Notausgang in einem Zoo
31. März 2015 Lesezeit: ~3 Minuten

Wildnis

In einer Zeit, in der der Mensch sein Umfeld so stark verändert wie noch nie zuvor in der Geschichte der Erde, fällt es schwer, einen gemeinsamen Nenner zu finden, wenn es um die Definition der Begriffe „Natur“ und „Wildnis“ geht. Es ist lediglich eine Richtung, in die sich die Definition bewegt, festzustellen. Eine klare, einheitliche Definition des Begriffs „Natur“ ist aber nicht zu finden.

Bambus und Neonleuchten

Das ist vor allem der Ursache geschuldet, dass die Gegenwart von Mischwesen und Zwischenformen geprägt ist und somit den Naturbegriff immer diffuser werden lässt. Vielleicht dient der Naturbegriff auch nur dazu, einen Schleier über Missstände legen zu können. Viel zu oft ist die Rede von der „schönen, wilden Natur“.

Nachbildung einer Wüstenumgebung

Doch diese hätte ohne den Menschen ein gänzlich anderes Erscheinungsbild und ist also auch nur ein Mischwesen aus menschlichem Einwirken und Natur. Man denke hier an Forstgebiete, Weide- und Ackerflächen – Kulturlandschaften und perfekte Hybride. Das Problem hierbei ist nicht nur die Veränderung der Landschaft an sich, sondern die Normalität dieser Kulturlandschaften.

Drei Stufen vor einem BuschPalmenblätter

Längst haben wir uns an das Bild bewirtschafteter Felder und Wiesen gewöhnt und scheinen dabei zu vergessen, dass es sich um künstlich erstellte Flächen handelt. Gleiches gilt auch für den Wald. Die Zeiten der Urwälder, in denen Flora und Fauna vom Menschen unbeeinflusst wachsen und sich ausbreiten konnten, sind vorbei.

Tropengehege in einem Zoo


Der dicht bewachsene Regenwald oder die weitläufige Wüste erlangen ihren Künstlichkeitsstatus dadurch, dass der Mensch diese Bereiche und deren Wert kennt. Er hat sie zu Naturschutzgebieten und Nationalparks erklärt, hat also von diesen Arealen Besitz ergriffen und muss sie nun vor sich selbst schützen.

Wildnis

So ist es auch nicht verwunderlich, dass in der heutigen Zeit oft von der Natur als dem großen Fetisch der Menschheit gesprochen wird. Ein Fetisch ist etwas vom Menschen Geschaffenes, etwas Künstliches. Oftmals ein bestimmter Gegenstand, ein Objekt, dem übernatürliche Eigenschaften zugesprochen werden, der angebetet und verehrt wird.

Weltkarte an einer gemauerten WandWüstengehege mit Vogel

Hier schließt sich der Kreis zur Natur dahingehend, dass sie nichts anderes darstellt als etwas Künstliches. Neben der Abhängigkeit ist es die Faszination, die von ihr ausgeht und die Sehnsucht oder der Wunsch der Menschen nach der unberührten Natur, die verschwunden ist.

In meiner Arbeit „Wildnis“ setze ich mich mit der Thematik des artifiziellen Lebensraums auseinander. Anhand zoologischer Gärten zeige ich auf, wie sich unser Verhältnis zur Natur gewandelt hat.

Arrangierte Äste vor einer gemalden Landschaft

Es stellt sich die Frage, ob die reine Nachempfindung von etwas Natürlichem den gleichen Zweck für den Menschen erfüllt und als gleichbedeutend mit der ursprünglichen Natur angesehen werden kann.


7 Kommentare

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  1. Ich finde es ein spannender Ansatz im Zoo mal nicht die Tiere, sondern deren künstliche Lebensräume zu zeigen. Insbesondere das zweite und das letzte Bild, finde ich in ihrer Einfachheit sehr gelungen. Auch die Gedanken zum Thema „Wildnis“ sind interessant. Die Bilder fesseln mich jedoch stärker, als die theoretische Abhandlung dazu.

  2. Sehr gut gesehen und umgesetzt – ich mag solche zurückhaltenden Ansätze! Sicher, man muss sich Zeit zur Betrachtung nehmen, aber dann erzeugt es vielleicht noch mehr (notwendige) Wehmut als die gängigen Bilder trauriger Tiere in trostlosen Käfigen. Diese Bilder spiegeln unseren eigenen Umgang, unsere Erwartungen und Illusionen sehr schonungslos.

    Interessant vielleicht in diesem Zusammenhang ist die Serie „You are here“ von Sonja Braas (http://www.sonjabraas.com/), die auch das Thema von Zoo-Szenarien aufgreift.

  3. Das Thema finde ich komplex und es hat reichlich Tiefgang. Die Fotos halten für mein Empfinden da nur punktuell mit. Neben der Grundsatzfrage „mehr Details oder mehr Totale“ hätte eine Umsetzung in schwarz-weiß den Gegensatz zwischen Natur und Zivilisation bzw. künstlicher Natur noch stärker hervorgehoben.

  4. ich glaube, es gibt durchaus noch echte Wildnis, nicht nur in entfernten, exotischen und unwirtlichen Regionen. Doch deine Fotos und Gedanken bringen unser Verhältnis zu dieser sehr gut auf den Punkt. Ich fürchte, für viele ist der hiesige Waldboden eher „iihh“ als „aahh“. Wie du richtig erkannt hast, ist der Umstand, dies normal zu finden noch bedenklicher, als die Tatsache selbst.

    Viele, mich eingeschlossen, lernen die Welt von Beginn an nur in dieser Form kennen. Um zu akzeptieren, dass Natur Natur ist und kein Freiluft-Wohnzimmer müssen wir unser Sicherheits- und Bequemlichkeitsdenken ablegen, unseren Drang alles zu jedem Zeitpunkt kontrollieren zu wollen, besiegen. Nationalparks halte ich für einen richtigen Weg, aber er wird noch lang.

  5. Ohne den Text hätte ich mich gefragt, wozu die Bilder gut sein sollen. Auf mich wirken sie wie zufällig entstanden, was vermutlich nicht die Intention des Fotografen war.
    Mit Text verstehe ich zwar den Sinn dahinter, ich finde aber immer noch, dass es den Bildern an Aussagekraft fehlt. (Sonst wäre mir der Sinn ohne Text auch schon klar gewesen.)
    Ich kann auch nicht direkt sagen, was mir an den Bildern fehlt… irgendwie ist für mich zu wenig Kontrast zwischen dem „natürlichen“ und dem „künstlichen“ Teil in den Bildern. Alles scheint gleich wichtig oder unwichtig im Bild zu sein.

  6. Das Foto mit dem toten Ast auf dem roten Sand ist unglaublich gut geworden. Ich finde es transportiert richtig das Gefühl von Savanne und Afrika…

    tolles Foto! :)

    Liebe Grüße
    Dennis

  7. Sehr guter Artikel mit interessantem Denkansatz und gut gemachten Fotos. Man sieht und liest die intensive Auseinandersetzung.