Meine fotografische Reise
Jeder Mensch nimmt die Welt anders wahr und interessiert sich für andere Dinge. Was mich persönlich am Medium der Fotografie so sehr fasziniert, ist die Tatsache, dass alle Fotografen mehr oder weniger mit dem selben Werkzeug arbeiten, aber dabei von Grund auf verschiedene Arbeiten entstehen können.
Sieht man sich den Werdegang verschiedener Fotografen an, so wird einem ganz schnell klar, dass jeder seine ganz eigene, individuelle Reise beschreitet – und das ist meine:
Mein Arbeiten werden oft als dunkel, surreal und komisch beschrieben. Besonders in letzter Zeit frage ich mich oft, wie es dazu kommt, dass so gut wie alle meine Bilder eine zumindest unterschwellige Traurigkeit besitzen. Beantworten konnte ich mir die Frage noch nicht.
Es ist keinesfalls so, dass ich mich hinsetze und mich frage „Was könnte ich heute für ein trauriges Bild machen?“ Viel mehr gibt es da einfach diese Geschichten in mir, die unbedingt den Weg nach draußen finden müssen, um gehört bzw. gesehen zu werden.
Im Folgenden stelle ich Euch einige meiner Bilder chronologisch vor:
Dieses Bild bezeichne ich gern als meine „fotografische Geburt“. Es gab den Startschuss für eine Reihe von interessanten Entwicklungen – einerseits war es der Start eines 52-Wochen-Projektes (das ich später frühzeitig zugunsten eines 365-Tage-Projektes abbrechen sollte, dazu aber später mehr), wodurch ich nun viel öfter fotografierte.
Andererseits versuchte ich ab diesem Zeitpunkt, zu jedem Bild ein Konzept zu entwickeln und kam so meinem Ziel näher, „nicht nur schöne Fotos zu machen“.
Ich erinnere mich sehr gern an diese Zeit zurück, voller Motivation und Inspiration. Dies war auch das erste Bild, das von einer australischen Band als Albumcover verwendet wurde und mir so zeigte, dass ich mich wohl auf dem richtigen Weg befinde.
Auch wenn dieses Bild optisch nicht mehr viel mit meinen heutigen Arbeiten zu tun hat, halte ich es für einen unglaublich wichtigen Punkt in meiner persönlichen Entwicklung. Es war das erste Mal, dass ich über meinen Schatten sprang und mich selbst nackt in der Natur fotografierte.
Ich kann mich noch ganz genau an den Adrenalin-Kick erinnern und wie ich mich plötzlich fühlte, als würde mich nichts mehr zurückhalten. Dadurch, dass ich in dieser Zeit ausschließlich mich selbst als Modell fotografierte, lernte ich, mit dem menschlichen Körper als fotografischem Subjekt umzugehen.
Das vielleicht wichtigste Bild in meinem gesamten Portfolio. „Die Nachricht des Tages“ war das Thema der Klausurarbeit der Aufnahmeprüfung an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz, die ich letztendlich bestand und somit seit Oktober 2012 Grafik-Design und Fotografie studiere.
Mir ist durchaus bewusst, dass unter Künstlern Kunstschulen und Universitäten teilweise sehr negativ bewertet werden, aber für meine persönliche Entwicklung konnte mir nichts Besseres passieren. Endlich war ich unter Leuten, die meine Leidenschaft teilten, aber dennoch komplett anders arbeiten als ich, wodurch spannende, aber auch weniger spannende Diskussionen (Stichwort: Photoshop) praktisch vorprogrammiert waren.
Bis heute eines meiner absoluten Lieblingsbilder, nicht nur, weil es fast alles in einem Bild vereint, was ich liebe: Natur, ein nackter Mensch und die Verbindung dazwischen. Ich erinnere mich auch sehr gern daran zurück, wie mich mein Freund mit Moos und Dreck eindeckte, bis ich endlich zufrieden mit dem Bild war.
Mit diesem Bild brach ich mein 52-Wochen-Projekt zugunsten des berühmten 365-Tage-Projekts ab. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich festgefahren in meinem Stil, die Ideen gingen mir aus und ich wollte unbedingt so schnell wie nur möglich besser werden.
Zwar war mir der enorme Zeitaufwand bewusst, den dieses Projekt mit sich bringt, aber wenn man es selbst nicht zumindest einmal probiert hat, hat man einfach keine realistische Vorstellung davon, wie hart es wirklich ist, jeden Tag ein Bild zu schaffen, mit dem man bestenfalls auch noch zufrieden ist.
Während meines 365-Tage-Projektes entfernte ich mich immer weiter von Selbstportraits und mein Freund trat viel öfter vor die Linse. Dies ist eines der wenigen Selbstportraits zu dieser Zeit.
Es war einerseits eine Befreiung, ungewohnterweise einmal nur hinter der Kamera zu stehen, andererseits gab es doch besonders in der Anfangszeit einige Kommunikationsprobleme. Ich war es einfach nicht gewohnt, jemanden zu fotografieren, der nicht das fertige Bild zu 100 % im Kopf hat.
Mit diesem Bild beendete ich mein nerven- und zeitraubendes Projekt. Dafür gab es mehrere Gründe: Ich habe ganz klar den Stress, den ein Studium mit sich bringt, unterschätzt. Außerdem konnte ich es einfach nicht mehr mit mir selbst vereinbaren, Bilder zu veröffentlichen, mit denen ich nicht zufrieden war und daher auch nicht überzeugt dahinter stehen konnte.
