Leica M9: kein Testbericht einer alten Lady
Wie alles anfing: Als ich mich entschlossen hatte, das Knipsen sein zu lassen und fortan fotografieren zu wollen, ging ich, meinem damaligen Budget entsprechend und den Ratschlägen eines befreundeten Fotografen folgend, auf die Suche nach einer passenden Kamera.
Nach reiflichen Überlegungen und viel Gewühl in Zeitschriften wurde es eine Nikon D60 mit 18 – 55 mm Kit-Objektiv. Bis ich von völliger Ahnungslosigkeit zu einigermaßen vertretbaren Ergebnissen kam, verging einige Zeit und es waren nicht wenige Experimente und noch mehr Zeitschriften nötig.
Ich kannte irgendwann die Funktionen der Kamera, kaufte wie von Sinnen Objektive, Blitz, Funkauslöser und einiges mehr an „nützlichem“ Zeug. Irgendwann war dann die D60 keine befriedigend gute Kamera mehr und ich brauchte dringend eine neue.
Da halfen auch nicht die handwerklichen Fertigkeiten, die ich durch meinen Beruf als Bildbearbeiter einer Werbeagentur besaß. Es war mir zudem peinlich, bei einigermaßen guten Bildern mit einer solch kleinen Knipsbüx herumzurennen und ich brauchte dringend Megapixel, Schärfe usw. – das ganze Programm eben.
Unabhängig von meiner eigenen Fotografie habe ich seit meiner Jugend ein Interesse an Bildern anderer Fotografen gehabt. Ich habe diese sogar aus Zeitschriften ausgerissen und gesammelt, bis ein Umzug eine randvolle Kiste und einige Aktenordner voll verschwinden ließ.
Geblieben ist aber eine Erkenntnis, die ich durch diese Bilder hatte: Die meisten meiner favorisierten Fotografen nutzen eine kleine, eher unscheinbare Kamera, die sich Leica M nannte.
Nachdem mich nun viele weitere Testberichte zunehmend verunsicherten, welche Kamera dieses Mal die meinige wird, tauchten gegenwärtig immer wieder Vergleichstests der Platzhirsche von Nikon und Canon gegen die kürzlich erschienene kleine M9 von Leica auf. Dann hab ich den Preis gesehen, mal herzhaft gelacht und mich wieder den Testberichten gewidmet.
Ich fasse das mal zusammen: Eine Kamera, die keinen Autofokus hat, für die es keine echten Zoomobjektive gibt und die nur eine Automatik hat: Das kann nix taugen. Und dann der Preis – lachhaft. Aber mit solchen Kameras haben die damals die Bilder gemacht, die mich heute noch einfangen und die nicht durch verschwenderische Bildbearbeitung eine glutamatartige Würze aufwiesen. Wie geht das?
Es kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem der erste Frust aufbrannte, mir kein Bild mehr so gelang, wie ich es vor meinem geistigen Auge hatte und ich erschreckend nah dran war, aufzuhören. Meine Frau grinste und sagte, dass es jetzt zwei Möglichkeiten gäbe: Entweder, das ganze Gelump wird schnellstens verkauft, dass es gerade noch etwas abwirft oder ich mach’s mit dem Fotografieren jetzt richtig.
Entscheidungen
Ich hab dann alles verkauft. Naja, alles bis auf den Body der D60 und die Standardlinste mit 18 – 55 mm, f/3,5 – 5,6 ohne Stabilisator und habe mit diesen ersten Paar Kröten begonnen, für die Leica M9 zu sparen. Dass es noch einige Zeit dauern würde, bis ich den Betrag zusammen haben würde, war mir klar.
Mir war aber nicht klar, dass die D60 ein toller wie erstaunlich fähiger Begleiter und die Linse darauf zwar nicht lichtstark, doch im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein ziemlich zuverlässiger und treuer Freund würde. Ohne krampfige Gedanken an die Technik funktionierte es auf einmal wieder mit dem Fotografieren.
An dieser Stelle könnte man sich fragen, warum ich solch eine ausschweifende Einleitung schreibe und wann ich endlich von meinen Erfahrungen mit der M9 berichte. Die ersten Erfahrungen teile ich bereits, denn diese Vorfreude und das Auseinandersetzen mit dem Thema haben mir ein anderes Bewusstsein beschert. Diesen Weg, den ich im Zickzack gegangen bin, gehen viele Fotografen mit vergleichbaren Gedanken, Zweifeln und teils sinnigen, teils unsinnigen Handlungen.
