22. Oktober 2015 Lesezeit: ~6 Minuten

Kleine Fotobücher aus den Straßen von Berlin

Vielleicht kennen einige von Euch dieses Gefühl: Alles ist voll lahm und nichts macht Spaß. Man würde schon gern Fotos machen, aber irgendwie passt nix und man meckert lieber vor sich hin. Ich habe dieses Gefühl bis 2013 öfter verspürt.

Kurz nach einem Italienurlaub flammte dann aber Gott sei Dank ganz plötzlich eine Idee in mir wieder auf, die ich schon vor zig Jahren hatte: Ich mache ein Fotofanzine!

Super Idee, ein Fotofanzine also. Von mir. Dem, der kaum eine Ahnung von Druckvorstufen und PDF und wie das alles heißt hat. Aber egal, dachte ich mir, Fanzine bedeutet ja nicht, dass man ein hochprofessionelles Druckerzeugnis herstellt, geschweige denn Geld damit verdient wird oder ein Verlag immer fetter und fetter wird. Fanzine bedeutet (für mich zumindest) Spaß im Plusminusnullbereich und wenn man dann doch mal 50 oder 100 Euro Miese macht, dann verbucht man es eben unter Hobby.

Manchmal werden meine Fanzines gar nicht so, wie ich sie mir vorgestellt habe, aber auch darüber würde ich nie meckern, denn seit ich mit Fanzines angefangen habe, hat sich mein Bewusstsein für Fotografie grundlegend verändert. So sehr verändert, ich würde sogar so weit gehen und sagen: Fanzines haben mich auf meine ganz persönliche nächste Stufe der Fotografie gehievt. Ich fotografiere nun zwar etwas weniger, setze mich aber schon beim Fotografieren stärker mit Motiven auseinander oder gehe gezielt bestimmten Motiven nach.

Manchmal zottel ich aber auch wie früher einfach los und lasse mich mit der Kamera durch die Stadt treiben. An solchen Tagen fotografiere ich meistens viel mehr. Die Fotos, die an solchen Tagen entstehen, sind meist unbrauchbar, ich probiere dann eher rum und gucke nach Gegenden, die man noch mal besser organisiert besuchen könnte.

Sechs onsew-Minifanzines

onsew

Kommen wir nun endlich mal zu meinen Zines. Zum einen gibt es da mein Fanzine „onsew“, damit fing alles an. Der Titel entstand durch ein blödes Wortspiel: „onsew“ bedeutet so viel wie „on the way“, ausgesprochen „onse w“. Brrrrrr, Humor peinlich bis grausam, aber ich mag das Wort und deswegen bleibt der Titel auch so wie er ist, onsew.

Architektur im Miniformat

Mein Zine onsew baue ich übrigens gerade um! Vom Superwinzig-Format auf DIN A5, etwas höhere Auflage (sonst lasse ich höchstens 50 Stück drucken). Wie das dann am Ende alles aussehen wird, kann ich noch nicht genau sagen, ich probiere gerade viel aus. Fakt ist: Ich muss diesen Schritt gehen, damit onsew sich weiterentwickeln kann.

Häuser und Ereignisse im Miniformat

Acht Ausgaben onsew gibt es bisher, angefangen hat alles mit: onsew #1 – Venedig, ein paar Seitenkanäle, ohne Touristen versteht sich. Was sollen die auch da, da gibt es nix zu sehen. Und ein klassisches venezianisches Wohnhaus.

Wäre jetzt aber auch irgendwie doof von mir, Euch weiter mit Fanzines zu teasern, die gar nicht mehr erhältlich sind, deswegen kommen wir nun mal zu meinem zweiten Fanzine- Projekt:

Drei Ausgaben Wedding Wunderland

Wedding Wunderland

„Wedding Wunderland“ ist wie schon erwähnt mein zweites Fanzine-Projekt. Es ist eine Kooperation zwischen mir und Herrn Ölat.

Wedding Wunderland war eine Idee von meinem Kumpel Ölat. Er schnappt schon seit Jahren Dialoge und Szenen im Stadtbezirk Wedding auf und bringt sie zu Papier. Irgendwann hing Ölat bei mir im Laden rum und schlug mir vor, ob ich nicht für ihn im Wedding Fotos machen könnte. Natürlich konnte ich und PAFF war Wedding Wunderland auch schon geboren.

Bis hierhin hört sich das jetzt bestimmt alles total einfach an, nicht wahr? Ich kann Euch beruhigen: Einfach war es nicht. Fotos für Wedding Wunderland zu erarbeiten, war für mich eine völlig neue und schwierige Situation, ich habe ja vorher nie mit einer anderen Person so etwas durchgezogen. Auf meinen ersten Touren durch den Wedding war ich irgendwie gehemmt, ich möchte fast sagen: Ich hatte Vorurteile bis Angst gegenüber dem Wedding und seinen Bewohnern.

Ein roter Bürgersteig

Aber meine Vorurteile sind längst begraben. Angst? PAH! Keine Spur! Mittlerweile habe ich viele Touren durch den Wedding gemacht, nette Menschen getroffen und den Bezirk so richtig zu schätzen gelernt, so sehr sogar, dass Ölat und ich diesen Herbst in Runde zwei gehen. Ich bin mir sogar sehr sicher, wir werden 2016 in Runde drei gehen, denn der Bezirk hat so viel zu bieten und irgendwer muss das ja alles fotografieren.

Außerdem will ich über einen längeren Zeitraum eine Entwicklung in Wedding Wunderland zeigen. Ich will die Leserschaft von „Das ist Wedding!“ zu „Das ist Wedding?“ bringen.

Um Euch das bildlich darzustellen, habe ich hier mal ein typisches Foto aus dem ersten Wunderland:

Eine Straßenkreuzung

Wedding Wunderland funktioniert übrigens etwas anders als onsew. Es ist etwas größer, es enthält natürlich die Texte von Ölat, die Auflage liegt bei 1.000 Stück und man kann es in mehreren Läden in Berlin kaufen (beide Filialen von Grober Unfug sowie die Buchhandlung Hundt Hammerstein verkaufen es für 4 € pro Ausgabe). Ölat selbst verkauft bzw. verschickt es auch, wenn Ihr so ein Teil unbedingt braucht (würde mich nicht wundern) und nicht in Berlin wohnt, könnt Ihr es bei ihm per E-Mail bestellen.

Ein Späti in Berlin

Wollt Ihr eigentlich wissen, welche Kameras ich verwende? Ich hoffe zumindest, dass Ihr es wissen wollt.

Für onsew verwende ich hauptsächlich eine Sigma DP1X. Die liefert eine tolle Bildqualität und ist sowas von unauffällig, Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie gut das ist, gerade wenn man im Wedding unterwegs ist.

Am Gesundheitsinfopoint

Gelegentlich fotografiere ich aber auch mit einer Fuji x100. Ich glaube über die X100 muss ich hier keine Worte verlieren, oder?

Ganz selten verwende ich eine Konica Dimage Xg mit Riss in der Optik. Mit der Kamera kann man nur gut in einem bestimmten Winkel fotografieren. Das ist lustig bis nervig, je nach Laune. Analoge Kameras verwende ich eher selten, mit einer Kiev 88 trainiere ich zum Beispiel ab und zu meinen Bizeps und mit einer Yashica T3S plane ich gerade ein onsew-Sonderheft.

So, jetzt fühle ich ich richtig leer gequatscht, ich werde mich jetzt mal lieber wieder an meine Fanzines setzen. Ich wünsche Euch alles Gute und denkt immer daran: Wenn Ihr unterwegs seid, seid Ihr auch onsew!

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