Wasserfälle fotografieren
Wasser hat schon immer eine große Rolle in meinen Landschaftsfotos gespielt. Neben dem Meer haben es mir besonders Wasserfälle angetan. Das Rauschen des in die Tiefe stürzenden Wassers lässt mich alles um mich herum vergessen. Nach einer Weile sogar die frierenden Füße, wenn ich mal wieder im eisigen Wasser stehe, um eine besondere Perspektive einzufangen.
In den letzten drei Jahren hatte ich zahlreiche Wasserfälle vor der Linse. Ich möchte hier eine kleine Auswahl zeigen und ein paar Erfahrungen, die ich bei der Wasserfallfotografie gemacht habe, mit Euch teilen.
Im Foto oben seht Ihr den Geroldsauer Wasserfall im Nordschwarzwald. Ich habe das Foto diesen Frühling aufgenommen – meine Lieblingzeit, um Wasserfälle zu fotografieren. Die Flüsse haben noch mehr Wasser als in manchem Sommermonat und die Natur zeigt sich in intensiver Farbpracht.
Belichtungszeit
Um diese Farbpracht gut einzufangen, nutze ich einen Polfilter. Dieser hilft, Reflexionen zu unterdrücken, wovon besonders grüne Gräser und Blätter profitieren. Außerdem schluckt er zwischen ein und zwei Blenden Licht, wodurch längere Belichtungszeiten ermöglicht werden.
Und ich bin ein Fan von längeren Belichtungszeiten, um das fließende Wasser in einen weißen Schleier zu verwandeln. Nicht jedermanns Geschmack, doch bildet das weiche Wasser einen schönen Kontrast zur detailreichen Umgebung und kann den Blick des Betrachters durchs Bild leiten.
Ich achte dabei darauf, dass das Wasser richtig belichtet ist. Das heißt die Tonwerte des Wassers sollten zwar am rechten Rand des Histogramms liegen, jedoch ohne abzureißen.
Um das zu gewährleisten, fotografiere ich immer Belichtungsreihen. Zwar versuche ich, die mittlere Belichtung so gut wie möglich zu platzieren, aber wegen des großen Dynamikbereichs solcher Szenen ist eine einzelne Belichtung immer ein Kompromiss. Entweder, das Wasser behält seine Zeichnung und ich verliere Details in den Tiefen oder ich opfere die Details im Wasser für Tiefendetails. Durch eine Belichtungsreihe gewinne ich also zusätzlichen Spielraum, diesen Kompromiss zu umgehen.
Ein weiterer Punkt ist mir wichtig, um detailreiche Bilder zu erhalten. Als ich anfing, Wasserfälle zu fotografieren, nutzte ich oft sehr kleine Blenden, um die Belichtungszeit zu erhöhen und weiches Wasser zu erhalten. Dadurch geht jedoch Schärfe verloren. Der Grund ist die stärkere Beugung des Lichtes an der kleinen Blendenöffnung.
Da ich weder auf Schärfe, noch auf Flexibilität bei den Belichtungszeiten verzichten möchte, nutze ich einen Graufilter, der drei Blenden Licht schluckt. Zunächst variiere ich die Belichtungszeit durch Verändern der Blende zwischen f/8 und f/13, wo ich für meine Objektiv-Kamera-Kombination eine gute Schärfe erhalte. Bin ich bei f/13 angelangt, jedoch noch nicht bei der gewünschten Belichtungszeit, verwende ich den Graufilter. Ich fange dann zunächst wieder bei f/8 an und taste mich durch Verkleinern der Blende an die gewünschte Belichtungszeit heran.
Reicht mir diese dann immer noch nicht, könnte ich einen stärkeren Graufilter verwenden. Jedoch ist das selten nötig und rechtfertigt für mich nicht den Kauf eines zweiten Graufilters. Die Alternative ist das Überblenden zweier Fotos: Ein Foto nehme ich bei scharfer Blende auf und um die Belichtungszeit zu erhöhen, verkleinere ich beim zweiten Foto noch einmal die Blende.