Das beweisen mir die E-Mails mit Fragen nach Kameras, die fast täglich mein Postfach erreichen. Ich möchte mit der Einleitung den oftmals quälenden Zustand beschreiben und eine weitere Erkenntnis mitteilen: Nämlich die, dass eine D60 auch heute noch eine richtig gute Kamera ist und dass so eine Entwicklung dazu beiträgt, die eigenen Bedürfnisse sowie die dazu passende Kamera zu finden.
Ich hatte irgendwann genug Geld zusammen. Inzwischen war die M9P erschienen, die etwas teurere, dafür aber unauffälligere Variante mit weniger Leica-Branding und bruchsicherem Glas. Und es gab da irgendwo im Ruhrgebiet eine Arztfrau, die frustriert über das Geschenk ihres Mannes war.
Eine Kamera, sündhaft teuer, die kein Live-View beherrschte, keinen blitzschnellen Autofokus besaß und ausschaute, als besäße sie jemand seit dem zweiten Weltkrieg. Diesem Umstand und der Vorliebe für zeitlose Designs verdanke ich meine M9P zu einem Preis, der ordentlich unter dem herkömmlichen Ladenpreis war. Die zwei Dutzend Auslösungen der ahnungslosen Dame störten mich nicht.
Der Umgang mit der Kamera
Ich lernte die Kamera anfangs mit einem geliehenen 50-mm-Summicron kennen und experimentierte viel. Es hat keine Woche gedauert, bis ich das manuelle Fokussieren begriffen und ausreichend verinnerlicht hatte, dass ich zügig scharf stellen konnte. Ich war sogar überrascht, dass ich nahezu keine zeitlichen Einbußen im Vergleich zur DSLR hatte.
Die Funktionsvielfalt der DSLR schöpfte ich auf der Straße ohnehin nicht aus und weil die Leica nicht viel mehr als die Grundbedürfnisse des Fotografierens bedient, war ich daher eher erleichtert, mich im aufgeräumten Menü zurechtzufinden und mich um gar nicht so viel kümmern zu müssen.
Mit das Angenehmste, das mir aufgefallen ist, war eine spürbare Entschleunigung beim Fotografieren. Hat man einmal grob die Entfernung eingestellt, muss man keine großen Kapriolen mehr am Fokusring vollführen, wenn man nicht planlos herumhampelt und ständig drastisch die Entfernung zu möglichen Motiven verändert.
Das geschieht sowieso nur dann, wenn man keine wirkliche Idee hat, was man fotografieren möchte und jedem potentiellen Big Picture, das sowieso keines wird, hinterherhechtet. Bei ausreichend Licht kann ich durch die Straßen ziehen und brauche so gut wie gar nicht mehr fokussieren. Beispielsweise stelle ich, wenn ich faul bin, Blende 8 ein und fokussiere hyperfokal, so ist ab etwas mehr als einem Meter Abstand alles scharf und ich kann mich rein auf den Ausschnitt konzentrieren.
So wie die Aufmerksamkeit für die Kameraeinstellungen schwand, so sehr vervielfachte sich die Aufmerksamkeit für die Umgebung. Es war extrem befriedigend, denn ich hatte nun das Gefühl, zu fotografieren, also so richtig zu fotografieren.
Die Kamera bringt einen förmlich dazu, eine Situation intensiver zu lesen, zu antizipieren, was geschieht. Die Komposition des Bildes formal und inhaltlich bekommt einen anderen Stellenwert. Man beginnt zudem, sich mit den Grundlagen der Fotografie zu beschäftigen, beispielsweise die Zusammenhänge von ISO, Blende und Zeit zu verstehen um auch in schwierigeren Situationen gewappnet zu sein.
Am Ende eines Fototages waren dann auf einmal keine 500 Bilder mehr auf der Speicherkarte, sondern nur noch 100, davon „saßen“ aber deutlich mehr als je zuvor. Zudem verziehen die Linsen es einem, wenn man nicht hundertprozentig auf den Punkt fokussierte. Das Bild barg eine nicht eindeutig definierbare Natürlichkeit, die ich von der D60 und auch von anderen digitalen Kameras, die ich mittlerweile in der Firma nutzte, so nicht kannte.
