23. November 2011 Lesezeit: ~10 Minuten

Kulinarische Fotografie

Der erste Schritt, um ein gutes kulinarisches Foto zu machen, hat nicht nur etwas mit Gestaltung oder ausgefallenen Requisten zu tun. Das Wichtigste ist, den Umgang mit der Kamera zu lernen und wie man Licht und Lichtsituationen nutzen kann, um das perfekte Bild festzuhalten.

Ein richtig gutes kulinarisches Bild aufzunehmen ist ein Prozess mit vielen Elementen und jedes bedarf gleicher Aufmerksamkeit und Sorgfalt. Wenn ich auf Konferenzen und unseren Plate-to-Page-Workshops spreche, sind eine Sache, die wir besprechen die sechs grundlegenden Aspekte der Lebensmittelfotografie:

1. Kamera
2. Licht und Beleuchtung
3. Farbe
4. Textur
5. Fokus
6. Gestaltung und Requisiten

Es ist wichtig, jeden der Aspekte zu beherrschen, aber erst der Prozess, die Einzelelemente verstehen zu lernen und wie sie sich gegenseitig ergänzen, verspricht eine bessere gestalterische Kontrolle über die resultierenden Bilder. Sobald man weiß, wie man jeden Aspekt für sich arbeiten lässt, wird es sehr viel einfacher, den eigenen Stil zu finden.

Bevor man jedoch beginnt, seine Bilder zu sehr zu überstylen, sollte man sich vergewissern, dass man alles über jedes Element weiß, was man wissen muss. Die Beleuchtung beispielsweise hat den größten sichtbaren Einfluss auf das Bild und Fakt ist: Wenn die Beleuchtung nicht stimmt, wird auch das Bild nicht gut; da hilft dann auch keine ausgefallene Gestaltung mehr.

Es ist nicht so kompliziert, eine gute Gestaltung zu finden und die richtige Auswahl an Requisiten für das Bild zu treffen. Diese sind kreative Elemente und es ist eine Kunst, die man entwickeln kann. Wie beim Malen – oder jeder anderen kreativen Arbeit – muss man experimentieren und üben, bevor man ein Meisterwerk erschaffen kann. Man muss sein Auge trainieren, um den richtigen Stil zu finden und die richtigen Requisiten auszuwählen, die die für das Bild gewünschte Stimmung oder Atmosphäre erzeugen.

Für gewöhnlich wird man kaum das Budget für einen Schrank voller Requisiten haben, zu denen ein professioneller Gestalter vielleicht Zugang hätte. Ich muss jedoch warnen, dass das Sammeln von Requisiten durchaus süchtig machen und schnell teuer werden kann.

Dennoch wird man schon mit einigen schlauen Tricks und einigen nützlichen Dingen erste erschwingliche Schritte machen können, um ein Bild zu gestalten. Wann beginnt man also, über die richtige Gestaltung und Ausstattung für ein Bild nachzudenken? Ich beginne damit meist auf dem Markt oder im Lebensmittelgeschäft.

Während ich die Zutaten auswähle, denke ich über das Gericht nach, das ich aus ihnen zaubern möchte. Ich absorbiere ihre Farbe und Textur und beginne mir dazu passende Requisiten zu überlegen und vor welchem Hintergrund ich das fertige Gericht positionieren werde.

Natürliche Gegenstände sind eine gute und einfache Möglichkeit, dem Bild subtile Highlights zu geben. Alles von Kräutern, Gewürzen, Früchten, Nüssen und Gemüse bis hin zu Zucker, Pfefferkörnern und anderem kann man nutzen, um die Szene zu komponieren.

Vor dem Zubereiten sollte man sich einige der bestaussehenden Zutaten des Gerichtes beiseite legen. Auch wenn man sich vielleicht nicht entschließt, sie für die finale Bildkomposition zu verwenden, nützt es immer sie zu haben, nur für den Fall, dass man sie vielleicht doch verwendet.

Während man das Gericht zubereitet, sollte man in Gedanken die Atmosphäre erkunden, die man schaffen, die Stimmung, die man erzeugen und die Geschichte, die man erzählen möchte.

Dabei sollte man sich fragen:

  • Ist das Gericht, der Kuchen, das Rezept sommerlich, ländlich, herbstlich … ?
  • Aus welchem Anlass macht man es – Geburtstag, Valentinstag, Picknick … ?
  • Welche Erinnerungen verknüpft man damit?

In neun von zehn Fällen wird einem diese Methode die Richtung weisen, um Komposition und Stil für das Foto zu finden.

Nun, da man seine ersten natürlichen Requisiten beiseite gelegt und eine Vorstellung von der Atmosphäre und Stimmung hat, die man im Bild erzeugen möchte, kann man sich Gedanken über die Gegenstände machen, die die Komposition des Bildes unterstützen.

Es ist immer wichtig daran zu denken, dass das Essen der wahre Star ist und die Requisiten nur helfen, das Erscheinungsbild der Szene aufzuwerten.

Man sollte das Bild einfach und sauber gestalten, anstatt es mit extravaganten Requisiten zu überladen. Man fängt mit einigen wenigen Stücken an und wertet dann die Szene erstmals aus. Anschließend baut man sie weiter aus – allerdings nur, wenn notwendig.

Man sollte Geschirr mit einfachen Farben verwenden: Weiß und pastellfarben wirken am besten und heben das Essen mehr hervor. Farbenfrohe Servietten, Accessoires, Tücher und Hintergründe benutzen, um gezielte Farben zu setzen, wo es erforderlich ist.

