Eine Frau - evtl. die Fotografin - lehnt sich spiegelbildlich an eine Frau an.
20. September 2014

Finstere Disharmonien

Bedrückend, düster und manchmal muten sie gar traurig an. Die Charakter-Zeichnungen Gina Maragoudakis entziehen sich dem witzig-populären Stil gängiger Straßenfotografie und setzen dem Genre, das gerade eine Mini-Renaissance erlebt, einen wohltuenden Kontrapunkt.

Es kann einem in der Magengegend schon etwas komisch werden, wenn die eklektischen, schwer verdaulichen Fotografien ohne Vorwarnung (jedoch mit dem Beiwort „Straßenfotografie”) serviert werden. Um leichte Kost handelt es sich hier nicht. Dafür ist in den Darstellungen zu viel schwarz und es fehlen gänzlich schillernde Farben, Juxtapositionen oder das Gildensche breite Grinsen angeblitzer Passanten.

Allemal ist das Gesamtwerk der Griechin, die seit 2010 mit der Kamera aktiv ist, keine IKEA-Straßenfotografie, sondern viel mehr Hommage an Tristessen des Alltags, abgebildeten Menschen unweigerlich ins Gesicht geschrieben.

Ein Kind mit Zahnlücke lugt zwischen Brettern hindurch.

Eine Frau vor Blumen.

Ein schick angekleidetes Mädchen, das um den Mund herum verschmiert ist.

Zwei Männer laufen auf ein düsteres Haus zu.

Eine Frau neben einer Büste.

Häuserfassade, düster und mit einem geöffnetem Fenster

Ein Kind, bei dem man ein Auge nicht erkennen kann.

Busfahrerinnen in einem dunklen Bus.

Teilakt mit nicht einzusehendem Hintergrund.

Stellenweise erinnert das Werk an Portraits einer Diane Arbus, die Menschen am Rand der Gesellschaft (Kleinwüchsige, Albinos, Homosexuelle) fotografierte, wobei nicht von der Hand zu weisen ist, dass Gina Maragoudaki eine Bildästhetik (zurückgenommene Farbe, hang zum Skurrilen) innehat, die bei zahlreichen griechischen Straßenfotografen zu finden ist. Bestes Beispiel ist der oft zitierte Charalampos Kydonakis.

Inspiration sei kein Instant-Prozess für sie, meint Maragoudaki. Ein Traum, eine Sehnsucht, ein schmerzhafter Verlust, ein großartiges Buch, ein Gemälde, ein philosophischer Gedanke oder gar eine intensive Liebe. Was immer sie tief bewege, sei das raue Material ihrer Inspiration.

In der lockeren – und schnell zu überlesenden – Aufzählung findet er sich wieder, der düstere Moment: Ein schmerzhafter Verlust kann und wird Auslöser sein, zu fotografieren. Außerdem dachte sie als Kind, die Fotografie sei etwas Magisches – und „ich glaube das immer noch“.

Und wer dafür offen ist, kann diese Magie in den unheimlichen Aufnahmen einer noch – auf die Zeit ihrer Fotopraxis bezogen – sehr jungen Fotografin, die übrigens Teil des Kollektives PUBLiGRAPHY ist, finden.

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