Mit 50 mm war ich mit dem Abstand, den ich persönlich für den richtigen hielt, jedoch zu nah am Geschehen und so schoß ich mir bei eBay ein Summicron 35 mm IV von 1991. Das Glas sah fabrikneu aus, mein Setup war nun perfekt. Mittlerweile gibt es Kameras, die gar keine Geräusche mehr verursachen und noch unauffälliger sind als man es mit der Leica ist, aber ich brauche das Geräusch des Auslösens um zu realisieren, dass ich das Bild tatsächlich auch gemacht habe und genieße es jedes Mal, wenn ich diese urige Mechanik wahrnehme.
Sie ist tatsächlich noch mechanisch und kein Bestandteil eines digitalen Soundsets. Das seit Jahrzehnten marginal veränderte Design der M lädt zudem viele Menschen ein, mit mir darüber zu sprechen, weil eine uralte Kiste von Opa dahinter vermutet wird und ich von Passanten somit als Fotograf wahrgenommen werde. Der unliebsame Paparazzi-Faktor von Fotografen mit riesigen Bodies nebst aufgeschnalltem Kanonenrohr verschwindet spurlos.
Die M9 im Dunkeln
Ich hab mich lange gescheut, Konzerte mit der Leica zu fotografieren. Man sagt, bei ISO 800 sei bei der M9 finito. Das ist Unsinn. Wenn nicht gerade die Sonne zu grell scheint, habe ich meist ISO 800 eingestellt, weil mich das dezente Rauschen an das Korn der Abzüge meiner Vorbilder erinnert. Bei zunehmender Dunkelheit wird das Rauschen zwar stärker und die M9P hält sicher nicht mehr mit den gängigen Nachtsichtgeräten mit, doch gehe ich nicht selten bis zur maximalen ISO von 2500 hoch.
Klar ist auch da irgendwann ein Limit erreicht, aber es bleibt dieses analoge Gefühl in den Bildern und die Ergebnisse sind durchaus gut. Darf’s ein wenig mehr sein? Ja, natürllich, deswegen liebäugle ich mit der Leica M Monochrom, weil ich ohnehin nur schwarzweiß fotografiere. Ich hätte sie mir auch gleich gekauft bzw. das halbe Jahr gewartet, hätte ich gewusst, dass sie erscheint. Aber wie damals mit der Nikon sehe ich, wie gut die M9 2014 samt Linsen trotz ihres für digitale Verhältnisse „hohen Alters“ ist.
Und macht die gute Bilder?
Die M9 ist 2009 am Markt eingeführt worden und stand damals als kleinste vollformatige Systemkamera für überragende Bildqualität. Selbst fünf Jahre später sind die Ergebnisse bei optimalen Bedingungen und richtiger Belichtung wirklich schwer zu schlagen. Fotografiere ich JPGs, so bekomme ich Abbildungen der Umgebung, die meinem Sehempfinden entsprechen und eine Prise leicaesquen Charmes enthalten, von dem man hier und dort hören kann.
Fotografiere ich in RAW, habe ich ein unglaubliches Spektrum an Bearbeitungsmöglichkeiten. Ich erwähnte, dass ich Bildbearbeiter bin. Ich bin es also gewohnt, Bilder unterschiedlichster Kameras zu bekommen und zu bearbeiten. Die RAWs der Leica sind bis auf den einzelnen Pixel „sauber“ und bieten mir sensiblen Spielraum für dezente wie große Anpassungen, wo ich bei RAWs von Canon und Nikon im gleichen Preissegment schon mal Schwierigkeiten bekomme.
An dieser Stelle erinnere ich mich aber an meine alte D60 und daran, dass ich eine Ausstellung mit knackscharfen Abzügen der Größe 80 x 50 cm hatte. Und bevor irgendwelche Linienzähler auf die Barrikaden gehen: Geht in eine Ausstellung irgendeines Magnum-Fotografen und macht mit Eurer 1000-Gigapixel-ISO-5000000-Knipse so fesselnde Bilder wie die Mädels und Jungs, deren Bilder Ihr dort seht. Dann bin ich beeindruckt.
Was ich abschließend sagen möchte
Wer vor der Wahl einer neuen Kamera steht, sollte sich zuerst immer fragen, was fotografiert werden soll. Zum Ausprobieren oder zur fotografischen Selbstfindung ist die Anschaffung teuren Geräts meist Unsinn, selbst, wenn die Leica mir bei meinem Weg geholfen hat. Ich hatte allerdings schon eine ziemlich genaue, wenn auch nicht hinreichend formulierte Idee davon, was ich machen wollte.
Wer nur probiert, sollte sich nichts Größeres holen, wie die Nikon D60, es sei denn, Geld spielt keine Rolle. Aber selbst dann verleitet der Glaube an Megapixel und Co. zu Faulheit und man überlässt der Kamera schnell die eigentliche Arbeit am Bild. Das Ergebnis wird tendenziell enttäuschender sein.