Durchdenkt die Stimmung und Atmosphäre, die Ihr herstellen möchtet: Sich an tiefe, warme, braune und erdene Töne halten, um eine intensive, reiche oder dramatische Anmutung zu erzielen oder hübsche Pastelltöne verwenden für ein schickes, feminines oder witziges Erscheinungsbild.

Allen, die das Gestalten mit Requisiten gerade erst für sich entdecken, genügen einige wenige Grundrequisiten, die sich miteinander vermischen und kombinieren lassen und einen schon weiter bringen. Beginnt man mit knappem Budget, kann man nicht in viele Dinge auf einmal investieren.

Die Grundausstattung für den Anfang:

Einfache Teller, Schüsseln, Tassen und Gläser, bevorzugt mit hellen Farben; ich persönlich finde weiß und pastellfarben in sehr einfachem Design großartig. Sie sehen elegant und sauber aus und lassen mich sie mit kühner farbigen Accessoires wie beispielsweise Servietten kombinieren.

Einige wenige einfache Besteckteile und etwas klassisches Tafelsilber; daran denken, dass man nicht nach sechs- oder achtteiligen Sets schaut, sondern nur nach einem Teil von jedem und vielleicht ein paar Kuchengabeln und Teelöffeln.

Servietten, Stoff, Geschirrtücher oder Papierservietten sind mitunter witzige Accessoires, die das Bild leben lassen; ich steuere meist den Stoffladen meines Vertrauens oder ein großes schwedisches Möbelhaus an und besorge mir einen oder zwei Meter farbigen und gemusterten Stoff, der gut als Serviette oder Hintergrund funktioniert.

Das wäre also die Basis, auf der es nun losgehen kann. Ich möchte nicht lügen; das Sammeln von Requisten wird hier nicht aufhören und sicherlich wirst Du noch viele andere Dinge zusammentragen.

Ich sage immer „Das Leben ist wie eine Kiste voller Requisiten; man weiß nie, was man darin vielleicht findet!“ Dies im Sinn schaue ich in die Welt um mich herum wie in eine riesige Requistenkiste. Bei der Suche nach einzigartigen und originellen Dingen, die sich als Requisiten oder Kulisse nutzen lassen, hilft es, über den Tellerrand hinauszuschauen und kreativ zu denken.

Ich habe keine Vorbehalte gegenüber dem Durchstöbern des nachbarlichen Sperrmülls. Ich habe schon so manch fantastisches alte Stück gefunden, das viele Zwecke erfüllt. Die natürlich gealterte Tür eines antiken Küchenschranks beispielsweise macht sich prima als Kulisse, genauso wie Reste von Retrotapete, alte Küchen- und Badfliesen, Geschenkpapier, alte Holzkisten … die Möglichkeiten sind endlos.

Man sollte sich nicht allein auf Dinge beschränken, die man nur in Geschäften kaufen kann, sondern in die Welt um sich herum schauen als wäre sie die eigene Requisitenkiste.

Es ist wichtig, nicht bloß Farbe und Textur des Essens zu untersuchen, sondern auch die der gesamten Szene. Farbe und Textur sind zwei wichtige Aspekte der Fotografie, weil beide auf mehreren Ebenen eine lebhafte Rolle spielen.

Zum Beispiel hat die Textur der verwendeten Zutaten und die Art wie man sie positioniert, Auswirkung darauf, wie das Licht auftrifft und reflektiert wird. Genauso verhält es sich mit dem Licht auch bei den verwendeten Requisiten. Glänzendes Geschirr und ein leuchtender Hintergrund werden eher Glanzlichter aufweisen, wohingegen vergleichsweise matte, farbige Teile eher eine dezente Anmutung haben.

Es gilt, Farben mit Bedacht und eher zurückhaltend zu verwenden. Zu viel Farbe wird das Bild überladen, schnell kitschig wirken lassen und vom eigentlichen Motiv ablenken – dem Essen. Oft werden es die Farbtöne des Essens sein, die ein Farbschema für das Foto vorgeben.

Man beginne zuerst mit einer Analyse der Farben und Farbkombinationen des Gerichtes und wähle danach die Kulisse aus, dann passend dazu das Geschirr und die Servietten. Hier gibt es einen großen Spielraum für Kreativität, da man mit Komplementärfarben spielen oder alles Ton in Ton halten kann.

Für das Farbschema ziehe ich machmal den Color Scheme Designer zu Rate, der eigentlich fürs Webdesign entwickelt wurde, aber ich finde er funktioniert auch wunderbar für die Farbgestaltung meiner Szenen. Wichtig ist, sich die Szene durch den Sucher der Kamera anzuschauen. Man sollte den Hintergrund als Leinwand begreifen und anfangen zu malen.

Mein wichtigster Rat ist jedoch: Während man experimentiert und nach dem richtigen Erscheinungsbild für sein kulinarisches Foto sucht, sollte man sich vergewissern, seinem Stil treu zu bleiben und bei der Erfoschung der eigenen Vielseitigkeit Spaß zu haben.

Es ist nicht wichtig, gleich von Anfang an perfekt gestaltete Bilder zu machen. Wichtiger ist, sich Zeit zu nehmen, um die Technik zu lernen und herauszufinden, was für einen gut funktioniert.

Ich glaube stark daran, dass es definitiv nicht der richtige Weg ist, Stile anderer Blogger und Fotografen zu kopieren. Beim Kopieren geht etwas sehr Lebhaftes verloren – man verliert seine Vorstellungskraft, Kreativität und vielleicht sogar die einen antreibende Leidenschaft.

Wenn man den Sprung zur Professionalität schaffen möchte, braucht man all das und auch Flexibilität und Techniken, um viele verschiedene Szenen, Stimmungen und Atmosphären zu erschaffen, die von Magazinen und Agenturen gefragt werden.

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