07. Oktober 2014 Lesezeit: ~5 Minuten

Lisa-Marie Kaspar trifft Jane Eyre

Es war ursprünglich nur eine Semesterarbeit im Fach Fotografie, doch meine Serie „J. E.“ entwickelte sich zu mehr als ich erwartet hätte. Sie war in vieler Hinsicht etwas Neues für mich und das möchte ich gern teilen.

„Fotoroman“ hieß die Aufgabe im zweiten Semester Fotografie. Mir war von Anfang an klar, dass ich das Wort „Roman“ darin wörtlich nehmen und eines meiner Lieblingsbücher irgendwie fotografisch umsetzen wollte.

Aber ich war nach einiger Zeit des Überlegens, welches Buch es nun werden sollte, frustriert. Wie sollte ich das anstellen? Der Gedanke daran, einfach eine 1:1-Wiedergabe des Geschriebenen zu machen, langweilte mich. Ich wollte keine x-te Version von etwas erschaffen, das es so schon als Film gab. Es machte für mich keinen Sinn, ich wollte meine eigene Bildsprache finden.

Aber zuerst musste ich mir über das Buch klar werden, das ich als Vorlage benutzen wollte. Das geschah dann auch relativ schnell, denn ich wusste, dass ich nur bei meinem liebsten Buch über längere Zeit mit Eifer und Spaß arbeiten konnte. „Jane Eyre“ von Charlotte Brontë könnte mich nie langweilen.

Eine Frau steht im Dunkeln und schaut uns an.

Nachdem also der weniger schwierige Teil geschafft war, stand ich wieder vor der Frage der Umsetzung. Schon längere Zeit hatte mich Claudia Wycisks „The Black Series“ inspiriert und dann sponn ich den Faden einfach weiter. Was, wenn die Darsteller alle vor schwarzem Hintergrund agieren? Alles reduziert: Requisiten, Raum, Mimik? Ja, das hörte sich gut an. Doch der Roman lebt von seinen Gefühlen, wie konnte ich das also mit der Reduktion vor allem der Mimik vereinbaren?

Da fiel mir ein, dass die Natur ebenfalls eine große Rolle in der Geschichte spielt, nicht die Hauptrolle, aber sie ist fest mit ihr verbunden.

Langsam begann sich alles in meinem Kopf zu einem klaren Bild zu formen: Meine Darsteller wollte ich in einem einheitlichen Raum fotografieren, nur die nötigsten Requisiten sollten zur Kulisse beitragen. Das Fotostudio in unserer Hochschule war perfekt dafür. Da ich den Roman am Ende als Buch abgeben wollte, überlegte ich mir, Diptychen zu machen: Auf der einen Seite die Szene, auf der anderen Seite ein Naturbild, das die Gefühlslage der Szene verdeutlichen sollte.

Rechts liest Jane Eyre ein Buch.

Als Nächstes musste ich mich um meine Akteure, Kostüme und Requisiten kümmern. Hilfe fand ich bei Freunden, Verwandten, aber auch über Facebook. Die Kostüme waren mir sehr wichtig, es sollte echt aussehen. Und da dachte ich wieder an Claudia Wycisk.

Ich überlegte lange, entschied mich dann aber doch dazu, sie zu fragen, ob sie mir einen Teil ihrer „Black Series“-Kostüme zur Verfügung stellen würde. Als sie zusagte, fiel mir ein großer Stein vom Herzen. Jetzt konnte der nächste Abschnitt beginnen.

Um einen Überblick über alles zu haben, habe ich sogar ein Notizheft geführt, das ich ständig mit mir herumgetragen habe, für den Fall, dass mir neue Ideen einfallen. Darin habe ich neben Rollenverteilungen auch Studioeinstellungen, Checklisten und Skizzen zu den Szenen, die ich fotografieren wollte, festgehalten.

Das war etwas Neues für mich, so genau bin ich vorher noch nie vorgegangen. Auch der Umfang der Serie war ungewohnt, aber ich wollte diesen neuen Weg auf jeden Fall gehen und sehen, was dabei herauskommt.

Ein unglückliches Hochzeitspaar.

Das Fotografieren war für mich am entspanntesten. Ich hatte genaue Bilder im Kopf, so dass nach ein paar Minuten die jeweilige Szene aufgenommen war. Dass ich die Serie schwarzweiß und analog fotografieren wollte, stand für mich schon von Anfang an fest.

Ich fotografiere sonst auch nur auf Film und hier würde es besonders gut passen, fand ich. Es war trotzdem auch eine kleine Herausforderung, da ich mit meiner analogen Kamera vorher erst ein paar Mal im Studio fotografiert hatte.

Zur Sicherheit hatte ich an jedem Tag im Studio eine digitale Kamera als Belichtungsmesser dabei, nur um ganz sicher zu sein, dass die Einstellungen stimmten. Hundert Prozent sicher sein konnte ich mir dennoch nie und ich war immer nervös, wenn ich die Filme entwickelte.

Am Ende war ich schon fast ein bisschen wehmütig, als das Projekt abgeschlossen war. Es hat mir beigebracht, wie wichtig Zusammenarbeit ist, auch wenn man denkt, man schafft alles allein. Für mich war die Serie auch die größte fotografische Herausforderung bisher und ich habe viel dazugelernt.

Mein Dank geht an alle, die mich bei dieser Arbeit tatkräftig unterstützt haben, denn ohne sie alle hätte ich das nie so hinbekommen.

Die komplette Serie „J. E.“ von Lisa Marie Kaspar dürft Ihr in nur wenigen Stunden bei uns im Vollbild bewundern.

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