Lost Places: Alte Panzer
Vor einiger Zeit fand ich bei einem Spaziergang mit Freunden alte Panzer an einem Waldrand. Obwohl die Gegend teilweise noch als Truppenübungsplatz genutzt wird, war ich zunächst etwas erschrocken. Diese Ungetüme sind einfach furchteinflößend und niemand verbindet mit ihnen etwas Gutes. Eigentlich ein schönes Bild, wie sie langam zerfallen und von der Natur eingenommen werden.
Durch ihr Gewicht drücken sie sich langsam selbst in die Erde und dem robusten Panzerstahl setzt der Rost sichtlich zu. Um sie herum viel Natur, aber auch Spuren der Militärübungen, wie tiefe Krater und Furchen, in denen sich kleine Biotope gebildet haben.

Fotos: Dariusz Misztal
Drei Panzer finden sich in nächster Nähe, darunter ein M47 Patton und ein M41 Walker Bulldog. Viele von ihnen wurden im Laufe der Zeit mit Graffiti bemalt und Kleinteile entwendet. Bedenkt man die Stahlpreise, ist es eigentlich verwunderlich, dass sie noch da stehen, wobei ihr unglaubliches Gewicht von 23 bis 46 Tonnen sicher ein Grund dafür ist.
Weit im Westen Deutschlands, am Westrand Stolbergs liegt das etwa 226 Hektar große Gelände, das mittlerweile zum Großteil zu einem Naturschutzgebiet wurde. Und so friedlich es zunächst hier wirkt, setzen die Panzer einen beunruhigenden Kontrast.

Titelbild und Fotos: Callaveron
Das Gebiet liegt am Westwall, der von Hitler zwischen 1936 und 1940 gebaut wurde. Ein riesiges Verteidigungssystem aus Stollen, Bunkern und Panzerwehren. Viele Bunker wurden nacht dem Krieg gesprengt, aber auch heute findet man noch viele Bauten aus der Zeit, deren Überreste zum Teil überwuchert und mit Moos bewachsen sind.
Die Panzer selbst haben eine weniger aufregende Geschichte. Sie sind nicht im Krieg liegen geblieben, sondern dienten als Hartziele der Bundeswehr zu Übungszwecken.

Fotos: Stefan Rollar
Der Truppenübungsplatz ist öffentlich zugänglich und Besuchern ist die Nutzung der Wege zum Großteil gestattet, jedoch sollte man vorsichtig sein: Abseits der Wege kann noch immer Munition aus dem Zweiten Weltkrieg liegen. Zudem findet man hier viele Pflanzen und insbesondere Vogelarten, die auf der roten Liste stehen. So brütet der Eisvogel entlang des Bachlaufes und fühlt sich schnell durch freilaufende Hunde gestört.
Das Gebiet mit seinen Wäldern, Auwäldern und der Heide gilt als eines der artenreichsten Gebiete Deutschlands und ist damit sicher nicht nur für Lost-Places-Fotografen interessant.
Falls die Bundeswehr bei ihren Zielübungen Uranmunition verwendet hat, ist es garnicht mal soo gesund sich in der Nähe der Teile aufzuhalten. Ich gehe zwar mal davon aus, dass sie die bei Übungszwecken eher nicht benutzt, aber wissen kann man nie.
Die BW hat keine Uran Munition.
Der KPz Leopard 2 verschießt unter anderem KE-Munition, diese hat in der „scharfen“ Version einen Wolframcarbid Kern.
Scharfe Munition darf von Leopard 2 aufgrund des großen Sicherheitsbereiches in Deutschland jedoch nicht verschossen werden.
Um mit dieser Munition zu schießen, waren in den 90ern die Panzerbesatzungen auf Übungslätzen in Shilo / Kanada und Wales.
Das amerikanische Pendant zur deutschen KE-Munition enthält Uran, das ist richtig. diese kommt im M1 Abrams zum Einsatz. Aber auch diese dürfen in Deutschland nicht scharf schießen.
