27. August 2012 Lesezeit: ~3 Minuten

Herz.eigen

Meine Anfänge, leise, still und weit weg von allen Menschen. Es galt, meine Umgebung zu erkunden, nach einem Umzug war alles neu für mich, mir fehlte das Gefühl von Zuhause. Doch ich fand etwas, das mich bei diesem Umherirren und der Suche begleiten konnte, das für mich die schönen und hässlichen Dinge aufnahm, die ich sah und das Licht aus den Momenten für immer speicherte.

Es war eine Exa 1a, die ich auf einem Flohmarkt in Berlin fand und die mich seither an die analoge Fotografie gebunden hat. Das war vor vier Jahren und von da an wusste ich, dass einen die Welt durch einen Lichtschachtsucher gesehen verzaubern kann, dass man gar nicht mehr wegschauen mag und man so viele Dinge wahrnimmt, beobachtet, an denen man früher, einfach so, vorbeigelaufen wäre.

Dabei ging es mir auch gar nicht darum, die Realität abzubilden, sondern vielmehr einen Weg zu finden, der mich an einen Ort brachte, mir einen Ort zeigte, an dem ich bleiben konnte, wo ich mich wohlfühlte.

Bald schon habe ich dann meine Liebe zum Mittelformat entdeckt und vor allem zu diesem wundervollen dunklen knirschenden Klicken, das ertönt, wenn ich den Auslöser drücke.

Irgendwann begann ich, nicht mehr nur Dinge um mich herum zu fotografieren, sondern den Sucher auf mein Spiegelbild zu richten. Das fiel mir am Anfang sehr schwer, doch nach und nach schwanden die Distanz und das Gefühl von Unsicherheit und ich begann, mit Selbstportraits mein Inneres nach außen zu lassen, träumen in Bildern. Wie viel Gefühl man damit doch transportieren konnte, dachte ich, viel mehr als mit Worten.


„Mein Herz schämt sich vor dir fast seiner tauben Narben.“ – Else Lasker-Schüler

Doch dabei umgeben Worte meine Bilder schon von Anfang an, umhüllen sie beinah. Es sind entweder Liedtexte, die mich sehr berührt oder durch eine wichtige Zeit im Leben begleitet haben oder Gedichte, von Mascha Kaléko oder Erich Fried, aber auch bestimmte Romane, deren Worte einen fesseln.

Ganz egal, wenn mich eine Zeile bis tief ins Innere berührt, genau das widerspiegelt, was ich fühle, dann greife ich zur Kamera. Ich möchte all das umsetzen, festhalten, damit ich es entweder jederzeit wieder aufrufen kann oder um es dort für immer auf Film gebannt zu haben. Und um zu wissen, dass es dort ruhen kann und sich nicht mehr in mir aufwühlt.


into your wild

Meine Bilder sind kleine Geschichten aus meinem Leben, Gefühlsmomente vielleicht, eine unperfekte Welt in schwarzweiße Träume getaucht. Ich liebe es, wenn sie kontrastreich sind, voller Weltschmerz und Hoffnung, die sehr viel von mir und meinem Innersten zeigen.

Sie bieten mir Schutz und Sicherheit und ich weiß, dass ich nie mehr die Kamera aus der Hand legen werde. Ich möchte noch viel Neues entdecken, schöne alte Kameras in den Händen halten, Drucktechniken erlernen und auch andere Menschen vor meiner Kamera haben. Somit wird es immer weiter gehen und meine Anfänge werden wohl nie ein Ende finden.

20 Kommentare

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  1. Ich finde Deine Fotos sehr schön, und sie machen Lust darauf selbst mit so einer Mittelformat loszuziehen und solche Bilder zu machen. Sie haben auch was Träumerisches was mir sehr gefällt. Aber mit Weltschmerz und so, da glaube ich, interpretierst Du wohl selbst etwas zu viel hinein. Ich denke man muss auch nicht immer alles zu Tode interpretieren. Mach einfach tolle Fotos! Das kannst Du ja ;)

  2. Schöne Bilder, der Text sagt mir jetzt auch nicht so ganz zu aber das ist Geschmacksache.
    Ich glaub ich muss doch meine Mittelformat mal reparieren lassen, hab jetzt echt Bock bekommen damit Bilder zu schießen :).

