ein Bild entstand. Das hatte mir gereicht. Irgendwann bemerkte ich, dass es nicht alles ist, was eine Kamera kann. Die Neugier darauf, bessere Aufnahmen zu machen, stieg. Ich bin Eigenbrötler, gern allein und tue mich schwer damit, Hilfe von anderen anzunehmen.
Die Suche im Netz brachte mir viel grundlegendes, theoretisches Wissen. Für die Praxisversuche suchte ich mir einen passenden Ort. In diesem Fall war es ein alter ungenutzter Güterbahnhof. Dort fand ich nicht nur die Ruhe, um mich mit der Technik zu beschäftigen, sondern es war auch der Anfang einer grundlegenden Faszination. Orte, um die sich niemand mehr kümmert. Orte, die zwar mitten unter uns sind, die aber trotzdem alle in ihrer Alltagshetze kaum wahrnehmen.
Schnell fand ich heraus, dass es eine große Community gibt, die diese Leidenschaft mit mir teilt. Ich bin so nach und nach reingewachsen – in die Fotografie und in die Szene. Irgendwann fand ich im Internet ein paar Bilder von einer verlassenen Therme irgendwo in Rumänien. Die Aufnahmen faszinierten mich. Trotzdem legte ich es gedanklich auf die Seite, denn wann würde ich schon mal nach Rumänien kommen?
2018 wussten meine Frau und ich bezüglich unserer Urlaubsplanung nicht so wirklich, wohin es gehen sollte. Während wir viel diskutierten, lief eine Reportage über Rumänien: Die Traditionen, die Ursprünglichkeit und die atemberaubenden Landschaften. Die Therme kam schlagartig wieder aus der Gedankenschublade.
Wenn nicht jetzt, wann dann? Wir gingen in die Reiseplanung. Die Recherche dauerte nicht lange und ich fand die Therme. „Neptune Bath“ im Herkulesbad, das soll sie sein. Und noch viel erfreulicher: Ich fand den Internetauftritt der jungen Architektin Oana Chirilă und ihrem Team „Herculane Project“. Sie kämpfen für die Reaktivierung der Therme, aber auch dafür, das Herkulesbad wieder als ansprechenden Kurort zurück in den Fokus der Heilungssuchenden zu holen. Ich trat mit ihr in Kontakt und sie freute sich riesig über mein Interesse an ihrem Projekt.
Etwa drei Monate später war es soweit, wir standen vor dem alten Kurbad und warteten auf Oana. Sie reiste für uns extra drei Stunden an und empfing uns herzlich. Sie öffnete uns nicht nur die Türe, sie nahm uns auch mit auf eine Zeitreise. Was wir sahen, begeisterte und schmerzte zugleich. Nur noch wenig ist vom einstigen Stolz des Kurbades übrig. Der Österreichische Kaiser Franz Josef ließ die Therme 1883 erbauen. Er und seine Sissi residierten hier oft und gern.
Nun zieht seit unzähligen Jahren nur noch der Wind durch die langen Gänge. Die bedrückende Stille wird nur unterbrochen vom Aufplatschen der Wassertropfen, die sich ihren Weg durch das marode Dach suchen. Jetzt übernimmt die Natur und noch viel schlimmer: Die Gleichgültigkeit vieler Verantwortlicher gegenüber ihrem kulturellen Erbe.
Die Projektgruppe „Herculane Project“ versucht, gegen eben jenes Desinteresse vorzugehen. Sie sind aktiv auf politischer Ebene, in sozialen Netzwerken und suchen den Dialog natürlich auch vor Ort. Sie kämpfen gegen viele Widerstände und auch gegen die derzeit schwierigen Eigentumsverhältnisse des Objekts.
Es ist bereits ausreichend Geld durch Spenden und Stiftungen zusammengekommen, erste Sicherungsmaßnahmen könnten beginnen. Doch der derzeitige Grundstückseigentümer lässt dies nicht zu. Es berührt mich, zu sehen, wie Oana unbeirrt für ihren Traum kämpft, während Dächer einstürzen und ganze Fassadenteile zu Boden fallen.
Sie bat mich darum, über meinen Besuch zu schreiben. Das Wichtigste wäre die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit. Nur so kann Druck auf Ämter und Verantwortliche ausgeübt werden. Mit diesen Zeilen hoffe ich, das Projekt unterstützen zu können.