Die Leica M9 ist das, wofür sie entwickelt und gebaut wurde: Ein Fotoapparat. Auf höchstem Niveau entwickelt, dem digitalen Zeitalter angepasst und mit äußerster Präzision hergestellt, überlebt sie eine Kamera-Generation nach der anderen.
Sie bräuchte für die nächsten 50 Jahre vielleicht nicht mehr als ein wenig mehr Lichtempfindlichkeit und etwas schnellere interne Verarbeitung, denn die ist leider noch auf dem Stand von 2009. Ich werde dem System treu bleiben, irgendwann vielleicht um die Monochrom erweitern, denn ich bin ziemlich glücklich und zufrieden mit ihr.
Und wieder kommt mir der Gedanke: Eine Kamera, die keinen Autofokus hat, für die es keine Zoomobjektive gibt und die nur eine Automatik hat? Genau das Richtige für mich!
Danke für den schönen Bericht.
Ich muß zugeben, stellenweise habe ich beim Lesen kopfschüttelnd gedacht „klar, wie immer die Leica Lobgesänge und alles andere ist Müll“. Dieser leicht überheblich abwertende Vergleich ist schon was, was man mit Bedacht lesen und innerlich in Ruhe bewerten muss. Aber das ist eben die persönliche Einstellung des Jeden, nennt man es Stolz auf das eigene Equipment oder Neid auf das eines anderen, oder wie auch immer.
Fakt ist, mMn, dass Leica (ich verallgemeinere mal ab hier, der Übersichtlichkeit halber) nicht mit den großen Namen der üblichen Kandidaten vergleichbar ist. Es ist etwas komplett anderes, allein schon durch die Reduktion aufs Wesentliche und den Hang zur Qualität statt Quantität. Wenn ich sehe was andere große Namen monatlich an neuen, tollen, noch besseren, schnelleren und was nicht noch alles Kameras auf den Markt werfen, wundert es mich, dass nicht schon jeder zweite Bundesbürger mit 3 DSLR um den Hals in den Supermarkt einkaufen geht… Diese Beschleunigung und um-jeden-Preis-ein-Fünkchen-besser-als-die-Konkurenz geht mir schon lange auf den Senkel, insb. im Fotobereich. Ich merke es ständig, als (zufriedener) eos 50d Besitzer (und Nutzer), mit welchen kritischen Blicken und Fragen mein Equipment konfrontiert wird („Wärs nicht mal Zeit für ne neue? Die ist doch schon so alt… Die kann doch nix… Es gibt so viele bessere… Schau mal, meine kann dies und jenes… “ etc). Inzwischen spare ich mir die Mühe, auf sowas zu antworten. Dabei nutze ich selbst eigtl nur die Grundfunktionen, brauche keine tollen Programme, keine Milliardenpixel, 50 Bilder/sek und 120 AF-Punkte usw. An sich wäre sowas wie Leica vollkommen ausreichend – aber eben der Preis.
Worauf ich hinaus will, mMn ist die Leica (z.B.) einfach eine andere Klasse und steht nicht in Konkurenz zu „den anderen“. Wer sich eine Leica zulegt, der weiß warum er es tut (meistens) und geht dementsprechend auch anders mit dem Thema Fotografie um. Das kann man gewiss auf einige wenige hochklassige Produkte anderer Hersteller und deren anwender übertragen. Viele andere sind des Budgets wegen Nutzer von Uber-Kameras, ohne den ganzen Schnickschnack zu „brauchen“ (nice-to-have-modus). Aber die Masse will eben die Alleskönner und solange die Masse will, werden die Hersteller weiter mit Bonbons um sich werfen. Sicher kann man dies nicht verurteilen, so funktioniert der Markt nunmal. Aber hinterfragen tun das die wenigsten.
Insofern kann ich abschließend zu dem Artikel sagen: Äpfel mit Birnen. Aber eine gut beschriebene Erfahrung und vielleicht mal ein Denkanstoß an die Leser „Was _brauche_ ich wirklich?“ und „Ist weniger nicht doch mehr?“
„Geht in eine Ausstellung irgendeines Magnum-Fotografen und macht mit Eurer 1000-Gigapixel-ISO-5000000-Knipse so fesselnde Bilder wie die Mädels und Jungs, deren Bilder Ihr dort seht. Dann bin ich beeindruckt.“
:-)
„Komisch“, teile Deine Aussagen und Ansichten hier zu 100%
Danke für den klasse Bericht!
