Sardinien
03. März 2012 Lesezeit: ~9 Minuten

Filtereinsatz in der Landschaftsfotografie

Besonders unter Landschaftsfotografen ist der Einsatz von Filtern sehr beliebt, um zum Beispiel mit hohen Dynamikbereichen umzugehen und verschiedene Bildwirkungen zu erzielen oder zu unterstreichen.

Sardinien

Auch ich habe mein Filterset bestehend aus Verlaufsfiltern, Polfilter und Blue-Yellow Polfilter auf jeder Fototour dabei. Es ist mittlerweile ein fester Bestandteil meines Fotografie-Workflows bei Landschaften geworden. Zusätzlich kommt gelegentlich auch einen Taschenlampe oder ein Blitz zum Einsatz, um gezielt bei zu wenig Umgebungslicht Akzente zu setzen.

Dabei gibt es von der Belichtungsmessung über die Auswahl des richtigen Filters bis hin zum Weißabgleich einiges, was ich beachten muss, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Im Folgenden werde ich von den Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe, berichten.

Verlaufsfilter

Vor zwei Jahren stand ich in Sardinien vor einem traumhaften Motiv. Ein Nuraghe – alter Wehrturm – im Gegenlicht der untergehenden Sonne. Eines meiner neuen Lieblingswörter beschreibt die Situation ganz gut: „Dynamikhölle“.

Sardinien Nuraghe
Polfilter, 0.9 Reverse GND, 0.6 Soft GND

Früher hätte ich versucht, diese Lichtsituation durch HDR zu lösen. Doch hatte mich die HDR-Bastelei, die damit verbundenen Probleme bei bewegten Elementen im Bild, die längere Belichtungsarbeit vor Ort sowie die Sitzerei am Rechner schon immer genervt. Lieber verbringe ich die Zeit draußen an der Kamera.

Um auch ohne HDR-Einsatz mit der Dynamikhölle fertig zu werden, nutzte ich Verlaufsfilter. In meiner Filtertasche waren Verlaufsfilter von Hitech mit weichem und hartem Übergang in den Stärken 0.3, 0.6 und 0.9 vertreten. Zunächst galt es, herauszufinden, welche dieser drei Stärken die richtige ist.

Dazu maß ich die Belichtung für Vordergrund und Himmel getrennt, um danach die Differenz in Blendstufen bestimmen zu können. Zur Belichtungsmessung verwendete ich wie fast immer die Mehrfeldmessung. An meiner Canon 40D wird dabei der Bereich um den aktiven AF-Punkt stärker gewichtet als die übrigen Bildbereiche. Somit bekam ich bei diesem Vorgehen ausreichend genaue Ergebnisse und musste nicht auf die gezieltere Spotmessung umschalten.

Ich richtete die Kamera zunächst auf den Vordergrund und merkte mir die angezeigte Belichtungszeit bei voreingestellter Blende im M-Modus. Optimal ist, wenn ich dabei einen Bereich im Bild finde, der ungefähr dem Neutral-Grau einer Graukarte entspricht und den aktiven AF-Punkt darauf richte. In diesem Fall kam der Stein im Vordergrund dem am nächsten. Danach richtete ich die Kamera auf den Himmel mit dem aktiven AF-Punkt ungefähr zwei Fingerbreit neben die Sonne. Bitte nicht direkt in die Sonne schauen!

Der Unterschied zwischen beiden Messungen ergab fünf Blendenstufen und damit die nötige Stärke des Verlaufsfilters – hier ein 0.9 Reverse und ein 0.6 Soft GND. Oft ist das etwas zu viel des Guten; ich gehe mittlerweile etwas defensiver heran und starte mit einem Filter, der eine Blendenstufe weniger abdunkelt, als es die Messung ergibt. Sonst besteht die Gefahr, den Himmel zu überfiltern.

Ich richtete dann die Kamera auf dem Stativ aus und erstellte den Bildaufbau. Die Filter schob ich in den Filterhalter und so weit ins Motiv, bis keine harten Übergänge mehr sichtbar waren.

