09. Juni 2012 Lesezeit: ~7 Minuten

Wasserfälle fotografieren

Wasser hat schon immer eine große Rolle in meinen Landschaftsfotos gespielt. Neben dem Meer haben es mir besonders Wasserfälle angetan. Das Rauschen des in die Tiefe stürzenden Wassers lässt mich alles um mich herum vergessen. Nach einer Weile sogar die frierenden Füße, wenn ich mal wieder im eisigen Wasser stehe, um eine besondere Perspektive einzufangen.

Geroldsauer Wasserfall

In den letzten drei Jahren hatte ich zahlreiche Wasserfälle vor der Linse. Ich möchte hier eine kleine Auswahl zeigen und ein paar Erfahrungen, die ich bei der Wasserfallfotografie gemacht habe, mit Euch teilen.

Im Foto oben seht Ihr den Geroldsauer Wasserfall im Nordschwarzwald. Ich habe das Foto diesen Frühling aufgenommen – meine Lieblingzeit, um Wasserfälle zu fotografieren. Die Flüsse haben noch mehr Wasser als in manchem Sommermonat und die Natur zeigt sich in intensiver Farbpracht.

Belichtungszeit

Um diese Farbpracht gut einzufangen, nutze ich einen Polfilter. Dieser hilft, Reflexionen zu unterdrücken, wovon besonders grüne Gräser und Blätter profitieren. Außerdem schluckt er zwischen ein und zwei Blenden Licht, wodurch längere Belichtungszeiten ermöglicht werden.

Und ich bin ein Fan von längeren Belichtungszeiten, um das fließende Wasser in einen weißen Schleier zu verwandeln. Nicht jedermanns Geschmack, doch bildet das weiche Wasser einen schönen Kontrast zur detailreichen Umgebung und kann den Blick des Betrachters durchs Bild leiten.

Teufelsmühle

Ich achte dabei darauf, dass das Wasser richtig belichtet ist. Das heißt die Tonwerte des Wassers sollten zwar am rechten Rand des Histogramms liegen, jedoch ohne abzureißen.

Um das zu gewährleisten, fotografiere ich immer Belichtungsreihen. Zwar versuche ich, die mittlere Belichtung so gut wie möglich zu platzieren, aber wegen des großen Dynamikbereichs solcher Szenen ist eine einzelne Belichtung immer ein Kompromiss. Entweder, das Wasser behält seine Zeichnung und ich verliere Details in den Tiefen oder ich opfere die Details im Wasser für Tiefendetails. Durch eine Belichtungsreihe gewinne ich also zusätzlichen Spielraum, diesen Kompromiss zu umgehen.

Ein weiterer Punkt ist mir wichtig, um detailreiche Bilder zu erhalten. Als ich anfing, Wasserfälle zu fotografieren, nutzte ich oft sehr kleine Blenden, um die Belichtungszeit zu erhöhen und weiches Wasser zu erhalten. Dadurch geht jedoch Schärfe verloren. Der Grund ist die stärkere Beugung des Lichtes an der kleinen Blendenöffnung.

Gollinger Wasserfall

Da ich weder auf Schärfe, noch auf Flexibilität bei den Belichtungszeiten verzichten möchte, nutze ich einen Graufilter, der drei Blenden Licht schluckt. Zunächst variiere ich die Belichtungszeit durch Verändern der Blende zwischen f/8 und f/13, wo ich für meine Objektiv-Kamera-Kombination eine gute Schärfe erhalte. Bin ich bei f/13 angelangt, jedoch noch nicht bei der gewünschten Belichtungszeit, verwende ich den Graufilter. Ich fange dann zunächst wieder bei f/8 an und taste mich durch Verkleinern der Blende an die gewünschte Belichtungszeit heran.

Reicht mir diese dann immer noch nicht, könnte ich einen stärkeren Graufilter verwenden. Jedoch ist das selten nötig und rechtfertigt für mich nicht den Kauf eines zweiten Graufilters. Die Alternative ist das Überblenden zweier Fotos: Ein Foto nehme ich bei scharfer Blende auf und um die Belichtungszeit zu erhöhen, verkleinere ich beim zweiten Foto noch einmal die Blende.