„Und wieder kommt mir der Gedanke: Eine Kamera, die keinen Autofokus hat, für die es keine Zoomobjektive gibt und die nur eine Automatik hat? Genau das Richtige für mich!“
Die Fotos sprechen für den Fotografen!
Aber: Das kann man aber auch anders verwirklichen. So habe ich neben einer hochauflösenden, aber uralten (schon 3 Jahre ;-) Vollformat DSLR inkl. „ausreichender“ Objektivmenge zwei wunderbare Alternativen. Eine leise Mess-Sucher Minolta mit fest montiertem 2/45 mm Objektiv aus 1958 OHNE jegliche Automatik sowie eine batterielose (!) (feder)motorisierte Halbformat Sucherkamera aus 1964 mit 2,8/28 mm, die bei Bedarf sogar P-Automatik bietet. Die beiden Kameras liefern Hyperfokal, RAW und Korn ganz „gratis“… OK, der Filmscanner war zugegeben schon im Bestand, Filme sind nicht ganz preiswert, aber kameraseitig lag ich unter 100 Euro. Ja, ja, der typische Neider halt, der sich die n x 1K-Euro für eine Leica samt Linse halt nicht leisten kann – äh will!
Ach ja, die Leica. Habe ein zwiespältiges Verhältnis dazu. Irgendwie erinnert mich Leica an Apple. Deutlich teurer als die Konkurrenz, die Ergebnisse sind aber nicht besser, und trotzdem brummt der Laden.
Die M war die Erste, mit der man das, was wir unter klassischer Dokumentation und Reportage verstehen, fotografieren konnte. Sie war klein, portabel und robust im Vergleich zu den damaligen Kameras. Da auf diesem Gebiet quasi konkurrenzlos wurden damit Ikonen der Fotografie geschaffen. Dies schreibe ich aber eher den Fotografen als der Kamera zu.
Dennoch konnte sich über Jahre hinweg ein Mythos aufbauen, auf dem das heutige und erfolgreiche Marketing beruht.
Natürlich ist sie auch ein Statussymbol.
Ein Bekannter von mir hat mehrere Leicas (M und R) und so konnte ich kurz eine M9 ausprobieren. Sie fühlt sich sehr solide und wertig an, aber auch unglaublich schwer. Ich war wirklich sehr überrascht. Sie sieht gar nicht so schwer aus.
Da ich bis dahin nur DSLRs kannte, war ich auch verwundert, dass man für andere Brennweiten Aufstecksucher verwenden musste. Fand ich schon recht umständlich (und teuer).
Für mich, der kein Geld damit verdient, ist eine digitale Leica einfach unsinnig. Ich denke aber schon länger darüber nach mir eine analoge M6 zu kaufen. Bei den analogen Kameras kann ich den hohen Peis nachvollziehen, denn das Aufnahme-Medium (also der Film) ist austauschbar. Kommt ein besserer Film auf den Markt, kann ich den einfach wechseln. So kann ich die Kamera über Jahrzehnte nutzen.
Da Kamerasensoren in der Regel fest verbaut sind, und die Entwicklung auf diesem Gebiet sehr große Fortschritte macht, sind die Preise für eine digitale Leica FÜR MICH einfach viel zu hoch, denn ich weiß, dass ich die Kamera nicht Jahrzehnte lang nutzen werde.
Da weiche ich lieber auf meine „Leica für Arme“ aus (Fuji x100(x) oder X-E(x)). Das Konzept ist ähnlich, die Kameras sind leichter, bieten mehr und sie kosten nur einen Bruchteil. Für den Preis einer M9 (als sie neu war) und einem neuen 35mm-Objektiv bekomme ich locker 6 Fujis. Oder anders gesagt eine x100t (die Aktuelle) und 5 weitere Generationen. Das heißt, ich kann 5 Kameras zerstören (was mir noch nie passiert ist) oder 5 Nachfolgemodelle kaufen bis ich beim Preis einer M9 + Objektiv bin. Daher ist die Robustheit für mich gar nicht so ein Argument und die Bildqualität ist auch nicht 6 mal besser. Und beim fünften Nachfolger einer x100t (sollte es einen solchen geben) wird die BQ sicher besser sein, als die der M9.
Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich kann durchaus verstehen, wenn jemand sagt, dass ihm eine Leica besser liegt. Es lohnt sich aber auch mal über den Tellerrand zu schauen.
