10 Jahre Kampf um den Hambacher Forst
Heute auf den Tag genau wird der Hambacher Forst zehn Jahre lang besetzt. Zehn Jahre, in denen mutige Menschen ihr komplettes Leben dem Wald widmen und sogar in ihm leben, um ihn jederzeit zu schützen. Von ihren Bemühungen erfuhr die Mehrheit der Deutschen jedoch erst 2018, als der Wald geräumt werden sollte, um mehr Kohle abzubauen.
Auch der Fotograf David Klammer erfuhr eher durch Zufall davon. Bei einem Spaziergang zwischen Hainbuchen, Stieleichen und Maiglöckchen traf er auf die Aktivist*innen und diese Begegnung veränderte sein Leben. Seit 2016 fotografiert er den Wald und die Menschen vor Ort regelmäßig. Er dokumentierte die friedlichen Waldspaziergänge, die Konstruktionen der Baumhäuser, die polizeiliche Räumung und machte Portraits der Aktivist*innen.
2022 ist der Hambacher Forst in den Medien nicht mehr präsent. Dabei leben auch heute noch Menschen in den Baumhäusern vor Ort. Dank ihnen steht ein beachtlicher Teil des ursprünglich größten Waldes im Rheinland noch. David Klammer hat ihnen mit seinem Buch „Forst“ ein Denkmal gesetzt.
Der Bildband beginnt mit einem Überblick über den Wald – im wahrsten Sinne des Wortes. Man fliegt optisch über die Baumkronen und sieht den Wald von oben im Verlauf der Jahreszeiten. Auch die Aktivist*innen haben keine Winterpause eingelegt. Sie lebten dort in den warmen Sommermonaten voller Mücken genauso wie im regnerischen Herbst und im frostigen Winter. Ein kluger Einstieg in das Thema, ohne zu plakativ zu sein.
Danach folgen die dokumentarischen Bilder des Barrikadenbaus und der Baumhäuser. David freundete sich in all den Jahren, in denen er den Forst besuchte, mit den Menschen vor Ort an. Dadurch erhielt er auch Einblick in die privaten Rückzugsräume und durfte das alltägliche Leben in und um die Baumhäuser festhalten. Man sieht Menschen, die in Hängematten zwischen den Bäumen schlafen und beim gemeinsamen Kochen.
Unterbrochen werden die Bilder von Schwarzweißportraits der Bewohner*innen zusammen mit ihren Statements sowie Wärmebildaufnahmen – eine Technik, die auch die Polizei oft nutzt, um mögliche Besetzer*innen zu entdecken und zu verhaften. Man merkt, dass David über die Jahre verschiedene Ansätze verfolgt hat, die Besetzung zu dokumentieren, die nun in seinem Bildband zusammenfließen.
Ich war nie im Hambacher Forst. Es ist durch die Besetzung neben dem Schwarzwald der einzige Wald Deutschlands, den ich benennen kann. Ich kenne ihn nur aus Medienberichten und von den gewaltvollen Bildern der Räumung. Das Buch gibt mir einen anderen Einblick in den Wald und die Geschehnisse vor Ort.
Es erzählt vom monatelangen Ausharren vor Ort, dem Zusammensein der Menschen mit demselben Ziel und ähnlichen Wertevorstellungen. David hat in seinem Langzeitprojekt eine Reportage geschaffen, die eine kleine Gesellschaft inmitten Deutschlands zeigt, die sich ein Leben ohne Hierarchien erkämpft hat, vegan und antikapitalistisch.
Sicher werden nicht alle das Buch kritiklos gut finden. Vor allem, wenn die eigenen Wertevorstellungen stark von denen der Besetzer*innen abweichen. David zeigt den Hambacher Forst nur aus der Sicht der Aktivist*innen und nicht der von RWE oder der Polizei. Das kann man blöd finden, aber Fakt ist auch, dass nur dank der Besetzer*innen dieser Wald überhaupt noch erhalten ist.
Das sahen auch andere Menschen so und haben das Buchprojekt über Startnext finanziert. Nun ist es im Verlag Edition Bildperlen erschienen.
Informationen zum Buch
„Forst“ von David Klammer
Einband: Festeinband (Fadenheftung) mit Leinenprägung und eingesetzter Original-Fotografie
Sprache: Deutsch
Seiten: 144
Maße: 19 x 27 cm
Verlag: Edition Bildperlen
Preis: 45 €