Die Visualisierung von Erinnerungen
Luisa Hübner lebt und arbeitet in Wien und erlernte ihr Handwerk an der Schule Friedl Kubelka für künstlerische Fotografie in selbiger Stadt. In ihren Arbeiten beschäftigt sie sich mit dem menschlichen Unterbewussten und versucht, es mit Hilfe ihrer Kamera dingfest zu machen.
Sie bedient sich dabei hauptsächlich der Polaroidfotografie und führt den Betrachter in eine nebulöse Welt aus Erinnerungsfetzen und Traumsequenzen. Ich habe ihr im Folgenden drei Fragen gestellt, um dem Schemenhaften auch im Wort ein wenig näher zu kommen.
Du schreibst auf Deiner Seite über Dich, dass Du Deine Kamera als ein Werkzeug benutzt, um das Unbewusste aus Dir heraustreten zu lassen. Kannst Du das noch etwas näher erläutern?
Das Unterbewusste manifestiert sich in Assoziationen. Jede meiner Arbeiten beginnt mit einem Gedanken oder einer Erinnerung visueller Art, die ich festzuhalten versuche. Nach Sigmund Freud ist das freie, unzensierte Assoziieren das wichtigste Verfahren zur Erforschung des Unterbewussten.
Die bildnerischen Produkte dieses Prozesses, meine Polaroids, vermitteln meist eine unkonkrete Atmosphäre, kontrastieren An- und Abwesenheit. Gewissermaßen ist ein Polaroid auch selbst wie eine Erinnerung.
Wenn Du das Unbewusste durch eine Assoziationskette erfassen kannst, welche Antworten erhältst Du über Dich?
Das Unterbewusste präsentiert sich weniger in konkreten Antworten oder Lösungen. „Kunst ist ein Mittel, sich selbst zu erkennen“, sagte Louise Bourgeois, deren Kunst ich sehr schätze.
In meinen Arbeiten geht es um Vergänglichkeit, um das Fragile. Für mich sind meine Arbeiten eine Möglichkeit, mit dem Thema Mortalität, dem Verschwinden, umzugehen.
Meine Bilder bieten Freiraum für eigene Projektionen des Betrachters. Jeder kann und soll darin eigene Dinge für sich entdecken. Mir ist es wichtig, diese Bedeutungsoffenheit zu wahren.
Deine Arbeit beginnt mit einem Gedanken und einer Erinnerung – wie endet sie? Ich habe gesehen, dass Du auch kleine Bücher gestaltest. Ist das quasi das Ende eines Prozesses?
Was ich an Bildern mag, ist, dass sie als Teil einer Kombination eine vollkommen neue Bedeutung erhalten oder eine andere Atmosphäre vermitteln können. Darum ordne ich meine Polaroids gern in Diptychen an oder bilde längere Sequenzen. Dieser Prozess ist sehr intuitiv.
Auf Basis meiner Fotografien kreiere ich häufig Bücher. Weil Bücher eine intime Rezeption ermöglichen, weil ich das Objekthafte mag. Um eigenständig mehr experimentieren zu können, habe ich daher gelernt, wie ich Bücher selbst binden kann. Jeder Aspekt der Buchgestaltung – zum Beispiel die Größe, die Art der Bindung, die Drucktechnik und die Schriftart – muss bewusst entschieden werden und zur Idee des Buches passen. Weil alle meiner Bücher handgemacht sind, belasse ich es bei einer kleinen Auflage.
Ob dies jedoch wirklich das Ende einer fotografischen Arbeit ist, kann ich nicht genau sagen. Ich lasse es offen, später noch weiter mit meinen Bildern zu arbeiten, sie in neuen Sequenzen zu kombinieren oder die Motividee weiterzuentwickeln.
Wer noch eines der handgefertigten Bücher von Luisa haben möchte, sollte schnell sein. Von „Some sort of Error“, einem eher konzeptionellen Buchprojekt, sind noch wenige Kopien vorhanden (Auflage 25 Stück, Preis 35 €). „Interference“ und „nebulae“ sind leider schon vergriffen, aber ersteres ist in Videoform auf ihrer Seite sichtbar. Und ein neues Buchprojekt über ihre Serie „untitled“ ist in Arbeit (geplante Auflage 50 Stück).
Die Bücher können direkt bei Luisa Hübner erworben werden, indem man ihr einfach eine Anfrage per E-Mail schickt. Ein Besuch ihrer Webseite ist im Übrigen auch absolut empfehlenswert!