Robert Winter, Mitte 60, alleinstehend. Robert kenne ich schon lange. Er wohnt zwei Straßen weiter und ich bin quasi mit ihm aufgewachsen. Dunkel erinnere ich mich an eine Familie, doch das ist lange her. Robert war schon immer alt. Sah ich ihn jemals lachen? Als Kind habe ich jedes Mal gefroren, wenn ich ihm begegnet bin.
Einen Tag lang durfte ich ihn nun fotografisch begleiten. Vom Aufwachen am Morgen bis zum Einschlafen am Abend. Ich bin mit ihm seinen Weg zur Arbeit gegangen, verbrachte viele Stunden mit ihm im Büro. Ich sah ihn diszipliniert und pflichtbewusst. Robert funktioniert – tagaus, tagein.
Träume hat er keine mehr – das ist vielleicht das Beste in seinem Leben. Ich glaube, er hat mich nicht wahrgenommen an diesem Tag. Es schien ihm egal, ob da jemand war oder nicht. Mein Blick durch die Kamera zeigt mir einen isolierten Menschen, der in absolute Starre verfallen ist.
Für mich war das ein sehr wichtiger Tag. Meine Sicht auf Robert ist eine andere geworden. Ich friere nun nicht mehr in seiner Nähe.
Die Idee zu meiner Serie entstand beim Anschauen eines Films, dessen Grundstimmung und Atmosphäre mich dermaßen in ihren Bann zogen, dass ich sogleich beschloss, ebendiese in einem Bild fotografisch umzusetzen. Fast auf einen Schlag kamen mir so viele Bildideen in den Sinn, dass ich sie notieren musste, um sie nicht wieder zu verlieren. Robert Winter war geboren. So entstanden in drei Wochen zwölf Fotos.
Alle Fotos sind Collagen. Bei den Hintergründen handelt es sich um ältere, teils leerstehende Gebäude, die ich in den letzten Jahren fotografiert habe. Teilweise konnte ich sie 1:1 übernehmen, aber meist waren mehr oder weniger aufwändige „Umbaumaßnahmen“ notwendig. In die Person Robert Winter schlüpfte mein Mann Peter.
Die Latexmaske, die er trug, verfremdete ihn nicht nur vollkommen, sie sorgte auch für eine gewisse Künstlichkeit, die von mir durchaus gewollt ist. Handelt es sich doch auch bei der Person Robert Winter um eine Kunstfigur, die etwas überspitzt dargestellt wird.
Erwähnen möchte ich noch, dass ich, selbst wenn mich hier ein Film inspiriert hat, keine einzige Filmszene nachgestellt habe. Mir ging es viel mehr darum, diese besondere Stimmung aufzugreifen und mit meinen Ideen und Mitteln umzusetzen.