Es ist übrigens erwiesen, dass die festgefahrenen Spuren der Panzer auf Truppenübungsplätzen manche Pflanzen erst möglich machen.
So wurde in Münsingen Jahre nach Aufgabe des Übungsplatzes vom Naturschutz ein Leopard 2 angefordert um die Spuren zu erneuern.
http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/ueberregional/baden-wuerttemberg_artikel,-Ein-Leopard-faehrt-von-der-kommenden-Woche-an-im-Biosphaerengebiet-Schwaebische-Alb-im-Dienste-des-Na-_arid,114485.html
Patrick, ehem. Kommandant Leopard 2.
Danke für die Aufklärung! Auch sehr interessant das mit dem Naturschutz. Was wird denn zu Übungszecken stattdessen verwendet? „Leere“ Munitionshülsen nur mit Treibladung?
Hallo Philipp,
die Übungsmunition besteht aus reinem Stahl, meines Wissens nach mit einer kleinen Füllung aus Gips (habe nie eine aufgesägt) und im Kegelleitwerk des Geschosses sind kleine Löcher, so dass sich der Luftwiederstand erhöht.
Somit kann man mit der Übungsmunition mit höchster Treffsicherheit Ziele bis maximal 2200 Meter bekämpfen (scharf ca. 3500 Meter), der Sicherheitsbereich reduziert sich auf 22 Kilometer gegenüber 90 km bei der scharfen Munition.
Fantastische Aufnahmen und dazu ein sehr interessanter Beitrag wird uns hier präsentiert.
Herzlichen Glückwunsch, dass Du es geschafft hast diese Fotos zu machen.
Ich bin leider nicht mehr dazu gekommen, die drei Panzer auf unserem Truppi zu fotografieren. Pünktlich als ich 2009 meine erste DSLR in den Händen hielt, waren plötzlich die stählendern Ungetüme von der Bildfläche verschwunden.
Damals natürlich sehr enttäuscht, freue ich mich umso mehr jetzt Deine Aufnahmen betrachten zu dürfen.
Gruß, Andreas
Hallo Andreas,
ich wohne ganz in der Nähe. Die Panzer sind alle noch da. Leider mittlerweile bemalt :( Aber dennoch an den gleichen Stellen wie immer.
Wenn du nochmal in der nähe bist, kannst du mir gerne eine mail schreiben und ich begleite dich dorthin :)
http://nicole-reinke.net/albums/old-tanks/
Vielen lieben Dank für Dein Angebot.
Ich meinte hier aber mit „unserem“ Truppi den in Holzwickede-Hengsen. Hätte ich wohl etwas besser formulieren müssen. Sorry!
Dennoch, Dein Angebot hört sich sehr verlockend an und vielleicht nehme ich Dich dann mal bei Wort.
Danke!
Gruß, Andreas
Eine kurze Anmerkung: Die Fotos sind von verschiedenen Fotografen, aber nicht von mir. Ich stelle nur den Ort vor. Der jeweiligen Fotograf ist unter den Bildern vermerkt.
Die Graffiti erkennt man im Titelbild ganz gut.
2017 waren die noch da. wir haben insgesamt 4 Stück gezählt.
Einer in der Nähe von den Drachenzähnen und 3 im Wald verteilt.
Mir sagen die Aufnahmen von Stefan Rollar sehr zu. Für mein Verständnis erreichen sie die beste Wirkung bzw. vermitteln am besten „das Vergangene“, was durchaus der Bearbeitung geschuldet ist. Bei den Bildern von Dariusz Misztal sagt mir die Farbgebung nicht zu, was allerdings mein persönlicher Geschmack ist. Vom Konzept her finde ich sie allerdings gut.
Callaveron nutzt eine ganz andere Perspektive und schafft hier einen Kontrast zu den anderen beiden Fotografen, weshalb ich das nicht miteinander vergleichen kann. Der abgewandelte Kontext sticht besonders heraus und weckt Emotionen, es fühlt sich nicht rein dokumentarisch an und verfängt automatisch die Gedanken in andere Ebenen. Sowas hinzubekommen ist nicht immer einfach und daher, rein emotional gesehen, mein Favorit.
