18. September 2015 Lesezeit: ~7 Minuten

Die Gyuto-Mönche des Dalai Lama

Die Gyuto-Mönche begleiten Seine Heiligkeit den Dalai Lama am häufigsten, wenn es um den zeremoniellen Teil seiner Lehre geht. Sie sind Teil eines sehr alten Klosters und ihre Traditionen haben sich in den letzten 800 Jahren nicht verändert.

Als die Chinesen Tibet besetzten, waren die Kloster eines ihrer Ziele. Sie töteten 810 der dort lebenden 900 Mönche. Die restlichen 90 flohen zusammen mit dem Dalai Lama über den Himalaya nach Indien, wo sie die letztem 55 Jahre buchstäblich von Hand ihr Kloster wieder aufgebaut haben. Inzwischen leben 550 Mönche in der blühenden Gemeinde.

Das Kloster sendet einmal im Jahr eine Gruppe von Mönchen aus, um nach Australien zu reisen, wo sie lehren und Geld für das Kloster sammeln. Sie sollen dort das Bewusstsein für den tibetischen Buddhismus und seine Praktiken erhöhen. Ich traf sie im Jahr 2008 während eines ihrer zweiwöchigen Workshops in Bondi Beach in Sydney, wo ich lebe.

Ein Mönch liegt auf dem Boden eines Saales

Mönche in roten Roben

Ich denke, was mich gepackt hat, war ihre Authentizität. Es gibt nach dem tibetischen Buddhismus zwei Möglichkeiten, um Erleuchtung zu erlangen. Eine ist durch das akademische Studium, auch als sutrisch bekannt, und die andere ist durch das Handeln, dem Leben der buddhistischen Praktiken, auch als tantrisch bekannt. Diese Mönche sind tantrische Meister und sie verbringen ihren gesamten Tag mit der Ausübung ihres spirituellen Weges.

Sie sind sich immer bewusst darüber, was sie denken, was sie tun und wie sie reagieren. Sie lassen das Geschwätz ihrer Gedanken in ihren Köpfen einfach vorüberziehen. Ihre Kunst, Musik und rituellen Praktiken sind nicht nur eine Anspielung auf die Vergangenheit, sie sind auch Kanäle, um ihre spirituelle Verbindung zu öffnen und zu vertiefen.

Ganz wie der Dalai Lama sind sie kompromisslos in ihrer Lebensart und deswegen schaffen nicht viele die ganze Reise als Mönch. Vielleicht einer von zehn schafft die ganze Strecke. Ich habe mich sehr mit der Wahrheit verbunden gefühlt, die sie leben und ich wollte diese Wahrheit festhalten und den Menschen zeigen, was ich sah oder vielmehr fühlte.

Einem Jungen wird der Kopf geschoren.

Junge Mönche in roten Roben.

Ich wollte nie nur ganz traditionelle Möchbilder machen, die beinahe einfach zu machen sind, wegen des Detailreichtums der Roben, der Kloster und des ikonischen Looks von so vielen rasierten Köpfen in einer einfachen und sehr nackten Szenerie. Mein Ziel war es, die Flüchtigkeit ihrer Tätigkeit festzuhalten, mit Elementen, die angedeutet, aber meistens nicht direkt zu sehen sind.

Seit diesem ersten Treffen im Jahr 2008 besuchten uns die Mönche jedes Mal, wenn sie in Sydney vorbei kamen. Ich fotografierte sie zunächst in meinem Studio, was eine neue Erfahrung für mich war, da ich vorher eher Straßenfotograf gewesen war und es bevorzugte in schnellen sich bewegenden Umgebungen zu arbeiten. Das war das erste Mal, dass ich „offiziell“ das Studio für meine Arbeit nutzte.

Mönche laufen im Kreis um einen anderen Mönch

Für die Mönche, von denen viele sehr schüchtern sind, war es meiner Meinung nach eine interessante Erfahrung in einer formalen Umgebung zu agieren und dirigiert zu werden. Die ersten Bilder, die ich machte, waren sehr aufregend und haben mich darin bestärkt weiterzumachen.