Ich kann beide Fotos später mit Masken in Photoshop überblenden, wobei ich nur die Bereiche des fließenden Wassers aus der längeren Belichtung nehme. Dieses Vorgehen habe ich schon früher angewendet, als ich noch keinen Graufilter hatte. Es bedeutet mehr Arbeit, aber bietet in gewissem Maße eine Alternative.

Krimml Twilight

Nun schreibe ich die ganze Zeit von langen Belichtungszeiten, ohne diese genauer einzuordnen. Schon bei 1/4 Sekunde kann das weiche Aussehen beim Wasser entstehen. Bei manchen Wasserfällen ist jedoch eher eine Sekunde oder länger nötig. Das Ganze hängt vor allem von der Menge des fallenden Wassers ab und davon, wie schnell es fließt.

Ich fotografiere deshalb gern bei unterschiedlichen Belichtungszeiten und sehe mir die Ergebnisse später am PC an. Auf dem kleinen Kameradisplay kann ich nur schwer beurteilen, ob ich die Belichtungszeit außreichend gewählt habe. Oft belichte ich auch im zweistelligen Bereich, wie oben beim Foto des unteren Krimmler Wasserfalls. Wenn dazu noch das Licht passt, erhält die Szenerie ein verträumtes Aussehen.

Krimml

Ganz im Gegensatz zu diesem Foto des gleichen Wasserfalls. Um die Kraft des Wassers hervorzuheben, habe ich mich für eine kürzere Belichtungszeit entschieden.

Und das ist das Schöne am Fotografieren von Wasserfällen oder fließendem Wasser im Allgemeinen: Das Erzeugen komplett unterschiedlicher Stimmungen einzig durch die Variation der Belichtungszeit.

Spezialequipment

Neben Flexibilität bei der Wahl der Belichtungszeit ist mir eine freie Standortwahl für mein Stativ wichtig. Ich möchte nicht ans Ufer gefesselt sein, sondern mitten im Strom stehen und dort fotografieren können, denn diese Nähe zum Wasser eröffnet mir eine Vielzahl zusätzlicher Kompositionsmöglichkeiten.

Ich halte dabei Ausschau nach vorbeifließenden Blättern oder dem Schaum, der sich am Wasserfall bildet. Beide bewegen sich im Strom oft in interessanten Formen und durch vorrausschauende Platzierung der Kamera kann ich so Vordergrundelemente erzeugen, wo eigentlich keine vorhanden sind.

Wales - Waterfall Country

Für eine sicheren Tritt im Wasser habe ich mir vor über einem Jahr Hybridschuhe* gekauft. Mit ihnen kann ich bequem durchs Wasser waten und sie trocknen schnell. Durch einen Tipp bin ich kürzlich auf etwas noch Besseres gestoßen. Vibram 5-Finger-Schuhe*: Fast wie barfuß laufen, jedoch mit sicherem Tritt durch das spezielle Profil der Gummisohle. Zudem haben die Vibram-Schuhe ein sehr geringes Packmaß und passen sogar in meinen Kamerarucksack oder können außen angehängt werden. So sind sie ab jetzt immer dabei.

Wetter

Eigentlich bevorzuge ich beim Fotografieren von Wasserfällen einen bedeckten Himmel, der für weiches Licht sorgt. Noch besser, wenn es leicht regnet, so dass Blattwerk und Gräser nass sind. Die Farben wirken dann noch intensiver.

Aber etwas Sonnenschein kann durchaus schmeichelhaft sein, wenn er zum Beispiel durch einen dichten Wald scheint. Direkte Sonneneinstrahlung im Bereich des Wasserfalls sorgt oft für zu harte Kontraste und stört mich im Foto, aber wenn die Sonne den Wald erleuchtet, können interessante Stimmungen entstehen.

