Deutschlandreise auf der Bundesstraße 3
Wenn man an einen Road Trip denkt, entstehen im Kopf Bilder von einer Tour im VW Bulli auf endlosen Straßen durch weite Landschaften, von glühenden Sonnenuntergängen und man denkt an die Route 66 oder den Highway One. Nach vielen Reisen über Traumstraßen in Nordamerika, in Japan und in Frankreich wollte ich eine Tour auf Deutschlands Traumstraße, der B3 machen.
Mir ging es darum, zu zeigen, dass ein Road Trip durch Deutschland spannend sein kann. Oft liegen die verborgenen Schätze ja direkt vor der Haustüre und wollen nur gefunden werden. Die Entdeckung der nächsten Umgebung, das Spannende und die Geschichten im Alltag zu sehen, hat mich sehr begeistert.
Die Bundesstraße 3 kenne ich schon lange. Als ich zehn Jahre alt war, zogen meine Eltern mit mir in die Nähe von Hannover. Mein Vater fuhr jeden Tag über die B3 ins Büro. Von Hannover aus fuhr ich später oft über die B3 nach Hamburg, wo ich mich als Fotograf selbstständig gemacht hatte.
Nach meiner Arbeit für Bücher über Traumstraßen in Frankreich und in Italien hatte ich einen anderen Blick auf die Bundesstraße 3 entwickelt und mein Fokus richtete auf das Besondere im Alltäglichen, auf Menschen und ihre Geschichten.
Ich entdeckte an der B3 Schlösser, die Bauhausfabrik in Alfeld, die alten Gasthöfe und verlassenen Tankstellen, die Veränderung der Landschaft im Verlauf der Straße von Nord nach Süd. Zusammen mit Bekannten bin ich in meinem Oldtimer, einem grünen BMW 2002 aus den siebziger Jahren, über zwei Jahre in mehreren Etappen über die B3 gefahren.
Margret, Jörn, Michael, Markus, Josef, Katharina und Wolfgang kannte ich von gemeinsamen Reisen und Reportagen für Magazine. Für unseren Reiseblog haben wir fotografiert und geschrieben, auf Instagram und Facebook gepostet. So gab es unterwegs viel Feedback und Unterstützung, viele Tipps zur Reise und oft auch Einladungen nach Hause auf einen Kaffee. Es war eine großartige Reise. Immer. Für mich ist die B3 die deutsche Route 66.
Es war spannend, durch Deutschland zu fahren und die Heimat zu entdecken. Wem geht es nicht auch so, dass man Orte in Frankreich, Spanien oder Portugal oft besser kennt, als Städte in Deutschland? Eine der großen Entdeckungen auf dieser Reise war für mich die Stadt Marburg, eine sehr schöne Stadt mit vielen Fachwerkhäusern und tollen Menschen.
Der Ausblick von der Burg auf Marburg und das Bier am Abend in einem Gasthaus in der Oberstadt sind Erinnerungen, die bleiben. Welche andere Stadt hat ein beleuchtetes Herz oben auf einem Turm, ein Lichtkunstobjekt, das man über einen Anruf zum Leuchten bringen kann?
Ein anderer besonderer Ort war ein Forsthaus in der Lüneburger Heide. Mitten im Naturpark liegt das verträumte reetgedeckte Haus. Nach freundlicher Begrüßung und einem Abendbrot auf der sommerlichen Terrasse fühlten wir uns ein bisschen wie zuhause bei Mama und doch in einer ganz anderen Welt.
Durchatmen und entschleunigen in der Lüneburger Heide, weniger als eine Stunde im Auto von Hamburg entfernt. Um diese entspannte Ruhe, diese absolute Stille und dabei vielleicht auch sich selbst zu finden, muss man nicht unbedingt zu einem Retreat nach Indien reisen.
Aus meiner norddeutschen Heimat, dem Calenberger Land bei Hannover, kenne ich die B3 in Niedersachsen ganz gut. Bei Pattensen, südlich von Hannover, ist die Bundesstraße eine Allee, wie sie auch in Südfrankreich zu finden sein könnte. Ich wollte die Allee im sommerlich weichen Morgenlicht fotografieren und wäre fast gescheitert.
Kurz nach vier Uhr klingelte der Wecker. Nach zweimal Snooze-Taste drücken bin ich doch aufgestanden und in Richtung der Bundesstraße gefahren. Es war fantastisch, mit frischer Morgenluft den Sonnenaufgang an der B3 bei Pattensen zu erleben. Eines meiner Lieblingsbilder der Bundesstraße 3 ist an diesem Morgen in der Allee entstanden.
Auf der Reise gab es viele besondere Erlebnisse, wie etwa die Übernachtung in dem Hotel in Bad Nauheim, in dem Elvis Presley Ende der 50er Jahre gewohnt hat. Das Kennenlernen einer Fotografin, die Elvis 1958 in Bad Nauheim für ein britisches Magazin fotografiert hat, war sehr inspirierend.
Auf der Reise gab es viele besondere Begegnungen und skurrile Geschichten. Dabei ging es mal um Napoleon an der B3, dann um eine Wette, bei der ein Kaffeehausbesitzer von Marburg nach Kassel entlang der B3 zu Fuß gelaufen ist. Geschichten über Kunst und mit Joseph Beuys und Klaus Staeck und die Documenta, die ja alle fünf Jahre direkt an der B3 stattfindet.
Landschaftlich und kulinarisch herausragend war die letzte Etappe zwischen Freiburg und Basel. Das Markgräflerland mit seinen kleinen Straßen, den „cremigen Kurven“ wie sie der Autor Wolfgang Abel treffend beschreibt, hat mich begeistert. Hier fühlt man den Süden, die Sonne und Wärme. Im Markgräflerland gibt es Weite, Luft und Licht, was zum Fotografieren ein Traum ist.
Aus dem Reiseblog hat sich das Buch „Lockruf des Südens“ entwickelt. 2019 zeigte das BMW-Museum in München in der Sonderausstellung „Traumstraße B3“ von März bis September die Fotografien zur Bundesstraße 3.
In meinem Lieblingsrestaurant und meinem zweiten Wohnzimmer, der Osteria Mugolone in München, konnte ich die Fotos bis Ende letzten Jahres zeigen. Sehr spannend war auch die Realisierung der Ausstellung „Dreamroad B3“ in Tokio. Japaner*innen lieben die deutsche Kultur, Schlösser und Städte, wie Frankfurt und Heidelberg. So entstand das Konzept für eine Ausstellung mit quadratischen Fotografien zur Bundesstraße 3.
Informationen zum Buch
„Lockruf des Südens: Unterwegs auf der Bundesstraße 3“ von Wolfgang Groeger-Meier
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden mit Schutzumschlag
Seiten: 200
Verlag: Corso
Preis: 26,90 €