23. August 2011 Lesezeit: ~4 Minuten

(Gute) Landschaftsfotos

Samstagmorgen 8:00 Uhr. Der Frühstückstisch ist gedeckt, es duftet nach Kaffee und frischen Brötchen. Draußen verhüllt der erste herbstliche Nebel die Landschaft. Es ist kalt. Perfekte Bedingungen für einen Landschaftsfotografen. Mein Blick wandert zwischen Kamerarucksack und Frühstück hin und her.

Seufzend schnappe ich mir Rucksack und Stativ, ziehe mich an und laufe los Richtung Dorfrand. Die Entscheidung erwies sich als goldrichtig. Mit vielen guten Aufnahmen im Gepäck machte ich mich auf den Rückweg, in Gedanken schon beim lang ersehnten Kaffee.

Der Blick zum Himmel lässt die ersten blauen Stellen erahnen. Blauer Himmel. Das bedeutet, dass sich oben auf den Bergen ein ganz besonderes Naturschauspiel ereignen wird. Denn wenn die ersten Sonnenstrahlen durch die Bäume dringen und vom Nebel sichtbar gemacht werden, tauchen sie den Wald in ein atemberaubendes Licht.

Dieses Schauspiel kann ich mir eigentlich nicht entgehen lassen. Andererseits habe ich nasse Füße, mir ist kalt und ich habe Hunger. Ein zweites Mal an diesem Morgen entscheide ich mich gegen ein gemütliches Frühstück und mache mich auf den langen und steilen Weg Richtung Gipfel. Trödeln darf ich dabei nicht, denn wenn der Nebel erst einmal weg ist, war mein Umweg umsonst.

Kaum bin ich oben, brechen die ersten Sonnenstrahlen durch den Wald. Der Anblick ist unglaublich, der Wald ist vom Licht durchflutet und die Speicherkarte füllt sich fast wie von selbst. Glücklich mache ich mich auf den Weg nach Hause, wo mich schon eine heiße Tasse Kaffee und ein loderndes Kaminfeuer erwarten.

Was ich mit dieser kleinen Geschichte sagen möchte, ist, dass es oft Situationen gibt, an denen man sich entscheiden muss. Entweder man wählt die bequemere Variante und macht sich, wie in meinem Fall, einen schönen Vormittag oder man wählt die unbequeme, zweite Möglichkeit, auf die man gar keine Lust hat, die Einsatz erfordert, die aber gute Fotos verspricht.

Kurzfristig erscheint einem die erste Variante als die bessere. Langfristig gesehen, wird man aber länger an den Bildern und vor allem an dem Erlebnis Freude haben.

Ich könnte hier noch einige Begebenheiten nennen, bei denen ich mich gegen die Bequemlichkeit entschieden habe und mit guten Fotos belohnt wurde.

Sei es, dass ich mich im Urlaub in Spanien morgens um 6:00 Uhr aus dem Bett gequält habe, um den Sonnenaufgang zu fotografieren oder nach einer langen, anstrengenden Tour im tiefsten Winter quer durch den Wald noch einen weiten Umweg gemacht habe, um einen einsamen Baum zu fotografieren und erst im Dunklen völlig erschöpft wieder zu Hause ankam.

Keine dieser Entscheidungen habe ich bereut und bin stolz auf die Bilder, die dort entstanden sind.

Ein Trugschluss ist es aber, zu glauben, dass man automatisch gute Bilder macht, wenn man die unbequeme Variante wählt. Mir ist es auch schon passiert, dass ich morgens um 5:30 Uhr aufgestanden und weit mit dem Fahrrad gefahren bin, nur um zuzusehen, wie sich kurz vor dem Sonnenaufgang der Himmel zuzieht.

Gerade im Winter stapft man oft stundenlang durch den Schnee, ohne anschließend mit einem halbwegs brauchbaren Bild wieder nach Hause zu kommen. So aber lernt man aus seinen Fehlern und kann das nächste Mal besser abschätzen, ob es sich wirklich lohnt, loszugehen.

Prinzipiell lässt sich aber sagen, dass man lieber einmal mehr das warme Bett, den gedeckten Frühstückstisch oder was auch immer zurücklässt, als die Chance auf ein gutes Foto zu verpassen.

Denn wie heißt es so schön: Man bereut nichts im Leben – außer dem, was man nicht getan hat.

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