Gertelbach

Eine Belichtungsreihe ist auch hier nötig, damit die beleuchteten Bereiche im Foto nicht überstrahlen und den Blick des Betrachters zu stark vom Wasserfall wegziehen. Die richtige Balance ist wichtig.

So, nun gilt es nur noch, einen Wasserfall für den nächsten Fotoausflug auszuwählen. Bei der Menge an Regen, die sich momentan über Deutschland ergießt, ist es mal wieder an der Zeit, einen Wasserfall vor die Linse zu bekommen!

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34 Kommentare

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  1. … das erste Bild vom unteren Krimmler, das ist mal echt spooky und würd sich als Umschlagbild für einen Krimi ganz gut machen :)

    Sehr fein erklärt, wie es geht. Und gut auch der Hinweis mit den Gummilatschen, das erwähnen ja viele nicht, dass es so nette Dinger gibt.

    Gruss, H.:)

  2. klar ist das gut, michael, voll gut. ich mag das zweitallerletzte foto besonders, ist so schön bunt und in hochkant, das geht sich aus. und für heute hab ich mein jaukerl naturfotos bekommen hihi ;o)

    achso oh was ich noch fragen wollte? schreibst du jetzt wieder öfter? habe deine landschafts artikel gänzlich schwer vermisst!

  3. „Und ich bin ein Fan von längeren Belichtungszeiten, um das fließende Wasser in einen weißen Schleier zu verwandeln. Nicht jedermanns Geschmack, doch bildet das weiche Wasser einen schönen Kontrast zur detailreichen Umgebung und kann den Blick des Betrachters durchs Bild leiten.“

    Für mich gibt es einen Unterschied zwischen „Wasserfall mit Umgebung fotografieren“ und „Wasserfall fotografieren“. Ich stand selbst am Garganta del Diablo in Argentinien und habe beim Titel eures Artikels daran zurückgedacht und mir sofort gespannt die Bilder ansehen wollen und wurde dann drastisch enttäuscht. Meiner Meinung nach bist du ein Landschaftsfotograf und als solcher möchte ich dir deine Kunst nicht absprechen. Auf den Fotos sehe ich auch eine Landschaft. Einen spritzenden, schäumenenden, alles umnebelnden, lebendigen Wasserfall entdecke ich aber auf keinem der Bilder, auch wenn sie auf ihre Art und Weise sicher schön sind.

    • Wenn Ihnen die Wasserfälle nicht gefallen, warum sind Sie dann hier und investieren soger die Zeit hier zu schreiben das Sie die nicht mögen. Solche Kommentare haben doch nicht den geringsten Nutzwert, ich kann wirklich verstehen wenn Blogger wie der Stilpirat da einfach aufhöhren zu bloggen.

      Wie wäre es stattdessen mit konstruktiven Verbesserungsvorschlägen.

  4. Also erstmal möchte ich dir zu den Bildern und diesem gelungenen Bericht gratulieren.
    Dann habe ich noch eine Frage: Was meinst du mit Belichtungsreihen? Eher eine Art HDR oder einfach viele Fotos zu machen um, wie bei der Belichtungszeit, später am Computer eins auszuwählen ?

  5. Hallo,

    (mal wieder) ein toller Beitrag.

    Polfilter ist klar.

    Eine Frage zum Graufilter. Welchen ND Wert hat Dein Filter, gibt es da etwas zu beachten?

    Danke für die Antwort

    Gruß
    Roland

  6. Vielen Dank für den ausführlichen Artikel. Das meiste war mir bisher schon bekannt da ich selbst auch sehr gerne mit dem Wasser und Wasserfällen hantiere. Der Tipp mit den Gummilatschen ist aber klasse. Habe mir schon oft die Füße abgefroren :-)

    Eine Frage habe ich noch zu dem eingesetzten Polfilter. Verwendest du einen der auf ein Filtersystem passt oder einen Polfilter den du auf das Objektiv schraubst?

  7. Sehr schöne Fotos, danke für’s Zeigen! Der Artikel ist meiner Meinung nach auch sehr gut geschrieben und vermittelt einiges von deinem Wissen und deinen Erfahrungen.