Ich kann aber sehr gut die Änderung beim Fotografieren des Autors nachvollziehen. Ich habe das auch nicht für möglich gehalten, aber selbst mit meiner „Leica für Arme“, die einige Automatiken hat, die man nutzen kann aber nicht muss. Grundsätzlich fotografiere ich lieber mit Festbrennweiten, was mich zwar einschränkt, mich aber gleichzeitig auf intuitive Art und Weise dazu bringt über den Aufbau und was ich eigentlich zeigen will, nachzudenken. Der links angebrachte Sucher führt dazu, dass die Kamera mein Gesicht nicht verdeckt (ich schaue mit dem rechten Auge durch). Das mag ich auch sehr gerne.
Im Endeffekt ist es aber immer noch nur ein Werkzeug. Und das teuerste Werkzeug nützt nichts, wenn der, der es nutzt, keine Ideen hat.
Hallo,
guter Bericht dem ich viel abgewinnen kann und in dem ich mich irgendwie wiederfinde. Ich bin letztendlich aber Nikon treu geblieben und habe mittlerweile eine Df (Die auch für genug Kontroversen gesorgt hat). Mit ihr fühl ich mich jedoch wirklich angekommen und entschleunigt, da ich endlich den Workflow meiner Nikon FE oder der F3 blind übernehmen kann.
Grüße
Christian
P.S.: sehr gute Bilder.
Danke Roman für den guten Beitrag.
Erst letzte Woche ist mein dein Interview mit Blende 8 wieder über den Weg gelaufen. :)
Es tut gut zu lesen und zu sehen, dass sehr oft weniger (in Punkto Kameratechnik) mehr ist.
Das beste Werkzeug ist nutzlos, wenn es nur der Statusbefriedigung dient und ansonsten nur wiederwillig benutzt wird.
Wieviele teure Kameras bleiben zu oft ungenutz, weil sie nur aufgrund von Testergebnissen, DXO Mark Charts, Forenhypes etc., aber nicht nach den eigenen Bedürfnissen gekauft wurden?
Meine Bedürfnisse werden zur Zeit voll und ganz von einer Sony A7 und manuellen Festbrennweiten abgedeckt.
Apropo Sony. Man munkelt, dass es im kommenden Jahr eine Alpha monochrom geben soll. ;)
Gruß Peter
Vor viele Jahre stand ich immer staunend vor der Leica Sammlung meines Arztes. Zu jener Zeit konnte ich mir so einen Apparat nicht leisten, habe aber niemals aufgehört von einer Leica M zu träumen. Vor ein paar Jahre habe ich mich bewusst für eine schwarze Leica MP entschieden, ich hätte mir auch eine M9 kaufen können, aber ich habe mich für ein Filmkamera entschieden. Ich liebe das Mechanische, Puristische, denn „das Einfach ist immer das Beste, aber Beste ist nicht immer einfach.“
Besser wie Wim Wenders könnte es man ich sagen.
„Als Junge habe ich die Leica meines Vaters wie ein Heiligtum betrachtet. Ich hatte Herzklopfen als ich sie zum Ersten mal benutzen durfte. Ich habe mit dem kostbaren schwarzen Kästchen mein Auge geschult und meine Hände haben gelernt sich im Dienst von Schärfe, Blende und Belichtungszeit zu stellen.
Auge, Hand und Herz haben gemeinsam einen sieben Sinn dafür entwickelt, wie man die Kamera in Sekundenbruchteile hochhebt, durchschaut und schon auf den Auslöser drückt ohne einen Moment nur über den Bildausschnitt nachzudenken.
Wenn ich heute die neue digitale M in die Hand nehme fühlt sie sich fast so genau an, wie damals. Das selbe exakte Schärfe zielen, selbe intuitive Lichtmessung und wunderbar sanfte Klicken des Verschlusses.
Kurz die selbe präzise Beziehung zwischen soeben Gesehenem da Draußen und dem innern Bild, das jeder Fotografie vorausgeht.
Und obwohl sich in der digitalen Revolution so verdammt viel verflüchtigt hat, von dem was ich als Junge zu lieben gelernt habe und was mir die Fotografie in Fleisch und Blut hat übergehen lassen, hat Leica doch all das in das digitale Zeitalter rüber gerettet, was man sich hätte nur erträumen können.
Ein Kamera als Auge, als Hand und als Herz.“
Toller Bericht Roman!
Ich hab kürzlich ein Interview mit Dir gesehen, wo mir Deine sympathische Sichtweise zur Fotografie auffiel.
