Farben werden durch den physiologischen Prozess des Sehens in Gefühle umgewandelt, in Farbempfindungen. — Wolfarth
„Martin?“ Nichts. „Maaaaaartin!“ Als mich ein Klassenkamerad angestupst hatte, war ich plötzlich da. Die Klassenlehrerin hatte uns gefragt, was unsere Lieblingsfarbe ist. Ich lief rot an, fühlte mich ertappt, denn ich hatte schon wieder nicht aufgepasst.
Meine zittrige Antwort war der Farbe meines peinlich berührten Gesichtes gleich: „Rot.“ Eigentlich war die Frage für mich immer einfach gewesen, denn als Rothaariger hatte ich mich mit der Farbe des Blutes verbündet.
Und das, obwohl meine Haare gar nicht rot waren. Sie waren eher kastanienbraun oder orange, aber so richtig rot natürlich nicht. Rot sagte man nur dazu. Das wusste ich, doch innerlich mochte ich sie alle, die warmen Farben.
Sie waren nicht nur auf meinem Kopf, sondern in Form von Sommersprossen auf meiner Haut. Die übrigens auch des Öfteren rot wurde — das Wort „Sonnenbrand“ sollte an dieser Stelle reichen.
Meine Begeisterung für warme Farben hat sich bis heute nicht verändert. Ich liebe den „Fluss der Farben“* von Raghubir Singh, die zahlreichen Braun- und Rottöne in Leiters „Early Color“* und diejenigen, die mir jeden Tag in der Stadt begegnen.
Karlsruhe ist derzeit vollgestopft mit roten Baustellenschildern, gelben Straßenmarkierungen und (Gott sei dank jetzt nicht mehr) oranger CDU-Werbung. Menschen tragen gern ein saftiges Gelb, rote Jacken fallen immer auf und die orange Gießkanne, nun, wer kennt sie nicht?
Die hier gezeigten Aufnahmen bilden übrigens einen guten Kwerschnitt meiner Arbeit der letzten zwölf Monate. Hält man ein Sieb darunter und lässt nur das durch, was warme Farben beinhaltet, bleiben diese übrig. Ich bin schon sehr gespannt auf die kommenden Jahre und wer weiß, vielleicht mache ich ja mal ein Buch daraus.
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