    Mit welcher Belichtungszeit und welcher Blende hast du beispielsweise beim ersten Bild gearbeitet? Dieses Bild hat es mir auch sehr angetan, wobei es schon ein wenig HDR Touch hat. Hast du hier auch mit einer Belichtungsreihe gearbeitet?

    LG vom Jochen

    • Hallo Jochen, beim ersten Bild waren es 30 Sekunden für die Hauptbelichtung. Ich hatte aber auch noch eine dunklere bei 10 Sekunden, um zu verhindern, dass der Wasserfall zu weiß wird.

      Vorher-Nachher Vergleich der Bearbeitung gibts im Talk mit Olaf Bathke bei ca 47:30

      http://www.youtube.com/watch?v=kzPeGPQItBU

      Blende war f/11 oder f/9,5. Zur Sicherheit hab ich auch Fokusstacking gemacht, einmal auf den Wasserfall fokusiert und eins auf den Vordergrund.. Also am Ende ein paar mehr Belichtungen, aus denen ich dann ausgewählt und überblendet hab.

      Dazu gibts bald einen Artikel von mir im http://landscapephotographymagazine.com/

      viele Grüße

      • Danke für die Tipps und Infos. In das Youtube-Video habe ich mal reingeschaut… irgendwann wurde es mir dann aber zu technisch beim Thema Photoshop (ich arbeite nicht damit) und habe dann weggeklickt.

        Gruß und Dank,
        Jochen

  8. Blogartikel dazu: linkTime – Juni 2012 – #2 | linkTIME | bhoffmeier.de bhoffmeier.de

  9. Hallo,

    ich war gestern mit dem MTB unterwegs und wollte einen kleinen Wasserfall aufnehmen der uns bei der letzten Wanderung aufgefallen ist.

    Mit Crocs bin ich dann durch den Bach gewandert um eine schöne Persketive zu erhalten.

    Nicht sehr einfach gestaltet sich ein sicherer Stand des Objektivs, genau an der Stelle an der man aufnehmen möchte. In einem kurzen Moment der Unachtsamkeit hat meine Kamera + Objektiv sogar das Wasser geküsst. Gott sei Dank ist nichts weiter passiert.

    Wenn man direkt von einem Teil des Wasserfalls fotografiert, dann ist das Stativ den Strömungen des Wassers ausgesetzt. Unglaublich wie das dann am Stativ rüttelt.

    Für die Standortwahl bez. Licht und Gestaltung sollte man genügend Zeit mitnehmen – klar.

    Jedenfalls war ich beim ersten Versuch mit allem anderen mehr beschäftigt als mit den „reinen“ fotografieren.

    Ich bin jetzt aber defitniv um eine Erfahrung reicher und bin gespannt wann ich mein erstes gelungenes Wassefallbild schießen werde.

    Grüße Dave

  10. Hi Michael
    Also wirklich – deine Wasserfallfotos sind nun echt etwas vom Schönsten, das ich gesehen habe. Die verschiedenen Varianten und Abstufungen, einfach MAGISCH.
    Danke für die Klasseerklärungen.
    Ich werde mich dieses Weekend aufmachen einen Wasserfall aufzunehmen, kann aber leider wegen der Gruppe kein Stativ mitnehmen; d. h. es wird wohl eher mehr ein Ansehen des Geländes geben und dann mal alleine mit Stativ etc. bepackt den Wasserfall aufnehmen.
    Serenbachfälle am Walensee, Schweiz.
    Du hast mir wirklich das Aufnehmen top erklärt.
    Herzliche Grüsse – Moni S. – aus der Schweiz

  11. Blogartikel dazu: Wasser – ein seidener Schleier | Volvic Blog

  12. Hey…. Das war die beste und einfachste Erklärung zu dem Thema. Das funktioniert sowas von Idiotensicher. Habe die ersten „fliessenden Fotos“ auf Facebook…
    DANKE