Obwohl das Studio-Setting nicht meine erste fotografische Liebe ist, wollte ich nicht die Gelegenheit verpassen jedes Mal, wenn sie bei uns waren mit den Mönchen zu arbeiten. Viele der ersten Sessions waren experimentell, aber mit dem Fokus darauf, die Mönche zu zeigen, während sie ihre Bräuche ausübten.

Ich machte dann 2009 mit zwei Besuchen in ihrem Kloster weiter, wo ich einen Monat mit allen 550 Möchen lebte, sie kennen- und besser verstehen lernte und fing an, an einem Buch über das Kloster zu arbeiten. Ich kaufte mir meine erste digitale Kamera, um im Kloster damit zu fotografieren.

Im Tempel ist sehr wenig natürliches Licht und ich hatte damit experimentiert Farbfilm von 400 auf 3200 ISO zu pushen, aber es sah schrecklich aus. Also zog ich los und besorgte mir eine digitale Kamera, die viel besser mit wenig Licht umgehen konnte. Schwarzweiß war meine erste Liebe, aber inzwischen arbeite ich auch viel mit Farbe.

Zeremonielle Dinge

Ein Mönch beim Meditieren

Während ich in Sydney in der Bondi Pavilion Gallery 2012 einige der Schwarzweiß-Studioarbeiten ausstellte, die ich bis zu diesem Zeitpunkt gemacht hatte, hatte ich vor meinem inneren Auge schon „tiefrote Bilder mit sich bewegenden Roben“. Die nächste Serie hieß dann „Die Buddha-Roben“.

Das Ziel war es, die Essenz der Ruhe der Möche mit den sich bewegenden Texturen der Roben zu kombinieren. Um das zu erreichen, arbeitete ich wieder mit einer Digitalkamera.

Das Jahr darauf hatte ich dann das Glück, einer der offiziellen Fotografen bei einem Besuch seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama, in Australien zu sein und wie immer waren die Mönche bei dem Besuch stark involviert.

Ich verbrachte während des Besuchs Zeit mit ihnen und konnte beobachten, welch unglaublichen Eindruck der Dalai Lama auf sie hatte und wie sie ihre spirituellen Tätigkeiten in seiner Gegenwart intensiver ausübten.

Ein kleiner Mönch mit einer Pepsi

Mönche beim Spülen

Seitdem hat sich meine Arbeit mit ihnen weiterentwickelt und es fühlt sich so an, als würde sich mir auf viel tieferen Ebenen erschließen, was sie tun. Ich habe noch mehr das Bedürfnis, es in Bildern festzuhalten, weil diese inzwischen viel reicher in ihren Bedeutungen sind als zu der Zeit, als ich damit begann.

Die Mönche sind seitdem ein wesentlicher Bestandteil meines fotografischen und meines persönlichen Lebens geworden. Beide meiner Söhne sind in einem Haus voller Mönche aufgewachsen.

Manchmal wurden wir von ihren Gesängen geweckt und manchmal waren sie einen ganzen Monat bei uns, so dass auch die Gemeinde in unserem Ort von ihnen profitiert.

Immer wenn ich denke, dass es jetzt einfach nichts mehr gibt, was ich noch an ihnen fotografieren könnte, schaffe ich es doch noch auf eine tiefere Ebene und finde etwas noch Abstrakteres, das ich verpasst habe – sei es eine weitere Nuance, ein Ausdruck, eine Botschaft oder wie auch immer man es nennen will. Ich finde immer wieder etwas, das mich berührt und inspiriert und das mich weiter mit ihnen zusammenarbeiten lässt.

Eine Frau in roter Robe liest.

Ein Junge und zwei Mönche auf einer Treppe.

Momentan arbeite ich an einer Ausstellung für das nächste Jahr über ihre Sommerfrische und an einer neuen Studio-Ausstellung, in der er es um Mönche geht, die sich für die Bilder in tiefe Meditation versetzt haben.

Ich hoffe, dass dies ein lebenslanges Projekt wird, da es nun schon so lange zu einem Teil meiner eigenen spirituellen Reise geworden ist. Wenn alle Elemente zusammen kommen – die eigene Arbeit, Leidenschaft und Spiritualität – dann weiß man, dass man an einem besonderen Punkt in seinem Leben angekommen ist.

Der Artikel wurde von Sebastian Baumer für Euch ins Deutsche übersetzt.

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