Hör auf Dein Auge!
Die Arbeiten, die ich hier zeige, sind alle in den letzten beiden Jahren entstanden. Es sind Einzelarbeiten und doch passen sie irgendwie zusammen. Mittlerweile. Das liegt daran, dass sehr viel persönliche Denke von mir drin steckt, aber es ist auch ein Prozess von Unsicherheit, Eigenkritik, Lernen und der Löschen-Taste am Rechner.
Ich bin besessen vom nächsten Bild, das ich machen werde und von dem ich hoffe, dass es besser ist. Und – was noch viel wichtiger ist – diese Besessenheit macht mich glücklich. Als ich vor drei Jahren angefangen habe, mit dem iPhone rumzuknipsen, (das waren noch die netten Zeiten auf Instagram) hat mir mein Freund die Bilder von einem berühmten Fotografen gezeigt.
Ich kannte damals noch keinen einzigen. Dieser Fotograf war William Eggleston. Ich sah seine Bilder und habe mir eine richtige Kamera gekauft, erst digital, analog kam später dazu. William Eggleston fotografiert Zimmerdecken, ein Stück Auto, ein Schild und alles in unglaublichen Farben. Er fotografiert das Gewöhnliche ungewöhnlich, mit einem genialen Bildaufbau.
Mittlerweile habe ich fast all seine Fotobücher und ich kann sie wieder und wieder anschauen. Und die Dokumentationen über ihn! Er antwortete einmal in einem Interview mit „That is the most stupidest question I ever heard“. Dafür mag ich ihn auch ziemlich gut leiden. Ich könnte jetzt noch ewig über William Eggleston schreiben, aber ich soll ja über mich etwas sagen.
Der Grund, warum mein Freund mir Eggleston gezeigt hat, ist, dass ich das Alltägliche spannend finde. Landschaften oder Straßenfotografie kann ich nicht. Sieht beides bei mir langweilig aus. Ich glaube, das liegt wiederum daran, dass ich deutsch bin. Ich brauche die Kontrolle. Wenn man ein Bild aber zu sehr kontrolliert, wird’s auch langweilig. Das ist natürlich Geschmacksache, aber ich finde Gurskys „Rhein“ zum Gähnen.
Um jetzt die Brücke von Eggleston zu Gursky zu schlagen: Ich bin immer auf der Suche nach dem Detail, nach der ungewöhnlichen Perspektive, nach etwas, was „hakt“, wo der Blick hängen bleibt oder was man nicht gleich versteht und dann räume ich das Bild auf. Alles kommt weg, was stört oder was zu viel ist, was den Blick ablenken könnte. Bis das, was übrig bleibt, fast abstrakt wirkt.
Ich mag einen „ordentlichen“ Bildaufbau. Obwohl ich jetzt nicht der ordentlichste Mensch bin, mag mein Auge es einfach am liebsten aufgeräumt. Und darauf sollte man hören. Auf sein Auge. Jeder guckt die Dinge anders an, jeder hat einen anderen Geschmack. Ich habe eine Weile gebraucht, um das zu akzeptieren. Dass ich nun mal kein Martin Parr bin und auch keine Nan Goldin. Obwohl ich ihre Bilder toll finde, aber ich bin das eben nicht. Wenn ich in deren Richtung anfangen würde zu fotografieren, wäre das nicht echt, weil es nicht mit mir zu tun hat.
Meine Bilder wirken für manche vielleicht etwas verschlossen, aber so bin ich. Ich mag auch keine Titel, ich will nicht eine Geschichte zum Bild erzählen, das Bild soll für sich sprechen. Seit diesem Jahr tut sich was mit meinen Arbeiten, ich soll über meine Fotografie etwas sagen. Das fällt mir einfach schwer, ich liebe den Prozess, aber nicht die Selbstvermarktung.
Auch das hat mit mir zu tun, ich steh nun einmal nicht gern im Rampenlicht und ich fotografiere lieber als zu reden. Aber natürlich habe ich auch ein Ziel, auf das ich hinaus will und das heißt raus aus dem Internet! Ich will ein Foto in der Hand halten, ein Buch anschauen, in eine Galerie gehen.
Das Internet überfordert mich. Es gibt so viele Fotos und über alle geht man klick klick klick. Mein Hirn kann so viele Bilder gar nicht verarbeiten. Und es gibt dank digitalen Kameras auch immer mehr, die fotografieren. Umso wichtiger also, eine eigene Visualität zu entwickeln. Und dann?
Der Zeitraum, über den ich am Anfang gesprochen habe, ist abgeschlossen. Das war sozusagen meine „Kindheit“. Jetzt bin ich „erwachsen“ und arbeite an ersten Projekten, deren Planung mich mehr Zeit kosten wird als die Realisation. Ich bin Teil eines Kollektives, mit zehn anderen Fotografen aus Europa, Russland und Israel.
Und ich arbeite an einem Konzept für ein kleines Fotobuch. Was dabei rum kommt, darüber mache ich mir kaum Gedanken. Ich mache es einfach, weil ich es machen muss, weil es mich glücklich macht. Das ist meine Motivation.