Respekt und Gefühl – Theo Berends
„Respekt und Gefühl“, das sind die beiden Begriffe mit denen Theo Berends seine Arbeitsweise beschreibt. Und wenn ich die Bilder seiner Serie „The Pray“ betrachte, dann stimme ich dem voll und ganz zu.
Entdeckt habe ich den Fotografen schon vor einem Jahr in der Model-Kartei. Er lebt und arbeitet als Fotograf in Nieuw Amsterdam und ist mit seiner Fotografie immer wieder auf Entdeckungsreise und erstaunt mich damit.
Die Serie „The Pray“ ist jedoch eine Arbeit, die mich nicht mehr loslässt. Ich betrachte die betende Frau, die Intensität, die in ihren Bewegungen steckt, die Narben auf ihrer Haut und das Spiel des Lichts, das nichts verbirgt, aber auch nicht bloßstellt.
Die Wirkung ist archaisch, denn ihre Haut erinnert mich an gesprenkelte Steine aus dem Meer. Einzig und allein die Fingernägel verraten mir etwas über das Jetzt und Hier und schaffen einen Bruch. Der dunkle Hintergrund erinnert an das Meer oder das Blau des Abendhimmels.
In einem Gespräch ließ mich Theo Berends hinter das Bild blicken und erzählte, was diese Serie für ihn ganz persönlich bedeutet:
„Die DNA sagt uns, dass alle Menschen zu einer Familie gehören. Es begann in Afrika. Die Mutter aller Menschen war der erste moderne Mensch auf jenem Kontinent vor 200.000 oder 150.000 Jahren. Ich habe Bilder von ihr gemacht. So, wie sie in meiner Vorstellung gesehen werden muss, natürlich ist das eine Projektion aus mir heraus. Aber diese Vorstellung ist tatsächlich in mir und vielleicht noch immer in meiner Seele lebendig!
Ich frage mich, ob die Mutter aller Menschen Angst, Zweifel und Freude, wie ich sie habe, kannte. Obwohl ich kein Anhänger einer Kirche bin, habe ich in harten Zeiten selbst schon Gebete gesprochen. Ich glaube, sie hat die gleichen gesprochen. Daraus entstand die Serie „The Pray“.
Die Serie ist meine Reflektion der großen Urmutter unserer Menschheit.“
Mit bereits acht Jahren entdeckte Theo Berends die faszinierende Welt der Fotografie, als ihm sein Vater eine Kamera schenkte, mit der man zwar keine Bilder machen, aber Menschen mit Wasser bespritzen konnte. Nach ein paar Tagen war der Mechanismus der Wasserpumpe zwar kaputt, aber der Sucher der Kamera war noch intakt.
Er hatte sich damals in den Ausschnitt, den Blick durch die Kamera verliebt, denn er liebte es, seine eigene Welt zu entwerfen und daran hat sich bis heute nicht geändert. Wenn man sich mit ihm unterhält, dann fällt als erstes die Leidenschaft auf, mit der er von der Fotografie und seiner ganz eigenen Sicht spricht.
Seine Arbeiten sind emotionale Innenansichten, persönliche Erfahrungen und Empfindungen, ausgedrückt in den Bildern. Dabei ist das Objekt, ob nun Stein, Landschaft oder Frau aber nicht einfach nur Träger seiner Ansichten, sondern etwas, das ein Geheimnis in sich trägt, von dem Theo Berends hofft, es langsam freizulegen.
Faszinierend sind auch seine anderen Welten, weil er sich in seiner Bearbeitung keine Grenzen setzt, sondern ganz seinem Gefühl vertraut. Manchmal, da kratzt er einfach an seinen Negativen rum, legt sie auch schon einmal übereinander oder verschneidet Elemente zu neuen Bildern. Er arbeitet sowohl analog als auch digital und bedient sich dabei allen Möglichkeiten, die die digitale Bearbeitungsvielfalt bereitstellt. Sein Bild ist erst dann fertig, wenn sein Gefühl sagt „jetzt“.
Wie er aber letztendlich ans Ziel kommt, ist ihm egal. Ob es nun auf analogen oder digitalen Weg oder der Vermischung beider geschieht. Wichtig ist das Objekt, der Umgang, das Fühlen nach dem Geheimnis. Manchmal strahlen seine Bilder genau diese Intensitität aus. Ich schaue sie an und verweile mit forschendem Blick.