Nachdem alles eingestellt war, kam der Live-View ins Spiel. Bei aktiviertem Live-View ließ ich mir das Histogramm anzeigen und regelte anhand dessen im manuellen Modus die Belichtung nach. Dem Automatik-Modus vertraue ich bei solchen Bedingungen ungern.

Ich achtete darauf, dass ich die ganze Breite im Histogramm hatte, also keine Tiefen oder Lichter wegbrachen. Nachdem die richtige Belichtung ermittelt war, erfolgten eine Testaufnahme und wieder die Kontrolle am Display mittels Histogramm. Das war’s, das Bild war im Kasten.

Lombok
Polfilter, 0.9 Reverse GND

Neben den normalen Verlaufsfiltern gehört zudem ein 0.9 Reverse Verlaufsfilter von Hitech zu meinem Equipment. Er kam beim Nuraghe auch schon mit zum Einsatz, bietet sich aber am meisten für Küstenfotografie mit ebenem Horizont an, über dem, wie hier in Lombok, die unter- oder aufgehende Sonne schwebt.

Polfilter

Sehr beliebt sind bei mir Polfilter, um zum Beispiel Reflexionen auf Wasser oder Steinen zu reduzieren. Je nach Drehrichtung ändert sich dabei die Stärke der Filterwirkung.

Lombok
Polfilter, 0.9 Soft GND

Bei diesem Foto aus Lombok drehte ich den Polfilter so lange, bis das Meer fast durchsichtig wurde. Der Meeresboden war zu erkennen, insgesamt wirkte die Wasseroberfläche ruhiger und die Farben wurden verstärkt. Glanz verschwand vom Stein im Vordergrund.

Auch auf den Himmel kann sich der Polfilter auswirken. Die stärkste Wirkung auf dem Himmel wird beim Einsatz im Winkel von 90° zur Sonne erzielt.

Lombok
Polfilter, 0.9 Reverse GND, 0.3 Soft GND

Außerdem schlucken Polfilter Licht, sie haben also etwas von der Wirkung eines normalen Graufilters. Mein Polfilter schluckt, wie ich mittels Handbelichtungsmesser gemessen habe, circa zwei Blenenstufen Licht. Das gibt mir zum Beispiel die Möglichkeit, Wasser durch die längere Belichtungszeit in Bewegungsunschärfe zu setzen, ohne dazu stärker abblenden zu müssen und damit Beugungsunschärfe in Kauf zu nehmen.

Sardinien
Polfilter, Blue-Yellow Polfilter, 0.9 Reverse GND, 0.3 Soft GND

Ein etwas speziellerer Polfilter ist der Blau-Gelb-Polfilter (Blue-Yellow-Polarizer), den ich wegen des sich schnell erschöpfendenen Effektes nur vorsichtig einsetze. Wenn aber zu wenig Farbe im Bild ist, experimentiere ich gerne damit. Je nach Drehrichtung gibt es Farbverschiebungen ins Blaue, Violette bis hin zum Gelben und Orangen.

LED-Taschenlampe und Systemblitz

Extremen Spaß bereitet mir der gezielte Einsatz von LED-Taschenlampen oder Systemblitzen. Wenn das vorhandene Umgebungslicht nicht mehr ausreicht, um bildwichtige Motivteile zu betonen, greife ich gerne zu meiner LED-Taschenlampe und helle damit auf.

2011 war ich auf Sizilien unterwegs. Während ich meine Fotospots erkundete, fiel mir im späten Sonnenlicht ein Boot am Ufer auf. Das würde später im richtigen Licht ein klasse Motiv abgeben.