Das erste Bild im Bericht, mit der rauchenden Dame (ich glaube Du sagtest im Interview, es sei Deine Mutter – sorry, wenn ich mich irre), hat mich seitdem ich es das erste mal gesehen habe gefesselt! Für mich eines der besten Bilder, welche ich jemals gesehen habe!! Respekt.
Gruß
Sven
Hallo Roman,
schöner Bericht. Der Satz bzw. Vergleich mit der glutamatartigen Würze ist einfach Spitze!
Ich verkaufe eine Canon 6D mit drei Zeiss-Objektiven ;) Gesamtwert dürfte eine Leica ohne Objektiv einbringen ;)
Ich bin aktuell auch gerade so an dem Punkt, dass ich alles loswerden will und eine kleinere, gute Kam wie die M9 oder besser die Monochrom anschaffen will. Ziel ist entschleunigte Schwarzweiß-Fotografie. Vielleicht auch eine XT oder Alpha M, wenn die Gerüchte stimmen :)
Ein sehr guter Bericht und wirklich fantastische Bilder dazu.
Ich finde mich, wie der ein oder andere „Vorredner“ auch schon, sehr in deinem Artikel wieder und habe genau die gleichen Gedanken dazu.
Ich kam auch schon mal in den Genuss mit einer Leica fotografieren zu können und war wirklich begeistert über die Einfachheit. Man macht sich, oder anders gesagt: ich mache mir dank dieser Einfachheit auch wieder mehr Gedanken über das Motiv und „knipse“ nicht einfach wild drauf los wie früher.
Das kann man natürlich auch mit anderen Kameras und man braucht nicht unbedingt eine Leica dafür, jedoch ist es schon seit längerer Zeit ein kleiner Traum, mal selber eine Leica zu besitzen und die M9 wäre, was das angeht, auch mein Favorit.
Vorsatz fürs neue Jahr: sparen, bis es für eine M9 reicht :-) (oder bis ich das Geld für etwas Anderes ausgegeben habe .. :D )
das war ein schöner bericht. mir ging es ähnlich, dass mich die ganzen knöpfe, rädchen und möglichkeiten der digitaltechnik vom fotografieren abhielten. also habe ich heuer im sommer meine f 801s reaktiviert, und streife mit meinem alten 50er 1,8 und 24er 2,8 durch die gegend und freu mich jedesmal wie ein kind auf weihnachten, wenn die filmentwicklung geglückt ist (es kann ja eigentlich nichts schief gehen), und über die körnigkeit der abzüge, die nicht perfekte „glutamatschärfe“ die digital möglich ist und über die gerüche der dunkelkammer.
deine leica wäre die schnittstelle aus der langsamkeit des fotografierens und des status quo der bearbeitung. du hast mich neugierig gemacht :)
Die Erfahrung mit der Leica kann ich nur bestätigen. Es ist eine andere Art der Fotografie.
Ich bedauere die Spiegelreflexfotografen die mit ihren riesigen Teleobjektiven durch die Lande
ziehen und die Kilos schleppen müssen. Man muss die Leicafotografie selbst erfahren haben, um sie zu lieben. Wenig Gewicht, kleine hervorragende Objektive, entspanntes Fotografieren.
Alles was man braucht ist eine M und zwei Objektive. Das Ergebnis wird nach einer Einarbeitungszeit sich in der Bildqualität niederschlagen. Leica ist neben Zeiss einer der besten
Objektivbauer. Fazit zum den Preisen: über den Preis ärgert man sich nur einmal, über schlechte Qualität ständig. Deshalb muss man sich die Fragen beantworten: Kann ich es mir leisten bzw. will ich es mir leisten, dann ist die Richtung klar.
Dankeschön für dein tollen Bericht.
Mir ging es oder ergeht es genausso wie dir. Ich hatte sogar auch ein D60….oder war es 60D…..auf jeden Fall 12 Jahre alt. Irgendwann hatte ich echt keine Lust das ganze gerümpel mitzuschleppen und kaufte mir ein Leica M240 mit 50 mm Summilux. Später hab ich dann ein Summiron 35 mm geholt Mittelweile benuzte ich den 50 mm fast gar nicht mehr.
Einige Bilder sieht man unter :
fidansoy.tumblr.com
https://www.flickr.com/photos/fersanfidansoy/
Gruß
FF
Ich bin dabei so einiges zu überdenken und nun habe ich im Netz schon reichlich von dir gefunden. Es ist schon alles geschrieben. Nur eines noch: Auf der Suche meinen eigenen Weg zu finden bist du mir mit deinen Gedanken sehr hilfreich.
