Warum fotografieren wir Landschaften? Was fasziniert uns derart an der Landschaftsfotografie, dass wir unermüdlich die Natur erkunden und in Fotografien festhalten wollen?
Die fotografische Darstellung einer Landschaft basiert nicht allein auf einer bildhaften Wiedergabe einer vorgefundenen Landschaft, sondern sie ist die subjektive Sicht einer Situation und Ergebnis einer aktiven Wahrnehmung eines Raumes. Dabei kann diese individuelle Fokussierung auf einen spezifischen Ausschnitt einerseits diesen betonen, andererseits gerade auch auf Dinge und Zustände verweisen, die nicht abgebildet sind.
Die Masse an Möglichkeiten der subjektiven Wahrnehmung und Fokussierung sowie unterschiedlicher Deutungsprozesse eröffnet vielfältige Kontexte der Natur, so dass die fotografische Abbildung von Landschaften immer wieder Neues hervorbringen kann und die persönliche Auseinandersetzung mit der Thematik Landschaft nie zu Ende geht.
Besonders faszinieren uns fragile Fragmente menschlicher Existenz auf den Portraits von Natur und Landschaft; diese geben dem abgebildeten Raum eindrücklich die Bedeutung von Landschaft als eine kulturhistorische Gesamtheit und portraitieren gewissermaßen uns selbst als Teil einer kollektiven Einheit, welche die uns umgebende Natur kontinuierlich prägt und verändert. Das fotografische Abbild einer bestimmten Landschaft zeigt uns keine pure Natur, sondern ein Bild gesellschaftlicher „Kontaminationen“ der Natur.
Gleichzeitig betrachten wir die Natur als Ausdruck unserer eigenen Subjektivität: das findet in der Auseinandersetzung unserer persönlichen zerbrechlichen Empfindungen mit deren Ebenbildern in der Natur statt und manifestiert sich in den romantischen Abbildern der Landschaften.
Das erhabene Gefühl beim Betrachten gigantischer aber auch zerbrechlicher Landschaften geht einher mit dem Bewusstsein der eigenen Empfindsamkeit; die Sicht auf die Natur repräsentiert gewissermaßen unser persönliches Seelenbefinden. Die individuellen Bilder, die wir in der Natur erkennen, erscheinen uns manchmal wie ein Spiegel der eigenen Seele.
Auf der Suche nach etwas Bestimmten entsteht oftmals eine sehr persönliche Sicht auf die Natur, man könnte auch sagen, wir versuchen mit unserer Arbeit gewissermaßen eine lyrische Bildsprache zu finden, mittels derer eine poetische Verbindung vom Betrachter zum Bild geschaffen wird.
Ein Foto wird immer eine inszenierte Realität sein, deren Metaebene eine Aussage über die Realität des Fotografen und der des Betrachters trifft. Umso schöner, wenn das nur auf eine sehr flüchtige Art und Weise gelingt und umso berührender, wenn diese Bildsprache von anderen ebenso gelesen wird bzw. eine Bedeutungsebene entsteht, die ein Gefühl vermitteln und Impulse geben kann.
Das Medium Fotografie erlaubt uns, mittels vorhandener Techniken bestimmte individuelle, subjektive Aspekte herauszuarbeiten und zu betonen. Dabei unterscheidet sich unsere digitale Nachbearbeitung gar nicht so sehr von der analogen Verarbeitung des Materials bis zum fertigen Bild – die zeitintensive Beschäftigung mit einem Bild ist Teil eines fotografischen Gestaltungsprozesses – sei es nun bei der Auswahl von Filmmaterial, Papier, Gradation, Verarbeitungs- und Belichtungsvarianten im Labor oder aber bei der digitalen Bearbeitung am Schreibtisch.
Die Digitalisierung der Fotografie macht die Abbildung von Landschaften und die Verbreitung der Bilder massentauglich und eröffnet damit ganz neue Möglichkeiten. Parallel zur Faszination der nicht jedem zugänglichen „Alchemie“ der analogen Fotografie ist ein einfacher Zugang geschaffen und es entstehen unerwartete Blickweisen und Bildsprachen.
Das eigentlich Unmögliche und augenscheinlich wenig Interessante wird aus individuellen Blickwickeln festgehalten und der Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt. Nüchterne Objektivität oder die inszenierte Komposition, Trockenplatten, abgelaufene Filme oder der Einsatz digitalen Bildrauschens als Gestaltungselement – lassen wir uns einfach täglich neu inspirieren.