Sizilien
0.6 Soft GND, LED Lampe erhellte das Boot

Nach Sonnenuntergang war ich zurück und baute meine Ausrüstung auf. Ein 0.6 Verlaufsfilter kam zum Einsatz, aber das erste Testfoto sah nicht wirklich spannend aus. Es fehlte noch etwas. Ich kramte meine LED-Taschenlampe von Fenix aus dem Rucksack und leuchtete das Boot während einer 30-sekündigen Belichtung damit an. Das Ergebnis sah gleich interessanter aus und das Bild erhielt mehr Tiefe.

Ich verwende bei solchen Fotos gerne lange Belichtungszeiten von 15 Sekunden aufwärts. Dann habe ich Zeit, mich beim Abwedeln mit der Lampe zu bewegen. Um das Licht weicher zu machen und Überstrahlungen zu vermeiden, bestücke ich die Taschenlampe mit einem Diffusor. Dabei handelt es sich um eine Selbstanfertigung.

Selbstanfertigung

Ich habe mir aus dem Baumarkt Isolierungsrohre für den Heizungsbau aus Kunststoff gekauft, in Ringe geschnitten und mit einem milchigen Kunststoff einen Diffusor daraus gebastelt. Für farbige Effekte habe ich Lee-Farbfolien an Stelle des Kunststoffs verwendet.

Eine Alternative zur Taschenlampe ist ein Systemblitz, bei mir der 430EX von Canon. Wieder in Lombok versuchte ich am Strand, eine Hütte vor dem wunderschönen Abendhimmel zu fotografieren.

Lombok
Systemblitz zum Aufhellen der Hütte

Um die Hütte von tiefschwarzen Schatten zu befreien, verwendete ich meinen Blitz und stellte ihn auf manuell, 1/8 Leistung. Während der Belichtung lief ich dann umher und blitzte mit der Auslösetaste den Vordergrund und die Hütte mehrfach an verschiedenen Stellen an. Dabei achtete ich darauf, mich zwischen Blitz und Kamera zu stellen, damit das Licht vom Blitz später auf dem Foto nicht zu sehen war.

Bei der LED- oder Blitz-Technik ist vieles Versuch und Irrtum: Ausprobieren, Display anschauen und anders machen. Die Möglichkeiten, einem Landschaftsfoto damit noch den letzten Kick zu geben, sind jedoch fast uneingeschränkt.

Weißabgleich bei Filtereinsatz

Ich habe festgestellt, dass der Weißabgleich beim Filtereinsatz gelegentlich Probleme bereitet. Mir ist aufgefallen, dass, wenn die Belichtungszeit länger wird, mehr Rotanteile im Licht sind, vor allem wenn mehrere Filter kombiniert werden. Der automatische und auch manuelle Weißabgleich funktioniert dann nicht mehr zuverlässig. Extrem fiel mir das anfänglich bei meinen Cokin-Filtern auf.

Hier ist das Fotografieren im Raw-Format unverzichtbar. Der Weißabgleich lässt sich so später am PC bequem richtig einstellen. Dazu klicke ich in meinem Raw-Konverter mit der Weißabgleichspipette eine neutralgraue Stelle im Foto an und versuche so, die Farbstimmung wieder zu korrigieren. Das klappt meist ganz gut. Zusätzlich regle ich noch manuell nach, wenn ich das Licht im Foto etwas wärmer haben möchte.

Weißabgleich

Diese drei Aufnahme aus Bali zu Sonnenaufgang zeigen das Problem und die Lösung ganz gut. Nach meinem Geschmack ist das mittlere Foto am ausgeglichendsten und ohne Farbstich.

Resümierend ist für mich der Einsatz von Filtern kein Allheilmittel. Es gibt immer noch Situationen, in denen ich ein HDR oder DRI für sinnvoll halte und auch mache. Allerdings erleichtern mir die Filter die Arbeit vor Ort schon sehr. Gerade in Nähe zum Äquator versinkt beim Sonnenuntergang die Sonne so schnell wie ein Stein im Meer.

Lieber laufe ich in der Zeit mehrere Fotospots ab, anstatt an einem zu stehen und mehrere Belichtungen zu sammeln.

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