Danke dafür,
Marion
Schöner Erfahrungsbericht. Ich bin auch großer Freund der M9 – trotz all Ihrer Macken. Wenn man sich einmal auf Messsucherkameras eingelassen hat & die Fokussiertechniken beherrscht ist es verhältnismäßig schwer, wieder mit Autofokus zu arbeiten. Auch an die Größe gewöhnt man sich schnell – besonders hilfreich, wenn man eng mit Menschen arbeitet. Es ist einfach weniger Technik zwischen mir & der Person, die ich fotografiere. Wird eigentlich nur von meiner kleinen Contax T3 getoppt, aber das ist wohl eine andere Geschichte…
ein feiner artikel mit gut nachvollziehbaren beobachtungen und schlußfolgerungen daraus.
auch ich als professioneller lichtbildner erkenne mich in so vielem, was hier angedacht und
gesagt wird, wieder.
ich bin von meinen lehrjahren her (1963 bis 1967) freilicherweise noch in analogem schwarzweiß
sozialisiert worden. heutzutage stehen die programmwähler meiner retrodigitalschätzchen allesamt am P, A oder SMART, alle anderen 20+n motivprogramme sind überflüssig.
was auch immer ich dann dennoch in meinen bildern vermisse,
was ich mit dem dritten auge und im sucher gesehen zu habn meine,
erledigt mir DXO, picasa und/oder LightZone.
neuerdings via android noch instagram.
seitdem hat lichtbilden für mich eine feine leichtigkeit.
denn ohne drittes auge ist alle technik: nichts.
mit lieben grüßen,
werner
lange gespart, ewig gezögert, schlussendlich gekauft, kurz gehadert, dann das reine fotografenglück!
ich kann diesen erfahrungsbericht nur bestätigen und allen unentschlossenen entschlossen zurufen: sparen, zögern, kaufen, hadern, glücklich sein.
Ein sehr interessanter Bericht und ich musste Schmunzeln, dass Du zwar mit weniger Bildern nach Hause kommst und dafür auch noch mit weniger Ausschuss. Genau zu dieser Erkenntnis bin ich auch gekommen, als ich immer mal wieder die M8/M9 hatte.
Jetzt bin ich, angespornt durch solche Berichte, auch zu Leica gewechselt. Nun aber endgültig, da ich jetzt auch mein anderes Geraffel verkauft habe.
Einzig, was ich hier noch erwähnt werden sollte, dass die Leica Konstruktionsbedingt einen erweiterten Nahbereich hat (ohne Macro ist bei 70cm Schluss). Hierauf muss man sich einlassen, was aber für mich mittlerweile kein Problem mehr ist. Man muss sich nur von solchen Einschränkungen im Kopf frei machen.
Also insgesamt hat mich diese Beitrag für meine Entscheidung zur Leica M-P bestärkt. Vielen Dank dafür.
BtW, Du hast tolle Bilder hier im Beitrag.
Super Bericht. Die Faszination für Leica Kameras kann ich wirklich nachvollziehen. Noch hat es aber nicht für eine M9 gereicht.
ein klasse bericht, nicht nur schön geschrieben, sondern auch authentisch rübergebracht. ich kann deine erfahrungen mehr als nachvollziehen. bei mir ist es fast gleich, nur dass bei mir anstatt deiner m9 eine 6D ist und von dem ganzen objektivpark (auch hochwertig ichtstarcke zooms) zwei objektive als standart rauskristaliesierten die ich fast nur noch ausschließlich nutze, das 50er 1-2L und das 35 2.0 is usm. ich will damit einfach deine erfahrungen auf die konzentartion des bildaufbaus unterstützen, letzlich ist dies der anfang wie du es beschreibst und geht auch mit einer spiegelkamera,….
momentan und auch schon länger liebäugel ich mit einer leica und der bericht hat mich auch nochmal mehr als betsätigt. da wird es dann ein lichstarckes 35 er und ein 50er werden….
leider reicht das geld hinten udn vorne nicht und meine 6d kann ich wegen der eingestezten hochzeiten bei dem es hat dann doch auf af geschwindigkeit ankommt nicht verkaufen,….. aber kommt zeit kommt leica… irgendwann
Moin Moin
Die M9 ist auch weiterhin im Jahre 2019 eine hervorragende Kamera!
Ich hab sie letztes Jahr – also vier Jahre nach diesem Artikel – gekauft und bin voll zufrieden mit ihr!
Beste Grüße Kai