HUMANS: die Geschichte von Ntaiya Naoroi
Vor sechs Monaten bin ich aufgebrochen und einmal durch den afrikanischen Kontinent gereist, von Kapstadt nach Kairo, auf der Suche nach Menschen und ihren Geschichten. Ich wollte herausfinden, was sie prägt, sie zu den Menschen macht, die sie sind.
Das Ganze haben wir audio-visuell aufgezeichnet, mit Bildern, Videos und Ton, um jedem Menschen einen Kurzfilm zu widmen, in dem er uns seine Geschichte erzählt, basierend auf zehn Fragen, die wir jedem, der sich die Zeit genommen hat, gestellt haben.
Die meisten Filme werden im Laufe des nächsten Jahres auf der Website zu unserem Projekt HUMANS online gehen. Heute will ich Euch zum Einstieg eine der vielen Geschichten erzählen: Die Geschichte von Ntaiya Naoroi, einer Massai aus dem Süden Kenias, und unserer Begegnung.
Eines Nachts kam ihr Mann nicht mehr zurück. Er war mit Freunden in einer Bar gewesen und hatte offensichtlich zu viel getrunken. Er stolperte durch die dunkle Nacht auf dem Weg zurück nach Hause. Es ist leicht, den richtigen Weg ohne Licht und ohne Wegzeichen zu übersehen.
So endete er auf dem falschen Weg, der zu dem Haus der Nachbarn führte. Er suchte nach seiner Hütte, aber konnte sie nicht finden, er klopfte an Türen und nachdem niemand die Tür öffnete, versuchte er, sich mit Gewalt Eintritt zu verschaffen.
Am nächsten Tag fand Ntaiya ihn tot. Die Nachbarn hatten ihn getötet – aus Angst, dass es ein Dieb war, der da in der Nacht kam, um sie zu töten und ihnen alles zu nehmen. Die Nächte sind dunkel hier, so konnten sie nicht sehen, wer dieser Kerl war, der da mitten in der Nacht zu ihrem Haus kam.
Sie konnten nicht herausfinden, dass es nur der betrunkene Nachbar war, der sich auf dem falschen Weg nach Hause befand. Sie boten Ntaiya fünf Kühe als Entschuldigung für die Tötung ihres Mannes an, aber am Ende hat sie sie nie bekommen.
Der Bruder ihres Mannes übernahm seinen Platz. In der Massai-Kultur ist das etwas, was regelmäßig passiert und da Polygamie ein Teil der klassischen Massaikultur ist, haben viele Männer mehr als eine Frau, auch wenn sich das heute langsam verändert. Der Bruder nahm also die Kühe und zog bei ihr ein.
In den folgenden Jahren bekam Ntaiya mehr Kinder, nun von dem Bruder ihres Mannes, aber nachdem er gewalttätig wurde, sammelte sie all ihre Kraft und ihren Willen und vertrieb ihn aus dem Haus, unterstützt von anderen Frauen. Die Kühe gingen mit ihm, aber jetzt war sie wieder frei.
Wir treffen Ntaiya an einem sonnigen Tag in ihrer Hütte. Es ist ein schöner Ort, an dem sie mit einem tollen Blick über das Tal lebt. Eine grüne Oase, voller Leben und erfüllt mit dem Lachen ihrer Kinder. Die Ziegen, die sie von MRA Goat Hope Projekt bekommen hat, sehen stark und gut genährt aus.
Und während sie uns ihre Geschichte erzählt, erhalten wir vor allem den Eindruck einer Frau, die ihr Leben und ihre Liebe der Vergebung und der Fürsorge für ihre sechs Kinder gewidmet hat.
Am Ende unseres Interviews für HUMANS mit ihr bitten wir sie um eine Geschichte, die sie ihren Kindern erzählt. Und sie hat viele von ihnen, alle mit viel Schönheit, Abenteuer und Mystik gefüllt.
Und dann fängt sie an zu singen – Lieder, die ihre Großmutter ihr vorsang, als sie klein war, in alter Massai-Sprache, die auch unsere junge Übersetzerin nicht mehr verstehen kann. Dies ist eines der Lieder:
Bonus: Die Kinder, die Kamera, das Fisheye, ich und viel Spaß
Ich hoffe, diese Geschichte hat Euch gespannt auf das Projekt gemacht und vielleicht euer Interesse geweckt, mehr zu erfahren. Weil Martin und ich der Meinung sind, dass viele Geschichten und Fragen den Rahmen eines Artikels sprengen würden, haben wir uns entschlossen, ein ausgiebiges Interview aufzuzeichnen.
Dafür möchten wir wissen, was Euch an der Reise interessiert: Stellt alle Eure Fragen in den Kommentaren und ich werde versuchen, in unserem Interview so viele wie möglich zu beantworten. Das Interview wird dann zwischen den Jahren als Audio-Slideshow hier zu sehen sein.
Update: Wegen Krankheit können wir das Interview erst im Laufe des Januars veröffentlichen.