27. August 2011 Lesezeit: ~4 Minuten

Dynamische Bilder: Mitzieher

Ein zischendes Geräusch ist zu hören, ein paar Sekunden später das Aufschlagen der Skier auf dem Hang, dann der Zuschauerjubel. Meine Kamera speichert noch und speichert und speichert. Gespannt drücke ich mit meinen ziemlich steif gefrorenen Fingern auf ‚play‘ und schaue die Serie von zehn Bildern durch, die ich gerade im Serienmodus gemacht habe.

Neun der zehn Fotos werden gleich gelöscht, aber eines der Bilder ist scharf. Genauer gesagt: Der Skispringer, der eben mit unglaublicher Geschwindigkeit und einem Zischen an mir vorbei geflogen ist, ist scharf abgebildet. Der Hintergrund verschwimmt in Unschärfe. Schnell konzentriere ich mich wieder, denn der nächste Sportler ist schon auf seinem Weg die Schanze hinab.

Sportarten wie Skipringen und Radsport haben mich lange fasziniert und sind der Grund, warum ich irgendwann begonnen habe, mich sehr intensiv mit der Fotografie zu beschäftigen. Die Dynamik dieser Sportarten einzufangen ist jedoch alles andere als einfach. Nach diversen Versuchen mit außergewöhnlichen Perspektiven und Weitwinkelobjektiven habe ich die Technik des Mitziehens für mich entdeckt, um die Geschwindigkeit auch auf Fotos festzuhalten.

Für gelungene Mitzieher braucht man ein wenig Übung, ein bißchen Glück und auch Geduld, denn Ausschuss ist vorprogrammiert und es kann dauern, bis das perfekte Foto dabei ist. Ziel beim Mitziehen ist es, die Kamera exakt so schnell zu schwenken, dass sich das bewegte Objekt  in der Zeit, in der der Verschluss der Kamera geöffnet ist, immer an der gleichen Position im Sucher und somit auch auf der gleichen Position auf dem Sensor oder Film befindet, während sich der Hintergrund ‚über den Sensor hinweg bewegt‘ . So ist gewährleistet, dass das Objekt scharf, der Hintergrund jedoch unscharf verwischt abgebildet wird.

An der Kamera stellt man zum Mitziehen den Modus ein, der die Schärfe permanent nachführt. Außerdem ist es sinnvoll, den Serienmodus einzuschalten, denn bei einer Serie von mehreren Bildern ist die Wahrscheinlichkeit eines Treffers erhöht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mir oft eines der mittleren Bilder aus einer Serie von acht bis zehn Fotos gelungen ist, weil man zu Beginn der Serie erst die Geschwindigkeit des Objektes erfassen und seine eigene Bewegung angleichen muss und diese nur über einen kurzen Zeitraum exakt halten kann.

Für meine Mitzieher benutze ich immer ein Teleobjektiv. Dies hat den Grund, dass man weniger hektisch schwenken muss, wenn man das bewegte Objekt mit der Kamera verfolgt. Steht man zum Beispiel nahe an der Straße und möchte einen Radfahrer seitlich fotografieren, sodass der Radfahrer scharf, der Hintergrund aber  verwischt ist, muss man die Kamera und somit seinen Oberkörper in einer kurzen Zeit von ein oder zwei Sekunden über einen großen Winkel schwenken. Befindet man sich dagegen weiter entfernt von der Straße und nutzt ein Teleobjektiv, ist die Drehbewegung langsamer und das ruhige, gleichmäßige Mitziehen somit einfacher.

Der nächste entscheidende Punkt ist die Verschlusszeit. Wählt man eine zu kurze Verschlusszeit, hebt sich der Hintergrund nicht genug vom Hauptmotiv ab, da er nicht ausreichend verwischt. Bei einer zu langen Verschlusszeit fällt es schwer, dem Objekt während des kompletten Zeitraums, in dem der Verschluss geöffnet ist, exakt zu folgen. Je nach Entfernung zum Objekt und Geschwindigkeit des Objektes variieren die geeigneten Verschlusszeiten, hier ist Ausprobieren gefragt. Bei meinen Radsport- oder Skisprungfotos habe ich Verschlusszeiten von 1/80 bis 1/125 Sekunde verwendet.

Natürlich sind nicht nur schnelle Sportler geeignete Objekte, um Mitzieher zu machen. Auch Bilder von rennenden Hunden können zum Beispiel reizvoll sein. Da die Hunde jedoch keine gleichmäßige Bewegung in eine Richtung machen, sondern sich beim Rennen auch auf und ab bewegen, ist hier die Trefferquote noch geringer.

Doch gerade aufgrund der manchmal unberechenbaren und überraschenden Ergebnisse machen Mitzieher einfach Spaß. Und schließlich können nicht gelungene Bilder ja gelöscht werden – die digitale Technik macht das Fotografen- bzw. Fotografinnenleben hier einfacher.

Sind Euch schon schöne Mitzieher gelungen? Wir freuen uns auf Eure Links!

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