Mit dem Beenden des Projektes fiel ich in eine „fotografische Lethargie“. Plötzlich fehlten mir die Ideen und vor allem immer öfter die Motivation, meine mittlerweile angestaubte Kamera aus dem Schrank zu holen.
Umso sicherer ich mir vorher gewesen war, meinen eigenen Stil bereits gefunden zu haben, umso mehr machte sich jetzt Unsicherheit breit. Ich kaufte mir die verschiedensten analogen Kameras und begann, mit fotografischem Film zu fotografieren.
Anfangs befriedigte mich das auch ganz gut, doch ich merkte immer mehr, dass ich mich zu eingeschränkt fühlte – konnte ich vorher meine Bilder mithilfe der Bildbearbeitung genau so umsetzen, wie ich sie in meinem Kopf hatte, so fehlte mir diese Möglichkeit nun.
Dies soll keineswegs bedeuten, dass man Photoshop oder ähnliche Programme benötigt, um gute Bilder zu machen, es war lediglich in meinem ganz persönlichem Arbeitsprozess der Fall.
Ich experimentierte immer mehr mit der Nacktheit, die ich nun nicht mehr versuchte, durch bestimmte Körperhaltungen oder Requisiten zu verdecken. Ich entschied mich ganz bewusst dazu, sie zu zeigen.
Je mehr ich mit den verschiedensten Dingen experimentierte, desto mehr fiel mir auf, dass meine Bilder zwar optisch ansprechend waren, jedoch immer mehr an Inhalt, der mir immer so immens wichtig war, verloren ging. Einmal mehr stand also fest: Etwas musste sich ändern.
Daher orientierte ich mich wieder mehr an meinen fotografischen Wurzeln und setzte da an, wo ich aufgehört hatte, zufrieden mit meinen Arbeiten zu sein: Vor dem Start meines 365-Tage-Projektes.
Manche mögen dieses Bild vielleicht als Rückschritt sehen, doch für mich bedeutete es eine Rückkehr zu meinen Wurzeln und den Versuch, meine experimentellen Ansätze und die immer genauer werdenden Konzepte in einem Bild zu vereinen.
Natürlich hatten auch mein Studium und die zahlreichen Gespräche mit meinem Fotografieprofessor, den ich sehr schätze, Einfluss auf meine Bilder. Ich begann, noch mehr über meine Bilder nachzudenken, aber auch Strukturen waren mir zu dieser Zeit wichtig. In „Human?“ versuchte ich, einen Menschen darzustellen, der jedoch als Teil der Natur funktioniert.
„The heavy weight“ ist bis heute mein ungeschlagenes Lieblingsbild. Das erste Mal seit meinen Anfängen war ich wieder richtig zufrieden und auch das Gefühl, endlich (wieder) einen eigenen Stil gefunden zu haben, bereitet mir immer noch ein warmes Gefühl im Herzen, wenn ich daran zurückdenke.
Das Gefühl, endlich wieder auf dem richtigen Weg zu sein, beflügelte mich regelrecht und so traute ich mich auch an Bilder heran, von denen ich im Vorhinein absolut keine Ahnung hatte, ob sie denn überhaupt möglich wären bzw. ob ich gut genug wäre, sie möglich zu machen.
„Entwined forever“ machte mir eines klar: Das Limit bin ich selbst. Kann ich mir ein Bild vorstellen, so kann ich es auch umsetzen. Vielleicht nicht beim ersten, zweiten oder sogar dritten Mal, aber irgendwann ganz bestimmt! Das mag sich jetzt sehr naiv anhören, aber diese Änderung meiner Einstellung half mir ungemein.
Als ich mit diesem Bild abgeschlossen hatte, war eines für mich klar und zwar, dass es sich um ein misslungenes Experiment handelt.
Erst, nachdem ich mich selbst davon distanzierte und es in einem neuen Licht noch einmal betrachtete, kam ich zu der Erkenntnis, dass es manchmal nur ein bisschen Abstand von seinen eigenen Arbeiten braucht, um sie wirklich schätzen zu lernen.
„A sacrifice“ ist mein aktuellstes Bild und sieht man genauer hin, so fällt einem auf, dass es mein gesamtes Portfolio in einem gewissen Sinn in einem Bild vereint: Der nackte Körper, die dunkle Natur als Hintergrund, die Verschmelzung von Mensch und Natur.
Ich blicke nun also auf meine bisherige Reise als Fotograf zurück und schon drängen sich wieder neue Fragen auf: Hätte ich etwas anders machen, an gewissen Punkten eine Abkürzung nehmen sollen? War das Experimentieren mit Film wirklich nötig oder hätte ich die Zeit lieber nutzen sollen, um meinen alten Stil weiterzuverfolgen?
Natürlich wäre mein Portfolio größer, hätte ich den einen oder anderen Umweg nicht eingeschlagen, doch letztendlich sind auch diese Umwege wichtige Pfade meiner Reise gewesen, ohne die ich jetzt nicht der Mensch wäre, zu dem ich geworden bin.
Ich kann mit Stolz sagen, dass ich jetzt an einem Punkt angekommen bin, an dem ich genau weiß, was mein Ziel ist: Dunkle, surreale und seltsame Bilder zu schaffen, die Menschen zum Denken anregen und mit denen sich vielleicht sogar der eine oder andere identifizieren kann.
In der BeHuman Galerie kann man übrigens seit dem 15. März einige meiner Arbeiten sehen. Wer also zufällig in Texas weilt, ist herzlich willkommen.