Generell finde ich es interessant, verschiedene Fotografien und Sichtweisen derselben Motive anzusehen und zu „vergleichen“, wieviele Möglichkeiten sich aus scheinbar banalen Objekten ergeben und wie man das Spiel mit den Gedanken des Betrachters umsetzen kann. Danke also fürs zeigen.
@Redaktion
Ein kleiner, bescheidener Wunsch: lässt es sich vielleicht einrichten, dass Links die im Text gepostet werden als neuer Tab / neue Seite aufgehen und nicht im selben Fenster? Wollte gerade beim Schreiben noch kurz einen Link aus den Kommentaren anschauen und schwups war alles was ich bis dahin geschrieben hatte weg… :/
Hallo Tom, danke für deinen Kommentar. Genau das ist mein Ziel in dieser Artikelserie: Zeigen wie unterschiedlich diese Orte fotografisch festgehalten werden können und vielleicht auch zu inspirieren, selbst einmal einen neuen Stil auszuprobieren und aus der Routine auszubrechen.
Links im Artikel, die auf eine andere Seite führen, werden bei uns immer in einem neuen Fenster geöffnet. Ich gebe deine Idee bzgl. der Links in den Kommentaren an unsere Technik weiter.
„Wie fotografiere ich sowas?“
Alte Panzer im Wald. Das ist mal etwas besonderes. Aber ich überlege, wie ich das umsetzen würde. S/W mit oder ohne Tönung? Dann hätte ich ruckzuck den Stil einer 2. Weltkriegsdokumentation. Dann doch in Farbe? Vielleicht sogar HDR? Schliesslich erobert sich die Natur das Gebiet zurück und die Panzer verrotten. Ist dann nicht zu bunt und zu kitschig?
Ich glaube, mir gefallen die Fotos von Callaveron am besten. Aber für mich ist das Thema gerade da verfehlt – also dieser Gegensatz zwischen Natur und Panzern. Ich finde es schwierig dem Motiv gerecht zu werden und deswegen gefällt es mir gut, dass hier die Sichtweise von verschiedenen Fotografen gezeigt wird. Schöne Sache.
Ein Lost Place ist das für mich aber überhaupt nicht.
Jeder hat seine Interesse, und Themen, das ist Individuelle, die verlassene Objekte sind auch meine Lieblingsthemen, aber Panzer habe ich noch leider nicht gefunden. Tolle Aufnahme.
Sehr coole Location. Schön, dass ihr so viel in Sachen Urban Exploration macht. Abgesehen davon, dass die Geschichten von ganzen verlassenen Orten meistens ziemlich interessant ist, sind solche „Lost Places“ auch meine meist verwendete Fotokulisse. An diesem Ort hier war ich auch schon.
Falls jemand Interesse an weiteren Urban Exploration-Bildern aus dem Ruhrpott hat, sei er / die herzliche eingeladen mal auf http://www.SagtMirNix.net vorbeizuschauen.
Ich habe mich auch mal extra nur für die Panzer auf den Weg gemacht. Meine Ergebnisse kann man hier betrachten.
https://www.facebook.com/DifferentFotografie/photos/pb.159189897614746.-2207520000.1434064906./380374742162926/?type=1&theater
Viele Grüße
Auf jeden Fall eine spannende Diskussion. Ich kann nur hoffen, dass Ihr mehr zu diesem Thema schreibt.
Moin, auf den ‚Spuren meiner (Bundeswehr-) Vergangenheit‘ bin ich auf der Durchreise auf dieses Militärgelände aufmerksam geworden.
Dazu folgende (historische?) Erinnerung:
Als „LAGER BRAND FREUND“ wurde es (u.a. 1969 / 70…) von der HUS II in Aachen im Rahmen der Feldwebelausbildung als Einzelkämpfer-Ausbildungs-Einrichtung genutzt. Es existierten dort Leichtbauhäuser und ein Sanitärgebäude.