  3. sehr schöne Fotos. Und sehr mutig von dir, damit deine intimsten Gefühle präsentieren zu wollen. Finde es aber schön, dass Fotografie dir die Möglichkeit gibt, dich mit deiner Identität auseinanderzusetzen. Analoge Fotografie fasziniert mich immer wieder. Ich gtespannt, ob ich selbst mal noch diesen Schritt mache ;)
    LG

  4. Sehr gefühlvolle Fotos und auch der Text hat mich neugierig auf mehr von Dir gemacht…

    Die Kombination von Fotos und wenigen Worten, das Tagebuchähnliche daran, das Gefühlvolle, das Geheimnisvolle, das Tiefgehend – ich finde das alles unglaublich faszinierend und inspirierend.

    …und auch mutig. Traue ich mich ähnlich persönliche Veröffentlichungen (noch?) nicht.

    Doreen

  5. Das sind so tolle Bilder, die ersten drei, dass sie sogar das vierte verblassen lassen, obwohl es, für sich betrachtet, sicher ein ähnliches Lob verdiente. Die ersten drei Bilder machen Erinnerungen auf, keine konkreten, nicht an Situationen, sondern an Ideen und an Gefühle, das ist das Tolle an Kunst, man erkennt es erst, wenn es passiert, das tut es hier.

  6. Blogartikel dazu: Wie es Dir geht

  7. Die wenigen Fotos gefallen mir sehr gut. Der Text, er erinnert mich an meine Geschichte. Ich habe nach vielen vielen Jahren wieder eine Kamera in die Hand genommen, es ist wie ein neues Leben, eine Leidenschaft, die Welt durch die Kamera zu sehen .

  8. Sehr schön. Hab schon lange drauf gewartet es lesen zu können. Der Text… der passt so perfekt zu dir, der ist so echt.
    Das mögen andere nicht sehen. aber wenn man dich kennt… Dann ist er genau so wie man erwartet hat. Wie ich erwartet hab. Vielen Dank.

  9. Auch wenn ich den Text etwas theatralisch finde, da ist schon was dran. Eine EXA 1a hatte ich auch mal, und sie hat viele schöne Erinnerungen in Quadratform auf den Rollfilm gebannt. Heute habe ich nur noch ein Praktika-Body in der Vitrine stehen, das 1,8er/50 mm-Objektiv paart sich mit meiner Pentax ganz gut. Ich weiss nicht, ob man sich heutzutage noch analog „antun“ muss, da man digital ja das ganze Spektrum der Filme nachahmen kann, wenn man denn will. Bildfehler wie im dritten Foto sind allerdings nicht so einfach reproduzierbar ( :-) ).
    Wer die Umwelt mit der Kamera erkunden will, ist heute mit einer kleinen Spiegellosen besser dran, als mit einer fetten schweren 6×6-Analogen, die ziemlich auffällt. Ich benutze häufig meine kleine Olympus E-PL1 mit elektronischem Sucher, und werde von vielen manchmal lächelnd (herablassend) angeschaut… Was will der schon mit dem kleinen unscheinbaren Ding anfangen, das auch auch noch etwas nostalgisch wirkt.? Wenn die wüssten… Und 6×6 kann ich auch nach Gusto einstellen. LG aus Berlin Jörg

  10. ich mag deinen Text Rahel, auch wenn er für die meisten Männer zu viele Emotionen enthält. Gerade dadurch wird er lebendig und authentisch. Die Bilder berühren, das Streifen durch Städte, das Einfangen des pulsierenden Lebens, der ruhigen Ecken, die Gefühle eines Ortes aufnehmen – wundervolle Möglichkeiten die Stunden eines verstreichenden Tages zu füllen – danke :-)

  11. Wer noch mehr Bilder von ihr kennt, der weiß, dass ihre Worte nicht „einfach so dahergesagt“ sind. Für mich hält sie ihre Emotionen in perfekter Weise fest, verbunden mit einer aussagekräftigen Fotografie, die jede Minute Beschäftigung wert ist – wenn man sich darauf einlassen will.

    Würd gern mehr hier sehen oder eine Verlinkung zu weiteren Bildern.

    LG
    Peter

    • Danke..! Ich weiß, dass es Menschen gibt, die verstehen, die sich einlassen und das ist so viel wert. Das bedeutet mir so viel. Auch an all die anderen, lieben Dank.
      *

      • Hallo Rahel,

        ich liebe deinen flickr-stream!
        Bin häufig dort, kann dir dort aber leider nicht schreiben.
        Für mich vereinst du Bild und Poesie in perfekter Art und Weise. Unglaublich intensiv und eindringlich, wie du Emotionen in Bildern transportierst !
        Ein Wort-/Bildband wäre das Größte ! Gibt’s das schon von dir ?

        LG
        Peter