Ich kann beide Fotos später mit Masken in Photoshop überblenden, wobei ich nur die Bereiche des fließenden Wassers aus der längeren Belichtung nehme. Dieses Vorgehen habe ich schon früher angewendet, als ich noch keinen Graufilter hatte. Es bedeutet mehr Arbeit, aber bietet in gewissem Maße eine Alternative.
Nun schreibe ich die ganze Zeit von langen Belichtungszeiten, ohne diese genauer einzuordnen. Schon bei 1/4 Sekunde kann das weiche Aussehen beim Wasser entstehen. Bei manchen Wasserfällen ist jedoch eher eine Sekunde oder länger nötig. Das Ganze hängt vor allem von der Menge des fallenden Wassers ab und davon, wie schnell es fließt.
Ich fotografiere deshalb gern bei unterschiedlichen Belichtungszeiten und sehe mir die Ergebnisse später am PC an. Auf dem kleinen Kameradisplay kann ich nur schwer beurteilen, ob ich die Belichtungszeit außreichend gewählt habe. Oft belichte ich auch im zweistelligen Bereich, wie oben beim Foto des unteren Krimmler Wasserfalls. Wenn dazu noch das Licht passt, erhält die Szenerie ein verträumtes Aussehen.
Ganz im Gegensatz zu diesem Foto des gleichen Wasserfalls. Um die Kraft des Wassers hervorzuheben, habe ich mich für eine kürzere Belichtungszeit entschieden.
Und das ist das Schöne am Fotografieren von Wasserfällen oder fließendem Wasser im Allgemeinen: Das Erzeugen komplett unterschiedlicher Stimmungen einzig durch die Variation der Belichtungszeit.
Spezialequipment
Neben Flexibilität bei der Wahl der Belichtungszeit ist mir eine freie Standortwahl für mein Stativ wichtig. Ich möchte nicht ans Ufer gefesselt sein, sondern mitten im Strom stehen und dort fotografieren können, denn diese Nähe zum Wasser eröffnet mir eine Vielzahl zusätzlicher Kompositionsmöglichkeiten.
Ich halte dabei Ausschau nach vorbeifließenden Blättern oder dem Schaum, der sich am Wasserfall bildet. Beide bewegen sich im Strom oft in interessanten Formen und durch vorrausschauende Platzierung der Kamera kann ich so Vordergrundelemente erzeugen, wo eigentlich keine vorhanden sind.
Für eine sicheren Tritt im Wasser habe ich mir vor über einem Jahr Hybridschuhe* gekauft. Mit ihnen kann ich bequem durchs Wasser waten und sie trocknen schnell. Durch einen Tipp bin ich kürzlich auf etwas noch Besseres gestoßen. Vibram 5-Finger-Schuhe*: Fast wie barfuß laufen, jedoch mit sicherem Tritt durch das spezielle Profil der Gummisohle. Zudem haben die Vibram-Schuhe ein sehr geringes Packmaß und passen sogar in meinen Kamerarucksack oder können außen angehängt werden. So sind sie ab jetzt immer dabei.
Wetter
Eigentlich bevorzuge ich beim Fotografieren von Wasserfällen einen bedeckten Himmel, der für weiches Licht sorgt. Noch besser, wenn es leicht regnet, so dass Blattwerk und Gräser nass sind. Die Farben wirken dann noch intensiver.
Aber etwas Sonnenschein kann durchaus schmeichelhaft sein, wenn er zum Beispiel durch einen dichten Wald scheint. Direkte Sonneneinstrahlung im Bereich des Wasserfalls sorgt oft für zu harte Kontraste und stört mich im Foto, aber wenn die Sonne den Wald erleuchtet, können interessante Stimmungen entstehen.
Eine Belichtungsreihe ist auch hier nötig, damit die beleuchteten Bereiche im Foto nicht überstrahlen und den Blick des Betrachters zu stark vom Wasserfall wegziehen. Die richtige Balance ist wichtig.
So, nun gilt es nur noch, einen Wasserfall für den nächsten Fotoausflug auszuwählen. Bei der Menge an Regen, die sich momentan über Deutschland ergießt, ist es mal wieder an der Zeit, einen Wasserfall vor die Linse zu bekommen!
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